Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn
uns erst seit weniger als zwei Tagen.«
Wirklich? Mir kommt es wie eine halbe Ewigkeit vor. Aber sie befand sich nicht in der besten Verhandlungsposition, schließlich wussten Keru und Xeah immer noch nichts von ihrer kurzen aber steilen Diebeskarriere. Und jetzt ist wohl kaum der richtige Zeitpunkt dafür . »Trotzdem haben wir in dieser kurzen Zeit eine Menge durchgemacht.«
Keru machte ein Geräusch, das wie ein knurrendes Seufzen klang. Falls es so etwas gab. »Yanek hatte recht. Du bist hartnäckig.«
»Hat er oft über mich gesprochen?«
»So oft, dass ich es schon nicht mehr hören konnte.« Er entblößte seine perfekten Zähne.
Endriel musste lachen. Sie genoss die wenigen Momente, in denen der Skria einen Anflug von Humor zeigte. »Und? Bist du enttäuscht, nun, da du mich kennst?«
»Nein. Du bist genau das quengelige, dickköpfige Kind, das ich erwartet habe.«
Endriel musterte ihn. So wie er es sagte, klang es fast ... liebevoll? Keru, du verwirrst mich. Von Tag zu Tag mehr.
In ihr Schweigen hinein brummte er: »Aber ich habe Yanek versprochen, auf dich aufzupassen. Das ist der Grund, warum ich dich nicht allein lassen kann. Um dich vor dir selbst und deinen verrückten Ideen zu schützen. Ich schulde deinem Vater viel und es ist das Mindeste, das ich tun kann, um diese Schuld wieder abzutragen.« Seine Ohren zuckten. »Unser hochverehrter Kunde kommt. Sorg dafür, dass er nichts kaputtmacht.«
Sie nickte, wollte noch etwas sagen, doch da war er bereits verschwunden. Sie sah nur noch, wie sich die Tür schloss. Dann hörte sie Schritte – nicht die des Skria – und bemerkte verspätet, dass die Wasserleitungen nicht mehr rauschten. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als Kerus feine Sinne zu bewundern.
Kurz darauf trat Kai ein. Wieder spürte sie Elektrizität in der Luft; Schmetterlinge in ihrem Bauch, und die Angst, dass jedes Wort, das sie sagte, das falsche sein könnte. Nelens Diagnose hatte voll ins Schwarze getroffen.
»Was ist?« Kai lächelte verwirrt. »Warum siehst du mich so an?«
»Schon gut.«
Er ließ sich auf dem Diwan nieder, auf dem vorhin Xeah gesessen hatte. Endriel tat so, als widmete sie ihre ganze Aufmerksamkeit den Schiffskontrollen, doch aus den Augenwinkeln beobachtete sie sein Spiegelbild im Geisterkubus. Gebadet und rasiert, wirkte er um Jahre jünger (ob er ahnte, dass sie die Rasierklinge normalerweise benutzte, um ihre Beine haarlos zu halten?). Er hatte das Haar gewaschen und halbnass zurückgekämmt, was seine hohe, philosophische Stirn betonte. Ein paar Strähnen fielen hartnäckig nach vorn und berührten fast seine unglaublichen Augen, welche die Sterne jenseits der Brücke bestaunten.
Das weiße Hemd, das er trug, kam ihr sehr bekannt vor, genau wie die schwarze Baumwollhose an seinen Beinen.
»Nelen hat mir ein paar von deinen Sachen geliehen«, erklärte er, als wüsste er, dass sie ihn beobachtete. »Ich hoffe, du hast nichts dagegen.«
»Wenn du nichts dagegen hast, in Frauenklamotten herumzulaufen.« Endriel zwinkerte ihm zu.
Er lachte. »Ich glaube nicht, dass es jemandem auffallen wird.«
»Es steht dir.«
»Ähm. Danke.«
Und willst du nichts nettes über mein Aussehen sagen?, dachte sie. »Das ist ein interessantes Schmuckstück an deinem Arm«, sagte sie gespielt beiläufig.
Kai berührte die silberne Armschiene. Seine Finger fuhren über den Handrückenschutz, in den zwei Edelsteine eingelassen waren: ein großer Saphir und darüber ein etwas kleinerer Rubin. »Es ist ein Geschenk«, erklärte er.
»Wofür stehen die beiden Steine?«
»Für Te’Ra und Kenlyn. Den Saphirstern und den Rubinstern.«
»Ah.« Der ursprüngliche Name Kenlyns fand heutzutage nur noch in Märchen Verwendung. Endriel fand es schwer sich vorzustellen, dass der gesamte Planet einst eine einzige rote Staubwüste gewesen sein sollte. »Du sagtest, Freunde hätten dir geholfen, nachdem wir uns das erste Mal begegnet waren. Ich nehme an, damit meintest du die Straßenkinder.«
»Ja. Die Schwarzen Ratten.«
»Die Schwarzen Ratten.« Sie lächelte über den hochtrabenden Namen.
»Soweit ich das erkennen konnte, leben sie seit Jahren im Untergrund«, sagte Kai. »Zwei Mädchen und ein Junge. Sie kennen die Schwebende Stadt wie ihre Westentasche, es ist unglaublich. Was sie brauchen, stehlen sie sich. Eine von ihnen, Orryn, hat sogar meine Wunden fachmännisch versorgt.«
»So selbstlos können wohl nur Kinder sein.«
Kai lächelte. »Sie würden das anders
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