Die Ketzerbraut. Roman
Bayernland zu verbannen wie den einstigen Pater Hilarius. Der sollte ebenfalls achtgeben. Solange der Bischof in Freising ihm keinen Dispens erteilt hat, gilt er als davongelaufener Priester und könnte jederzeit eingesperrt werden.
Was Remigius angeht, so steht jener Vorfall seinem weiteren Aufstieg in der kirchlichen Hierarchie im Weg. Unser Herzog ist nicht gerade einer Meinung mit den Bischöfen, zu deren Diözesen unser Bayern zählt. Eine Berufung von Remigius in ein höheres Kirchenamt würde er als Affront ansehen und entsprechend reagieren.«
Barts Warnung bestärkte Veva in ihren Plänen, Ernsts und ihr Leben mehr auf Augsburg auszurichten. Sie schob den Gedanken an die fernere Zukunft jedoch rasch wieder von sich und reichte dem Ratsherrn die Hand. »Ich danke Euch für Eure offenen Worte, Herr Bart, und werde sie an meinen Mann weitergeben. Vielleicht kann eine Spende für Sankt Peter den Unmut der Geistlichkeit mindern.«
»Den des Pfarrherrn und der restlichen Geistlichkeit gewiss, nicht aber den der beiden erklärten Feinde Eures Mannes. Hütet Euch vor ihnen, Rickingerin. Es mag sein, dass sie sich über Euch an Eurem Mann rächen wollen.«
An diese Möglichkeit hatte Veva noch gar nicht gedacht. »Ich werde mich vorsehen«, versprach sie und rief nach einer Magd, damit diese einen Becher des besten Weins für ihren Gast brachte. Der Schwab befahl inzwischen ein paar Knechten, die schlechten Tuchballen auf Schubkarren zu laden und ihm zu folgen. Dann machte er sich selbst zu Rickinger auf, obwohl das die Aufgabe des ersten Hofknechts gewesen wäre. Er tat es jedoch gern, denn er freute sich, dass seine junge Herrin sich nicht die Butter vom Brot nehmen ließ. Im Grunde hatte sie nicht weniger Verstand als ihr Vater oder ihr Mann. Was ihren Bruder betraf, so sollte man den Toten zwar nichts Schlechtes nachreden, doch Bartl hatte das leichte Leben mehr geliebt als Arbeit und Pflicht.
3.
A rsacius Bart sorgte dafür, dass Eustachius Rickingers letzte Bosheit rasch in der Stadt bekannt wurde. Auch wenn es diesmal keine Klage gab, so blieb ihrem Schwiegervater nichts anderes übrig, als Veva das Geld für die Ballen zurückzugeben und sich zu überlegen, was er selbst mit dem schlechten Tuch anstellen sollte. Sein einziger Trost war, dass es Veva nicht gelingen würde, rechtzeitig Ersatz für diese Lieferung aufzutreiben.
Ernsts Vater hatte jedoch nicht mit der Findigkeit seiner Schwiegertochter gerechnet. Veva schrieb sofort nach Augsburg und bat Jakob Fugger, ihr nach Möglichkeit gutes Tuch in bestimmten Farben zu schicken. Da der Kaufherr nicht nur auf Bestellung lieferte, sondern auch Waren auf Vorrat anschaffte, fuhr bereits sieben Tage später ein Wagen aus Augsburg in den Hof ihres Anwesens ein und erlöste Veva aus ihrer Klemme.
Sie wies den Schwab an, die Ballen abladen zu lassen und den Fuhrmann in die Küche zu schicken, damit Cilli ihm einen Krug Bier und eine Brotzeit hinstellen konnte. Sie selbst kehrte ins Haus zurück, um ein Dankesschreiben an Jakob Fugger zu verfassen.
Sie hielt kaum die Feder in der Hand, als es draußen auf dem Flur laut wurde.
»Geh mir aus dem Weg!«, rief eine Männerstimme, in der sie Benedikt Haselegner zu erkennen glaubte. Veva wusste von diesem nur, dass er in Innsbruck weilte und dem Vernehmen nach eine Tochter von Ferdinand Antscheller geheiratet hatte. In der Annahme, dass er einen Brief ihres Mannes mitgebracht hatte, stand sie auf, durchmaß mit wenigen Schritten den Raum und öffnete die Tür. Der Schwab stand breitbeinig davor und hielt die Rechte am Messergriff, während Haselegner seinem hochroten Kopf zufolge vor Wut fast zu platzen schien.
»Was geht hier vor?«, fragte Veva scharf.
Der Schwab sah sich kurz zu ihr um, ohne den Messergriff loszulassen. »Was soll hier vorgehen? Gar nichts! Ich habe Herrn Haselegner nur gesagt, dass Ihr beschäftigt seid und er ein andermal wiederkommen soll.«
Irgendetwas musste zwischen den beiden vorgefallen sein, und das war nichts Gutes, sagte Veva sich. Da sie jedoch mit Haselegner reden wollte, gab sie dem Schwab ein Zeichen, er solle beiseitetreten, und blieb vor dem unerwarteten Gast stehen. »Da ich nun schon einmal gestört worden bin, könnt Ihr mir ruhig sagen, was Ihr von mir wünscht.«
Haselegners Gesicht drückte wechselnde Gefühle aus, die Veva nicht einordnen konnte. Einen Herzschlag lang glaubte sie Triumph zu erkennen. Dann aber wandte er ihr eine betrübte Miene zu und senkte den
Weitere Kostenlose Bücher