Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn
Gutes. Außerdem gibt es keine Schatten mehr, die uns verfolgen.«
Endriel antwortete ihnen nicht. Sie setzte sich wieder neben Kai auf den Diwan. »Sechs Stunden.«
»Du hast den Schlaf gebraucht«, sagte er.
Sie sah in seine strahlenden grünen Augen. Du verstehst das nicht , dachte sie. Das sind sechs Stunden, die ich mit dir hätte verbringen können! Sie lehnte sich an seine Schulter und atmete seinen vertrauten Geruch ein. Schweigend blickten sie auf das undurchdringliche Dickicht des Regenwalds, das unter ihnen hinweg raste, und sahen Affen und Vögel vor den kreischenden Antrieben der Korona flüchteten, deren Wucht die Baumwipfel erschütterte. Die Xarai folgte in einigen Kilometern Entfernung.
»Da vorne!« Mikos Finger zeigte auf einen dunklen Schemen, der über den Baumspitzen aufragte, einige Dutzend Kilometer entfernt. Ein Katzensprung für die Korona . »Da ist der Berg – oder?«
Kai und Endriel sprangen sofort auf und gesellten sich zu Miko, während Keru schweigend am Steuer blieb.
Kai überprüfte seine Armschiene. Die beiden Kristalle pulsierten schneller und immer schneller. Er lächelte begeistert. »Das ist er!«
Endriel atmete aus. »Keru, halt den Kurs!«
»Wenn ich heute noch so eine überflüssige Bemerkung von dir höre ...«, grollte der Skria, führte den Satz aber nicht zu Ende. Auch Keru schien bis ans Ende seiner Kräfte erschöpft.
Miko kratzte sich die pickelige Wange. »War es eigentlich nicht sehr gefährlich, diese Tore stehen zu lassen?« Er sah Kai an. »Ich meine, was, wenn Rokor durch sie hindurch nach Kenlyn gelangt wäre? Das wäre doch möglich gewesen, oder?«
»Nein.« Kai schüttelte den Kopf. Die Aussicht, seine Mission bald erfüllen zu können, brachte ihm neue Energie. »Die Tore können ohne weitere Modifikationen nur von Kenlyn aus aktiviert werden, als Schutzmaßnahme vor Rokor und Überlebenden des ersten Schattenkults.«
Die Sicht auf den Berg füllte bereits fast die gesamte Brückenkuppel aus: ein düsterer, breiter Klotz, der an der höchsten Stelle vielleicht zweihundert Meter in die Nacht aufragte, wie der Buckel eines steinernen Ungeheuers.
»Keru.« Kai drehte sich zu dem Skria. »Bringen Sie uns zur Mitte des Berges!«
»Hrrrrhm«, war alles, was Keru dazu sagte, beziehungsweise brummte. Aber er tat wie ihm geheißen.
Nelen streckte knurrend Arme und Flügel, um wieder wach zu werden. »Was kommt jetzt?«
Kai lächelte wissend. »Ein kleiner Zaubertrick!«
Vor ihnen ragte eine unregelmäßige Felswand auf. Der Stein glühte rötlich im Licht der Scheinwerfer der Korona . Endriel war ziemlich sicher, dass dies ein waschechter Berg war.
Kai berührte die Armschiene. Er tippte erst auf den roten, dann auf den blauen Kristall, dann auf beide.
»Ich glaub’s einfach nicht!« Nelen rieb sich die Augen.
»Xeah, das musst du dir ansehen!«, rief Miko der Draxyll zu, die langsam ihren Kopf hob und verwirrt blinzelte.
Draußen zerfloss die Felswand wie schmelzender Schnee. Sie änderte ihre Form, ihre Farbe – alles. Als würden zwei riesige, unsichtbare Hände das Gestein zur Seite drücken, bildete sich im Zentrum des Berges eine Art Tal, das zu einem gigantischen schwarzen Nexus-Portal führte, durch das selbst die Dragulia mit ausgebreiteten Schwingen hätte fliegen können. Es war noch geschlossen und wirkte wie ein spiegelnder, schwarzer Monolith.
Die Felswände drumherum hatten sich mittlerweile in Metall verwandelt. Sie waren jetzt makellos glatt und reflektierten den Schein erwachender Lichtkugeln auf dem glatten Boden – einem Vorhof, auf dem sie vor dem Monolithen landen konnten, groß genug, um eine halbe Drachenschiff-Flotte aufzunehmen.
»Ich bin beeindruckt.« Xeah blinzelte.
»Nicht nur du«, sagte Nelen.
»Und jetzt?«, fragte Endriel.
»Jetzt landen wir.« Kai schenkte ihr ein Lächeln. Es war ansteckend. »Und dann bringen wir Yu Nan endlich nach Hause.«
»Irgend etwas ist mit diesem Berg geschehen!« Kapitän Sronns Kommunikationsoffizier studierte verblüfft seine Anzeigen. »Im Inneren ist etwas zum Vorschein gekommen, offensichtlich ein Nexus-Portal von immensen Ausmaßen!«
»Wie ist das möglich?« Der Erste Offizier tutete verblüfft, während er den Kapitän anblinzelte.
Sronn zeigte dem Draxyll seine Reißzähne. »In dieser Nacht überrascht mich gar nichts mehr. Wir folgen der Korona weiterhin. Wenn ...«
»Kapitän!« Der Kommunikationsoffizier wandte sich ihm zu: Die Augen des Menschen waren
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