Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn
neue Zeichen des wiedergeborenen Kults: ein Dreizack, dessen äußere Spitzen sich schlangenartig um die mittlere wanden.
» Du kannst aufstehen .« Die Stimme des Schattenkaisers klang tief und wurde durch den Helm metallisch verzerrt. Der dunkle Ton ließ Ryl-Xamas Knochen vibrieren.
Er erhob sich rasch und erkannte, dass Elinn mittlerweile neben dem Thron Stellung bezogen hatte. Sie hielt die Arme auf dem Rücken verschränkt.
Der Kaiser hielt die Fingerspitzen zu einem Giebel zusammen. »Nun, was hast du zu berichten, Ryl-Xama?«
»Ich habe ihn gefunden, Gebieter! Den Jungen!«
» Novus? «, ertönte die metallische Stimme des Kaisers. » Wo ist er? «
Nun kam der schwierige Teil. Ryl-Xama neigte beschämt das Haupt. Ein klagender Laut drang aus seinem Horn. »Vergeben Sie mir, Gebieter, aber er ist mir entkommen.« Angespornt vom roten Blick des Kaisers berichtete er die ganze Geschichte: Wie er auf dem Basar in Teriam Novus erkannt hatte, der gerade aus einem Nexus gesprungen war und sich in Richtung Ringhafen bewegte, bis Ryl-Xama ihn packte und in eine Seitenstraße zog. »Aber dann tauchten plötzlich zwei Passanten auf und halfen ihm!«
Weder der Schattenkaiser noch die Frau neben ihm ließen eine Reaktion erkennen. Ryl-Xamas lange Zunge glitt über seinen Schnabel. »Es kam zum Kampf. Ich wurde überwältigt und bewusstlos geschlagen. Als ich wieder zu mir kam, trug ich Handschellen. Ich konnte zwar den Friedenswächtern entkommen, doch Novus war verschwunden.« Er warf sich wieder zu Boden. »Ich bitte demütigst um Verzeihung, Gebieter, und sehe meiner Strafe widerstandslos entgegen. Ich habe versagt.«
Ryl-Xama kniff die Augen zusammen. Jeder Atemzug brannte wie glühendes Eisen in seinen Lungen. Wie auch immer seine Bestrafung aussehen würde, sie konnte nicht schlimmer sein als diese Schmerzen.
» Ich soll dich bestrafen, Ryl ?« Die bizarre Stimme klang amüsiert. » Einen meiner besten Soldaten? «
»Gebieter, ich ...« Ryl-Xama blickte verwirrt auf.
» Du wirst deine zweite Chance bekommen. Unsere Spione in den Reihen der Friedenswächter haben uns ein kleines Geschenk zukommen lassen. « Aus den Falten seines Umhangs zauberte der Schattenkaiser einen faustgroßen Kristallwürfel hervor.
Ryl-Xama fing ihn ungelenk auf. Ein Geisterkubus. Durch die Berührung seiner Hände aktivierte er sich. In seinem Inneren erschien ein flaches Bild, anstatt wie üblich eine dreidimensionale Aufzeichnung. Es war die Aufnahme einer Phantomzeichnung, die das Gesicht eines jungen, ernsten Menschen zeigte.
Novus!
» Syl Ra Van lässt ganz Teriam nach ihm absuchen «, erklärte der Kaiser. » Er bezahlt ein Vermögen für seine Festnahme .« Die Gestalt in der Rüstung beugte sich leicht vor. » Aber wir können nicht zulassen, dass seine Leute Novus vor uns schnappen, nicht wahr? «
Endlich war Ryl-Xamas Gelegenheit gekommen, dem Kaiser zu beweisen, wie sehr er ihn verehrte! »Gebieter, lassen Sie mich nach Teriam zurückkehren! Ich werde ihn für Sie finden!«
» Ich bin fest überzeugt, dass du das wirst, Ryl. Aber nicht in diesem Zustand. «
»Es ist nichts, Gebieter! Nur ein paar Kratzer! Alles was ich brauche, ist etwas Silberfeuer!«
» Ich will kein Risiko eingehen. « Der Kaiser erhob sich, der Umhang fiel wieder um seinen Körper und versteckte den darunterliegenden Panzer. Er wandte sich an Elinn. » Sorge dafür, dass seine Wunden geheilt werden. Benutzt den Regenerator. «
»Wie Sie wünschen, Gebieter«, sagte die Frau.
Auch wenn Ryl-Xama bei dem Gedanken nervös wurde, seinen Körper den Strahlen einer Sha Yang-Maschine auszusetzen, sah er trotzdem widerwillig ein, dass er seine Mission kaum mit gebrochenen Rippen und einer Hornfraktur bestreiten konnte. »Ich ... ich danke Ihnen, Gebieter.«
» Lass uns nun allein .«
Ryl-Xama beeilte sich, auf die Beine zu kommen. Freude und Stolz machten die Schmerzen erträglich. Er verneigte sich zum Abschied. »Ich verspreche Ihnen, Gebieter, Sie werden Ihre Entscheidung nicht bereuen!« Damit wandte er sich ab und trottete eilig davon. Die weißen Türen öffneten sich, ließen ihn passieren und schlossen sich lautlos, als der Draxyll verschwunden war.
Elinn sah ihm nach. »Er wird eher sterben als aufzugeben.« Sie hob anerkennend eine Augenbraue. »So bindet man seine Untertanen für alle Ewigkeit an sich.«
Der Schattenkaiser stand neben ihr wie eine bedrohliche, schwarze Statue. » Wir können es uns nicht leisten, unsere Leute sinnlos
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