Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn

schließlich mein Vorschlag. Keru, was ist mit dir? Bist du mit dieser Route einverstanden?« Sie bog ihren langen Hals, um zu dem Skria aufzuschauen, der mit verschränkten Armen neben ihr aufragte.
    »Selbst wenn nicht«, brummte er, »spielt das eine Rolle?«
    »Natürlich spielt das eine Rolle.« Endriel sah ihn verständnislos an. »Du hast selbst gesagt, dass du ganz schön auf Kenlyn rumgekommen bist.« Erinnerst du dich? Gestern, bei deiner Führung durch das Schiff. Einem Moment, in dem ich fast geglaubt hatte, hinter deinen Eispanzer zu kommen. »Deine Erfahrungen können nur wertvoll sein. Also, was sagst du zu dem Plan?«
    »Irgend etwas wird schief gehen«, knurrte Keru. »Egal ob in Kirall oder sonstwo.«
    Nelen grinste. »Du bist viel zu optimistisch, hat dir das schon mal jemand gesagt?«
    Zu ihrer Überraschung zeigte der Skria ein Lächeln.

16. Nachtwache
    »Vor dem Orkan ist es immer still.«
    – Sprichwort
    Purpurne Kraftfelder umhüllten die Dragulia wie schimmernder Kristall, als sie aus der Schwärze des Weltraums zurück in Kenlyns Atmosphäre stürzte. Die Äquatorregion raste unter ihnen heran, wie die Projektion eines Geisterkubus, die auf das Tausendfache vergrößert wurde. Das Flaggschiff ruckelte und vibrierte, als sich die oberen Luftschichten an den schützenden Kraftfeldern rieben. Sollten sie auch nur den Bruchteil einer Sekunde ausfallen, würde der Stolz des Ordens in Flammen aufgehen und auf seinem Weg zur Planetenoberfläche wie ein Komet verglühen.
    Mit auf dem Rücken verschränkten Armen, stand Admiral Telios hinter der Hauptkonsole. Die halb durchsichtigen Kraftfelder verzerrten den Ausblick durch die Glaskanzel. Das Land unter ihnen schien nur aus Schemen zu bestehen; dunkle und etwas weniger dunkle Flecken aus Purpur. Verstreute, hellrosafarbene Sprenkel deuteten die Lichter von Städten und größeren Siedlungen an. Eine davon war Daraked. Der Aufbau der Stadt erinnerte an ein leuchtendes Spinnennetz, das vor Telios’ Augen wuchs und wuchs.
    Der Weg durch den Weltraum hatte den Flug hierher auf eine halbe Stunde verkürzt. Unter anderen Umständen hätte Telios die faszinierende Reise unter den Sternen aus vollem Herzen genossen. Aber seine Befehle erlaubten ihm keine Ablenkung.
    Mittlerweile konnte er in dem Netz aus Licht einzelne Gebäude und Straßen erkennen. Daraked war fast so alt wie Teriam. Während seiner Ausbildung war Telios für drei Wochen hier stationiert gewesen und hatte Jahrzehnte später häufiger Zwischenstopp in der Stadt gemacht. Darakeds Gründer waren Draxyll gewesen, die das tropische Klima der Region angezogen hatte. Daher waren die Häuser eher niedrig und mit großzügigen Terassen versehen, kristallenen Oberlichtern und draxylltypischen, zu den Straßen hin vorstehenden Dächern. In der Stadtmitte, im Zentrum der Altstadt, waren die Nexus-Portale aufgestellt. Aus einem davon war die Korona geflogen.
    Telios lächelte. Eines musste er Endriel lassen: Dieses Manöver war im besten Sinne tollkühn und erforderte ausgezeichnete Flugkünste. Der geringste Navigationsfehler und sie wären an dem unnachgiebigen, abgrundschwarzen Rahmen des Portals zerschellt. »Haben Sie nicht das Gefühl, dass hier etwas fehlt, Shiaar?«
    Die Skria stand neben dem Admiral. »Es hätte eines unserer Schiffe hier sein müssen, um die Flüchtigen abzufangen, Admiral. Daraked hat ungefähr viertausendfünfhundert Einwohner, wenn ich mich nicht irre. Wenigstens ein Drachenschiff des Ordens muss ständige Präsenz im Luftraum der Stadt zeigen.«
    »Ganz genau.« Telios nickte. »Kraftfelder deaktivieren.« Das Purpurlicht erlosch augenblicklich und die Welt jenseits des Schiffes erhielt ihre alten Farben zurück: gelbe Lichter, dunkelgrüne, fast schwarze Landschaften.
    »Bringen Sie das Schiff auf fünfhundert Meter Höhe über der Stadt und halten Sie es dort«, befahl Telios der Pilotin, einer Draxyll namens Kava Rishma-Va, die an der rechten der beiden Steuerkonsolen vor der Hauptkonsole stand. Die Höhe würde ausreichen, um das Signal des Geisterkubus ungestört zu senden und gleichzeitig zu verhindern, dass irgend etwas (oder irgend jemand) von der Gewalt der Antriebe zerfetzt wurde. Zu dem jungen Menschen Nenrul, seinem Kommunikationsoffizier an der gegenüberliegenden Konsole, sagte er: »Nehmen Sie Verbindung mit dem Administrator der Stadt auf.«
    »Ich bin wirklich gespannt, welche Ausrede er hat.« Shiaars Ohren zuckten, während sie grinsend die Zähne