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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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bewohnten, sondern suchte Christoph Langenmantel auf, um von diesem zu erfahren, ob es Luther bereits besser ging.
    »Ich konnte vorhin kurz mit dem Prior der Karmeliter von Sankt Anna sprechen«, berichtete Langenmantel. »Die Medizin des Klosterapothekers schlägt an. Doktor Luther hat die schlimmste Pein überwunden und hofft, in zwei, spätestens drei Tagen Kardinal Cajetanus Rede und Antwort stehen zu können. Aber was ist mit Euch? Habt Ihr etwas in Fuggers Haus erfahren können?«
    Ernst dachte einen Moment nach, und als er zu sprechen begann, flüsterte er. »Der Kardinal erwartet, dass Doktor Luther seine Thesen widerruft. Außerdem ist heute Doktor Portikus aus München gekommen, und der ist ein fanatischer Feind Luthers.«
    »Das ist doch der, den Korbinian Echle immer als Doktor Thürl verspottet.« Langenmantel lachte kurz, wurde aber sofort wieder ernst. »Das ist kein gutes Zeichen. Mir wäre lieber, Herzog Wilhelm hätte einen anderen Geistlichen geschickt.«
    »Vielleicht wollte er ihn nur für einige Zeit loswerden! Portikus muss ihm in den letzten Monaten arg auf die Nerven gegangen sein. Dabei ist es wohl weniger um mich als vielmehr um diejenigen gegangen, die Luthers Thesen in München unters Volk gebracht haben.«
    Langenmantel versetzte Ernst einen freundschaftlichen Klaps. »Damit seid auch Ihr gemeint. Immerhin habt Ihr die Flugblätter am eifrigsten verteilt!«
    »Wenn Portikus das wüsste, säße ich längst in einem Kerker der Hoffeste.«
    »Was macht Ihr jetzt? Werdet Ihr Fuggers Haus meiden, solange Portikus dort ein und aus geht?«
    Ernst schüttelte den Kopf. »Nein! Von dem lasse ich mich nicht vertreiben. Ich muss wissen, ob und wann etwas gegen unseren verehrten Doktor Luther geplant wird.«
    »Gebt auf Euch acht! Ich will nicht, dass diese Leute sich an Euch schadlos halten. Doch nun will ich meinen Diener rufen, damit er uns einen Krug Wein bringt. Ich glaube, wir haben uns ein paar Becher verdient.«
    »Ich weiß nicht … Mein Weib wartet zu Hause«, wandte Ernst ein. Langenmantel achtete jedoch nicht auf seine abwehrende Haltung, sondern ließ den Wein holen und schenkte seinem Gast eigenhändig ein.

3.
    D er Mond stand bereits hoch am Himmel, als Ernst das kleine Haus betrat, das Jakob Fugger ihm und Veva zur Verfügung gestellt hatte. Trotz der späten Stunde traf er seine Frau in der Küche an. Sie hatte eine Kerze aufgestellt, las in deren Schein und spann Flachs.
    Als er hereinkam, hob sie den Kopf. »Ich wusste nicht, wann du nach Hause kommst. Daher habe ich bereits zu Abend gegessen. Aber ich habe dir etwas aufgehoben. Ich werde es gleich aufwärmen.«
    »Ich habe vorhin in Fuggers Haus gegessen und daher keinen Hunger mehr.«
    »Dann gibt es den Brei zum Frühstück«, sagte sie ohne Bedauern und trug den Topf in die Speisekammer.
    »Nicht, dass die Mäuse darüber herfallen«, sagte Ernst, als sie zurückkehrte.
    »Ich habe eine Steinplatte auf den Topf gelegt. Die können selbst Ratten nicht wegschieben.«
    »Haben wir etwa Ratten im Haus?«
    Ernst klang so fassungslos, dass Veva lachen musste. »Natürlich nicht! In anderen Teilen der Stadt gibt es häufig welche. Nis verdient sich öfter ein paar Kreuzer, indem er sie jagt – solange er keine Würste klaut, heißt das.«
    Ernst sah Veva verwirrt an. »Wer ist Nis?«
    »Der Junge, den du zum Bierholen geschickt hast. Er hat sich quasi selbst als Faktotum bei uns eingestellt.«
    »So ein Bengel! Taugt er wenigstens was?«
    »Er ist geschickt und fleißig. Außerdem kennt er sich hier in der Stadt aus und konnte mir auf Anhieb einen Buchverleger nennen, bei dem ich dieses Buch erstanden habe!« Veva hielt es in Ernsts Richtung, und dieser sah, dass es sich um fromme Heiligenlegenden handelte.
    Das war nicht gerade die Literatur, die er bevorzugte. Daher lächelte er überlegen. »Nun, wenn es dir Freude macht. Aber wie hast du den Tag sonst verbracht?«
    »Ich habe deine Sachen, die aus Fuggers Haus hierhergebracht wurden, eingeräumt und weiter an einem Kleid für mich genäht. Dann war ich auf dem Markt, habe das Buch gekauft und Nis einige weitere Besorgungen machen lassen. Ansonsten bin ich hier gesessen, habe Flachs gesponnen, damit meine Hände beschäftigt sind, und darauf gewartet, dass die Zeit vergeht. Bei der Heiligen Jungfrau, es gibt hier kaum etwas zu tun! Die Wohnung ist winzig, und ich muss weder meinem Vater helfen, Briefe zu schreiben, noch Gesinde überwachen. Ich hoffe, das ändert sich bald,

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