Die Ketzerbraut. Roman
Dir aber, Veva, sage ich noch einmal, dass ich dir immer zur Seite stehen werde. Schließlich weiß ich, was du fühlst!« Er wollte schon sagen, dass er ja selbst Witwer sei und sein Weib betrauere. Doch das konnte hier in München noch keiner wissen, und so verschluckte er die Worte schnell wieder.
4.
A ls der Schwab zusammen mit Haselegner aus dem Haus trat, blieb der Kaufmann stehen und fasste ihn am Ärmel. »Ich weiß, du bist wegen der Sache damals noch wütend auf mich. Aber ich wollte nur verhindern, dass dein Herr seine Tochter mit Ernst Rickinger verheiratet. Ich hatte ebenfalls um sie geworben und war der Ansicht, dass Ernst nicht der richtige Mann für sie war.«
»Es ist schon gut! Mir hat ja nicht viel gefehlt!«, wiegelte der Schwab ab, den das Anbiedern des sonst so hochmütigen Mannes misstrauisch machte. Er war sicher, dass Leibert gute Gründe gehabt hatte, Haselegner seine Tochter zu versagen. Deswegen war er froh, dass dieser dem Vernehmen nach mit einer Antscheller-Tochter aus Innsbruck verheiratet war. Also würde er Veva wohl kaum aufs Neue bedrängen.
»Weißt du, mir hat diese Sache schwer auf der Seele gelegen. Immer wieder habe ich mir Vorwürfe gemacht, dich verletzt zu haben. Lass es mich aus der Welt schaffen und dir ein gutes Schmerzensgeld zahlen. Vielleicht hilft es dir, irgendwann einmal das Bürgerrecht zu erwerben. Immerhin bist du ein fixer Bursche und deinem Herrn immer treu gewesen«, fuhr Haselegner fort.
»Ich bin auch meiner Herrin treu ergeben.«
»Das weiß ich doch! Aber als Wittib braucht Veva jemanden, der in der Stadt etwas zählt und sich mit dem Handel auskennt. Deswegen biete ich ihr meine Hilfe an. Keiner soll denken, er könne sie übervorteilen, nur weil sie jetzt ohne Mann dasteht.«
Haselegner war sicher, den Schwab auf seine Seite ziehen zu können. Der war zwar nur ein dummer Knecht, aber auch er würde bald zu spüren bekommen, wie scharf der Wind seiner Herrin von nun an um die Nase wehte. Da Vevas Vermögen bei einer Heirat auf ihn überging, musste er nun dafür sorgen, dass sie bis zur Hochzeit keine Verluste erlitt. Um sein Ziel zu erreichen, benötigte er jedoch Unterstützung aus ihrer Umgebung. Daher löste er seinen Beutel vom Gürtel und zählte dem Schwab fünf blanke Gulden in die Hand.
»Hier, die sind für dich! Du kriegst noch einmal fünf, wenn du auf die Veva aufpasst, damit nicht ihr Schwiegervater oder ein anderer Kaufherr sich in ihr Vertrauen einschleicht und sie um ihr Geld bringt.«
Der Knecht blickte verblüfft auf die Münzen und wusste nicht so recht, was er denken sollte. Schließlich steckte er das Geld weg und nickte. »Ich gebe schon acht, dass nichts passiert. Da braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen, Herr Haselegner.«
»Und du sagst ihr, dass sie sich auf mich verlassen kann!«
»Das werde ich!«, versprach der Schwab und dachte für sich, dass er Veva wohl eher vor Haselegner warnen musste. Der Mann hatte ihm schon früher nicht gefallen, und die anbiedernd freundliche Art, die er nun an den Tag legte, machte ihn noch misstrauischer. Doch wenn er erfahren wollte, was Haselegner plante, musste er so tun, als stände er ganz auf dessen Seite.
5.
C illi und Lina brachten ihre Herrin in ihre Kammer und versuchten, sie zu beruhigen. Dort begann Veva zu zittern und griff sich mit beiden Händen an den Leib.
»Es tut so weh!«, stöhnte sie und krümmte sich unter den Schmerzwellen, die durch ihren Körper rasten.
Die beiden Mägde sahen sich erschrocken an. »Sie wird doch nicht das Kind verlieren?«, flüsterte Cilli mit bleichen Lippen.
»Möglich wäre es! Der Schreck war groß genug, und dazu kam auch noch der Anblick des Toten!« Lina schüttelte es bei dem Gedanken und sie schlurfte zur Tür.
»Wenn jetzt noch jemand helfen kann, ist es die Kreszenz. Ich laufe und hole sie.«
»Lass mich das machen! Ich habe die jüngeren Beine!« Trotz ihrer pummeligen Gestalt rannte Cilli so flink los wie ein Reh und ließ die alte Magd bei Veva zurück.
Lina wusste nicht recht, was sie tun sollte. Mit einem Lappen rieb sie das schweißnasse Gesicht ihrer Herrin trocken und half dieser, das Kleid und die Unterröcke auszuziehen. Nur noch mit dem Hemd bekleidet, kroch Veva in ihr Bett und weinte sich vor Trauer und Schmerz schier die Seele aus dem Leib.
Der alten Lina kam die Zeit, die Cilli ausblieb, endlos vor. Veva schrie sich heiser und biss zuletzt vor Schmerzen in die Bettdecke. Daher fielen der alten Magd ganze
Weitere Kostenlose Bücher