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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Kopf. »Es wäre mir lieber, wenn wir drinnen reden könnten. Auch solltest du dich setzen.«
    »Auch gut!« Veva machte kehrt und nahm auf ihrem Stuhl Platz. Den angefangenen Brief drehte sie rasch um.
    Haselegner bemerkte es und verkniff sich ein Lächeln. Schon bald würde er hier der Herr sein und die Entscheidungen treffen. Vorerst aber blickte er scheinbar mitfühlend auf sie hinab. »Veva, es tut mir sehr leid, aber …« Er brach ab, um seiner Nachricht noch mehr Dramatik zu verleihen, und setzte erneut an. »Was ich zu sagen habe, wird dich sehr bekümmern. Auf dem Weg hierher bin ich durch Kiefersfelden gekommen. Drei Tage zuvor hatten einige Holzknechte in den Bergen zwei Leichen gefunden und in den Ort gebracht. Der dortige Pfleger hat mir die beiden gezeigt und gefragt, ob ich sie kenne.«
    »Und?«, fragte Veva, der sich ein eiserner Ring um die Brust legte.
    Haselegner senkte den Kopf. »Es waren dein Mann und euer Knecht Sepp. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr mich das schmerzt. Wie du weißt, hast du mir immer viel bedeutet, und ich war ja auch der beste Freund deines Bruders und deines Mannes. Wenn du Hilfe brauchst, bin ich sofort für dich da.«
    »Aber … das kann doch nicht sein!« Obwohl sie saß, musste Veva sich an der Tischkante festhalten, so schwindlig wurde ihr.
    »Leider ist es die Wahrheit. Ich habe die beiden Toten mitgebracht. Allerdings sieht Ernst übel aus. Seine Mörder haben ihn in eine Schlucht geworfen, dabei ist sein Schädel zerplatzt. Du solltest ihn dir besser nicht ansehen!«
    An Veva strichen seine Worte vorbei wie der Wind. Nein!, schrie es in ihr. Das glaube ich nicht! Ernst kann nicht tot sein.
    »Ich will ihn sehen!« Sie stand auf. Zu ihrer eigenen Verwunderung gelang es ihr, aufrecht zu stehen.
    Haselegner hob begütigend die Hände. »Ich rate dir ab, Veva. Es würde dich nur erschrecken.«
    »Noch mehr, als deine Worte mich erschreckt haben?«, fragte sie herb. Bein nächsten Schritt aber taumelte sie und musste sich an der Wand festhalten.
    Sofort war Haselegner bei ihr. »Stütz dich auf mich, Veva. Du weißt, ich tue alles für dich!«
    Veva wollte den Vorschlag schon annehmen, da zwängte sich der Schwab dazwischen. »Kommt, Herrin! Ich gebe Euch Halt, wenn Ihr die Treppe hinabsteigen wollt.«
    Veva übersah Haselegners ausgestreckten Arm und ließ sich von ihrem Knecht nach unten führen. Auf dem Flur hatten sich bereits Cilli, Lina und die anderen Mägde eingefunden. Schweigend folgten sie ihrer Herrin und Haselegner auf den Hof. Dort waren zwei Knechte in Haselegners Diensten gerade dabei, zwei schlichte Fichtensärge von einem Wagen zu laden.
    »Wohin sollen wir sie bringen?«, fragte einer.
    Veva wies aufs Haus. »Dort hinein! In die große Stube im Erdgeschoss.«
    »Ich zeige euch den Weg«, erklärte Cilli und eilte ihnen voraus.
    Während die beiden Knechte die Särge nacheinander ins Haus trugen, flehte Veva in Gedanken die Heilige Jungfrau an, dass es nicht Ernst war, der dort in einem der einfachen Holzkästen lag. Erst als beide Särge abgestellt waren, kehrte sie ins Haus zurück und blieb an der Tür stehen.
    »Tu es dir nicht an«, beschwor Haselegner sie scheinbar besorgt. Derweil machten sich seine Knechte schon daran, die Deckel der beiden Särge zu öffnen.
    »Da sind sie, mausetot alle beide«, meinte einer von ihnen.
    Da der Schwab Veva halten musste, damit sie nicht stürzte, wagte Cilli den ersten Blick, trat aber sofort schaudernd wieder zurück.
    »Sie sind es! Den Sepp habe ich sofort erkannt, aber der Herr ist schrecklich entstellt. Das dürft Ihr Euch nicht antun.«
    Gerade diese Worte aber trieben Veva an, auf die Särge zuzutreten. Sepp wies nur eine Wunde auf, doch Ernst sah so aus, als hätte ihm ein Riese den Schädel mit einem eisernen Schuh zertreten. Im Grunde wiesen nur noch seine Figur, seine Kleidung und der Ring an seinem rechten Finger darauf hin, dass es sich um ihren Mann handelte.
    Veva schluckte, als sie den Toten so verstümmelt sah, und wandte sich mit schmerzerfüllter Miene ab. Der Schwab merkte, dass sie mit ihren Kräften am Ende war, und winkte Cilli zu sich. »Kümmere dich um die Herrin und sieh zu, dass du ihr etwas Belebendes einflößt. Ich werde einen Pfarrer holen.«
    »Aber nicht den Remigius und auch nicht den Thürl!« Trotz ihrer Schwäche klang Vevas Stimme scharf.
    Der Knecht nickte und wollte gehen, als Haselegner ihn aufhielt. »Warte, ich komme mit dir, um mit dem Pfarrherrn zu reden.

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