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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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sonst …« Veva brach mitten im Satz ab und machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Was sonst?«, bohrte Ernst nach.
    »Sonst werde ich sehr viel Geld zum Tuchhändler und zum Buchverleger tragen!« Diese Ausrede fiel Veva gerade noch ein, denn ursprünglich hatte ihr eine drastischere Bemerkung auf der Zunge gelegen. Sie seufzte, füllte einen Becher mit Bier und stellte ihn Ernst hin. »Hier, du wirst gewiss Durst haben!«
    »Das kannst du laut sagen! Ich habe unterwegs noch einen Bekannten besucht und wurde von ihm zu ein paar Schoppen Wein eingeladen. Trotzdem ist meine Kehle wie ausgedörrt!« Ernst ergriff dankbar den Becher und trank das Bier in einem Zug aus. »Das hat gutgetan.«
    Da er Veva nicht ansah, entging ihm der verächtliche Ausdruck, der über ihr Gesicht huschte. Er hat sich nicht geändert, dachte sie, sondern ist noch der gleiche Luftikus wie in jenen Jahren, in denen er mit meinem Bruder durch die Schenken gezogen ist. Wahrscheinlich hat er auch seine übrigen Untugenden behalten. Bei der Vorstellung, er könnte eben bei einer Hure oder einer willigen Magd gewesen sein, empfand Veva Ekel. Das, was im Bett zwischen Ehemann und Ehefrau geschah, war in ihren Augen etwas ganz Persönliches, das als Geschenk des Herrn angesehen werden musste. Wer ohne Gottes Segen und nur der Lust gehorchend zu den Huren ging, war für sie nicht mehr als ein Tier.
    Aus diesem Grund erleichterte es sie, dass Ernst, nachdem sie zu Bett gegangen waren, nicht nach ihr verlangte, und sie schob das leise Bedauern, das in ihr aufzusteigen begann, weit von sich. Er ist es nicht wert, dass ich mir Gedanken oder gar Sorgen um ihn mache, sagte sie sich. Doch als sie sich mit dem Handrücken über die Augen fuhr, fühlte sie die Nässe von Tränen. Gleichzeitig sehnte sie sich nach einem Kind, am besten einem Sohn, dem sie ihre ganze Liebe schenken und den sie zu einem frommen und gerechten Menschen erziehen konnte, der mit seinem liederlichen, verantwortungslosen Vater nichts gemein haben sollte.
    Dabei empfand Ernst mehr Verantwortung denn je, denn er machte sich Sorgen um Martin Luther, dem mit Thomas Cajetanus ein Mann gegenüberstand, der die gesamte Macht des Papstes hinter sich wusste. Dazu kam Portikus, der Luther am liebsten auf den Scheiterhaufen schicken würde. Bei dem Gedanken an den Münchner Theologen überlegte Ernst, ob er Veva sagen sollte, dass dieser nach Augsburg gekommen war.
    Da sie jedoch regungslos dalag, glaubte er, sie wäre bereits eingeschlafen, und wollte sie nicht wecken. Stattdessen sann er darüber nach, was er tun könnte, wenn Luther tatsächlich verhaftet werden sollte. Zu einem Petrus, der seinen Herrn im Garten Gethsemane mit einem Schwertstreich aus den Händen der Häscher befreien hatte wollen, fühlte er sich nicht berufen.
    Über diesem Gedanken schlief er ein und träumte einen wilden Traum, in dem er sich sowohl gegen Portikus wie auch gegen Gigging zur Wehr setzen musste, während Veva daneben saß und in ihrem Legendenbuch blätterte, ohne sich ein einziges Mal nach ihm umzusehen.
    Als er am Morgen erwachte, fühlte er sich wie zerschlagen. Es dauerte eine Weile, bis er einen halbwegs klaren Gedanken fassen konnte. Dann aber griff er auf die andere Seite des Bettes und fand sie leer. Wie es aussah, hatte Veva ihr Tagwerk schon begonnen.
    Er stand auf, wusch sich in der Schüssel, die in einem wackligen Gestell stand, und zog sich an. Als er kurz darauf in die Küche trat, hatte Veva bereits Feuer auf dem Herd entfacht, um das gestrige Abendessen zum Frühstück aufzuwärmen.
    Als sie ihn kommen sah, verzog sie das Gesicht. »Isst du jetzt mit mir oder frühstückst du in Fuggers Haus?«
    Sie klingt beleidigt, dachte Ernst. Anscheinend hatte sie es ihm übelgenommen, dass er am Abend nicht zum Essen nach Hause gekommen war. Irgendwie waren die Frauen doch alle gleich. Er schämte sich jedoch sofort für diesen Gedanken, denn er hätte ihr Botschaft schicken können, dass es später wurde. So aber hatte Veva lange auf ihn gewartet und sich Sorgen gemacht.
    »Ich frühstücke mit dir«, sagte er daher etwas kleinlaut und nahm am Tisch Platz.
    Veva stellte ihm einen Becher Bier hin und füllte zwei Näpfe mit Brei. Nachdem sie einen halben Laib Brot aus der Speisekammer geholt und auch sich etwas zu trinken eingegossen hatte, setzte sie sich zu ihm.
    Ernst wollte schon zugreifen, als ihn ihr mahnender Blick traf. Gerade noch rechtzeitig erinnerte er sich daran, dass er als

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