Die Ketzerbraut. Roman
seiner Herrin.
Veva wies auf die restlichen Tuchballen und sah den Schwab an. »Öffne sie! Sind sie genauso schlecht wie der erste, bringst du alle zu Rickingers Haus und sagst ihm, so ein minderwertiges Zeug nähmen wir nicht an.«
Der Schwab fragte sich, wie Veva rechtzeitig gutes flandrisches Tuch in diesen Farben besorgen wollte, gehorchte aber und löste zusammen mit dem Hofknecht die Schnüre, die die drei übrigen Ballen zusammenhielten. Schon auf den ersten Blick war zu erkennen, dass der Wollstoff ebenfalls von miserabler Qualität war.
Mit einer heftigen Bewegung wandte Veva sich zum Schwab um. »Ich kenne den Lieferanten und weiß, dass er zuverlässig ist. Hätte mein Schwiegervater gutes Tuch bestellt, hätten wir es auch bekommen. Doch damit hat er sich selbst geschnitten. Wenn er vor dem Rat Klage gegen uns erhebt, wird jeder sehen, dass er Ernst und mich erneut betrügen wollte. Halt, warte noch!«
Veva dachte einen Moment nach und schickte dann den Schwab los, den Ratsherrn Arsacius Bart zu holen. Dieser war Ernst und ihr gewogen und würde bezeugen, dass ihr Schwiegervater ihr wertloses Zeug hatte andrehen wollen.
Während der Knecht davoneilte, fragte Veva sich seufzend, wie viele Prüfungen noch auf sie zukommen würden. Misstrauisch geworden überprüfte sie jetzt die anderen Waren, die zusammen mit dem Tuch ins Haus gebracht worden waren. Diese waren jedoch in Ordnung, und so machte sie das Zeichen darauf, welches dem Hofknecht und seinen Gehilfen sagte, dass diese Teile an ihre Empfänger weitergereicht werden konnten. Bei zwei der Ballen zögerte sie. Sie waren für den Herzoglichen Rat Prielmayr bestimmt, von dem ihr Vater vor Monaten den heruntergekommenen Hof in Pewing als Pfand erhalten hatte. Da der Mann als säumiger Zahler bekannt war, beschloss sie, diese Ware erst zu übergeben, wenn der Preis dafür beglichen war.
Kaum hatte sie alle Waren durchgesehen, tauchte der Schwab in Begleitung des Ratsherrn wieder auf.
»Euer Knecht hat mir bereits berichtet, dass man Euch betrügen wollte. Lasst mich das Tuch sehen«, sagte Bart, nachdem er Veva begrüßt hatte.
Diese trat beiseite und sah zu, wie der Mann die vier Ballen vom Schwab und dem Hofknecht zur Hälfte ausrollen ließ und mit kundigen Blicken prüfte. Er nickte Veva zu. »Das Tuch ist zu schlecht, um verkauft werden zu können. Da Euer Schwiegervater es bestellt hat, soll er es nehmen. Ich werde einen Brief dazu schreiben, damit er weiß, dass Ihr klug genug wart, mir die Ballen zu zeigen. Diese Sache wird Rickinger ein weiteres Stück Ansehen kosten.«
»Ich will keinen Kampf gegen ihn, aber ich kann mir nicht alles gefallen lassen. Wenn ich diese Ballen an diejenigen, die sie bestellt haben, weitergebe, werden sie mich zu Recht vor Gericht zerren.« Veva erteilte den Knechten den Befehl, die Ballen wieder einzupacken, und führte Bart in ihr Kontor. Dort reichte sie ihm eigenhändig Papier, Tintenfass und Schreibfeder und sah dann zu, wie er den Brief aufsetzte und siegelte.
»Das hier wird Eurem Schwiegervater zu denken geben. Schreibt nun Ihr Euren Brief, indem Ihr erklärt, warum Ihr das Tuch nicht annehmt. Solltet Ihr noch einmal Hilfe brauchen, wisst Ihr, dass Ihr Euch jederzeit an mich wenden könnt.«
»Ich danke Euch, Herr Bart«, antwortete Veva und wollte knicksen. Sie war inzwischen jedoch nicht mehr ganz so behende wie vor ihrer Schwangerschaft und wäre hingefallen, hätte der Ratsherr sie nicht rechtzeitig aufgefangen.
»Nun mal langsam! Ihr wollt Euren Ernst doch mit einem gesunden Kind erfreuen. Wo steckt er eigentlich? Ich habe nur gehört, er habe die Stadt verlassen.«
»Ferdinand Antscheller hat ihn aufgefordert, so rasch wie möglich nach Innsbruck zu kommen. Diesem Ruf konnte er sich nicht entziehen.«
»Innsbruck? Dafür ist es ein wenig früh im Jahr. Doch ein Handelsmann muss zur Stelle sein, wenn er gebraucht wird. Richtet ihm nach seiner Rückkehr aus, er solle sich vor Pater Remigius und Thürl in Acht nehmen. Die Spatzen pfeifen von den Dächern, dass die beiden Kerle darüber nachsinnen, was sie ihm antun können, nachdem ihnen der Streich mit Frau Annas Magd nicht gelungen ist.«
»Aber warum sollten sie so unversöhnlich sein?«
»Für Portikus ist die Kirche unantastbar, ganz gleich, was ihre Vertreter anstellen. Aus diesem Grund trägt er es Eurem Mann immer noch nach, dass dieser Pater Remigius bloßgestellt hat. Ich wollte, es gäbe eine Möglichkeit, ihn ebenso aus unserem
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