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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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Geste hin den Käfig mit der Katze der Beginen.
    «Ich habe sie ihnen selbst geschenkt!», Carolus sprang auf. «Übrigens ist sie gescheckt und nicht schwarz. Heißt es nicht, dass der Teufel sich nur in Gestalt von schwarzen Katzen zeigt?»
    «Seit Johannis gibt’s in der ganzen Stadt keine schwarzen Katzen mehr!», mischte sich Bonnefoy ein. «Sie haben alle eingesammelt und im Feuer verbrannt. Im ganzen Viertel ist überhaupt kaum noch eine Katze zu finden, was ein Unfug und ein Ärgernis ist. Die Mäuse tanzen allenthalben auf den Tischen!»
    Die Katze maunzte erbärmlich. Sie fühlte sich in dem Käfig nicht wohl. Annik sprang auf, rannte zum Käfig, befreitedas Kätzchen und hob es vor ihr Gesicht. «Ach, mein Zuckerschnäuzchen!»
    «Nicht!», schrie Magdalène.
    Annik küsste das Tier. Direkt auf das haarige, dreieckige Mäulchen.
    «Igittigitt!», machte Garsende.
    «Wieso? Ich küsse es doch bloß auf den Mund und nicht auf den A   …», verteidigte sich Annik. «Da hinten ist sie ja schmutzig! Schaut nur, wie schmutzig sie da ist! Sie hat noch nicht gelernt, sich da richtig sauber zu lecken. Wer würde so was denn küssen wollen?! Was sind das nur für Einfälle, die die Leute haben?» Und sie hob den Schwanz des Tieres und hielt dem verblüfften Abbé den Katzenanus vor die Nase.
    «Regina probationum – die Königin der Beweise!» Carolus stürzte eilig hinaus, um sich draußen vor der Tür so richtig auszulachen.
    Mit verkniffener Miene und ohne ein weiteres Wort an den Abbé zu verschwenden, stand der fremde Mönch auf und ging hinaus.
    Anne sagte auf dem gesamten Heimweg kein Wort. Erst als die Beginen ihr Tor hinter sich geschlossen hatten, ging sie auf Juliana los: «Wie konntest du? Hast du tatsächlich dieses herrliche Buch verbrannt? Das durftest du nicht! Das hättest du niemals tun sollen!»
    «Ich durfte es, weil ich deine gewählte Meisterin bin. Und ich musste es, weil das Wohl unserer Gemeinschaft davon abhing. Hast du geglaubt, sie würden nicht danach fragen? Und hättest du einen heiligen Eid geschworen und dann gelogen?»
    Anne ließ den Kopf hängen. «Natürlich nicht.»
    «Siehst du, es war besser so. Soll es uns etwa so ergehen wie den Schwestern von Toulouse, nur weil wir ein einziges verdächtiges Buch besitzen?»
    «Aber was, wenn dieses einzigartige Werk nun verloren geht? Wenn es alle so machen und man es vergisst?»
    «Das wird ganz sicher nicht geschehen. Ich weiß ganz gut, dass du Kopien angefertigt und an andere Häuser geschickt hast. Nun gib schon Ruhe! Sei lieber froh, dass wir nochmal mit dem Schrecken davongekommen sind.»
    «Aber es ist schrecklich! Zu denken, dass du es einfach verbrannt hast. Wie konntest du nur? Ich hätte das nicht fertiggebracht. Was soll ich jetzt nur tun?»
    «Dich daran erinnern und dich bemühen, die Stufen zu erklimmen. Es war ein gutes Buch. Und es ist eine schlimme Welt, in der man gezwungen ist, es dem Feuer zu überantworten, um selbst am Leben zu bleiben.»
    «Gestern Abend kam Juliana zu mir in die Küche», raunte Annik Danielle zu. «Ich habe mich schon sehr gewundert. Sie befahl mir, die gesalzenen Fische in der Vorratskammer zu zählen. Als ich in die Küche zurückgekommen bin, da hat es so merkwürdig gestunken!»
    Anne hatte es gehört. «Das war ja dann nicht
gleich
, nachdem wir von der Verurteilung Schwester Marguerites erfahren haben. Du hast für mich gelogen, Meisterin!»
    «Nein, gelogen habe ich nicht. Das würde ich nie tun, Anne, nicht einmal für dich. Ich habe mich nur ein wenig ungenau ausgedrückt», erwiderte Juliana.
    «Aber Anne hat uns alle in Gefahr gebracht», rief Justine.
    «Ja!» Gebba gab ihr eifrig recht. «Was, wenn sich die Wollweberin besser erinnert hätte! Oder wenn man eine von uns befragt hätte. Uns hast du auch aus dem ‹Spiegel› vorgelesen!»
    «Ja, und ich bereue es nicht! Ich hoffe doch, dass du ihn besser verstanden hast!», gab Anne heftig zurück. «War es nicht so, dass gerade du davon sehr angetan warst?»
    «Aber das Buch einer Ketzerin   …!»
    «Sie ist zu Unrecht verurteilt worden!»
    «Steht es uns zu, das zu beurteilen?»
    «Ja und abermals ja! Hat uns Gott denn unseren Verstand gegeben, damit wir ihn nicht benutzen?»
    Aufgewühlt standen die Beginen im Hof herum und diskutierten hitzig. An eine geregelte Arbeit war heute nicht mehr zu denken, das sah die Meisterin ein. «Lasst uns in den Gemeinschaftsraum gehen und beten und Gott dafür danken, dass er seine

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