Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn
herauslesen, mit ihren hübschen Spielzeugen zuschlagen zu dürfen.
»Kapuze runter!«, donnerte der Leutnant.
Kai gehorchte; widerwillig zog er den Stoff zurück und sah sein Gegenüber mit versteinerter Miene an.
Der Friedenswächter musterte ihn, dann grub sich ein Lächeln in sein Bulldoggengesicht. Er wandte sich seinen Untergebenen zu. »Führt sie ab. Alle beide. Ich will sofort einen Gefangenentransporter hier haben!« Dann deutete er zu den umgebenden Mauern. »Und holt mir diesen Skria zurück!«
»Admiral Telios!« Kommunikationsoffizier Nenrul sah auf. »Eine Nachricht aus Kirall. Sie haben sie gefunden! Unsere gesuchte Person und Kapitän Naguun.« Der junge Mann erlaubte sich ein zuversichtliches Lächeln.
Für einen Augenblick fand Telios den Gedanken nahezu unglaublich, dass seine Mission schon beendet sein sollte. Seine innere Anspannung löste sich auf, auch wenn sein dunkles Gesicht nichts davon verriet. Wir haben den Jungen. Und Endriel ist endlich in Sicherheit. »Hinweise auf ihr Schiff?«
»Nein«, antwortete Nenrul. »Es scheint, als hätten sie die Stadt zu Fuß betreten.«
Der Admiral nickte. »Sagen Sie unseren Ordensbrüdern da unten, sie sollen die Gefangenen zu uns bringen. Die Dragulia wird etwa einen Kilometer südlich der Stadt landen.« Während die Befehle weitergegeben wurden, wandte er sich Shiaar zu. »Jetzt bekommen wir endlich ein paar Antworten.«
»So ist es«, antwortete sie mit entblößten Fangzähnen.
Endriels Unschuldsbeteuerungen nutzen gar nichts. Man verpasste ihr und Kai Hand- und Fußschellen und führte sie aus der Gasse. Die eine Hälfte der Weißmäntel nahm die Verfolgung von Keru auf, die andere eskortierte die beiden zu dem Gefangenentransporter, der auf dem Boulevard hielt: eine überdachte Landbarke, die wie die Miniaturausgabe eines Drachenschiffs aussah. Am Bug prangte das Geflügelte Schwert des Ordens und zwischen Pilotenkanzel und Schubdüsen befand sich ein großer Stahlkäfig, in den Endriel und Kai gesperrt wurden.
Man befahl ihnen, sich auf die niedrigen Holzbänke zu beiden Seiten zu setzen, während ihre Fesseln nochmals an Ketten befestigt wurden. »Gute Reise«, brummte ein Skria-Weißmantel boshaft grinsend. Ein Kraftfeld hüllte den Käfig ein, die Welt dahinter wurde in purpurne und rosafarbene Schatten getaucht.
Der Pilot pumpte Energie in die Antriebe und die Barke jagte auf einem Schwerelosigkeitspolster über den Schnee. Häuserreihen und gaffende Bürger zischten an ihnen vorbei.
Endriel sah zu Kai. Er saß ihr gegenüber und starrte niedergeschlagen vor sich hin. »Tut mir leid.« Ihre Stimme kämpfte gegen das brummende Kraftfeld und die Antriebe an. »Tut mir leid, dass wir es vermasselt haben ...«
Er schüttelte den Kopf, ohne sie anzusehen. »Es ist nicht deine Schuld. Mach dir keine Gedanken. Du hast getan, was du konntest, Endriel. Ich ... ich bin dir dankbar dafür.«
»Noch ist nichts verloren! Andar – ich meine, Admiral Telios – ist ein Freund von mir.«
»Ist er?«
Sie nickte ernst. »Ich werde mit ihm reden. Ich meine, über die Dinge, die du mir über Syl Ra Van erzählt hast. Vielleicht können wir ihn überzeugen, dich laufen zu lassen. Du bist schließlich kein Verbrecher. Du hast nichts getan, außer dich gegen einen Angreifer zu verteidigen. Erzähl ihm die Geschichte, die du mir erzählt hast, von deinem Mentor und der Sache mit dem Draxyll in Teriam. Bestimmt wird er dir glauben!«
Eine Zeit lang sah er sie nur an, aber schließlich zeigte er ein Lächeln, gerührt und traurig. »Du machst dir Sorgen um mich.«
»Nein, ich ...« Ach komm, Mädchen, was hat es für einen Sinn zu leugnen? »Natürlich mache ich mir Sorgen um dich! Immerhin bist du unser Kunde!«
Sein Lächeln wurde breiter. »Danke.«
»Hör mir zu, wir werden hier rauskommen! Irgendwas wird uns schon einfallen. Vielleicht kann Keru Hilfe holen.« Vorausgesetzt, er hat sich nicht einfach aus dem Staub gemacht. »Irgendwas wird uns schon einfallen«, wiederholte sie, ohne selbst wirklich daran zu glauben.
Schweigen kehrte ein.
Die Barke verließ Kiralls Außenbezirke. Vor ihr öffnete sich ein schneebedecktes Feld. Endriel verrenkte sich fast den Hals, als sie beobachtete, wie die Dragulia senkrecht aus dem Himmel schwebte und ihre Schwingen einzog. Das riesige Schiff war wunderschön und bedrohlich zugleich. Und sie hielten direkt darauf zu.
Endriel musste an ihren Abschied von Andar Telios gestern Abend denken:
»Werden wir
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