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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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und gab keinen Laut von sich.
    Haselegner dachte erleichtert, dass es sich jetzt auszahlte, dass er einen abgesonderten Wohnteil für sich und seine Frau verlangt und auch bekommen hatte. Auf dieser Seite schlief niemand außer ihnen. Selbst die Bediensteten, die sein Schwiegervater ihnen zugeteilt hatte, waren im Hauptgebäude einquartiert. Nach kurzem Tasten fand er die Laterne, die in einer Nische bereitstand, schlug einen Funken in die Zunderdose und blies diese an, bis er die Unschlittkerze der Laterne entzünden konnte. Danach stieg er die schmale Treppe hinauf und schlich zur gemeinsamen Schlafkammer. Als er die Tür öffnete, hörte er Johanna leise schnarchen.
    Kurz blickte er auf die schlafende Frau herab, stellte die Laterne ab und hob das Kissen auf, welches auf seiner Seite des Bettes lag. Er drückte es Johanna aufs Gesicht und hielt es mit aller Kraft fest. Zwar erwachte sie noch und versuchte, seine Hände wegzureißen, doch ihre Bewegungen wurden rasch matter, und sie erschlaffte. Dennoch drückte Haselegner ihr das Kissen so lange auf Mund und Nase, bis er sicher sein konnte, dass sie erstickt war. Dann legte er das Kissen zurück auf seinen gewohnten Platz, zog die Bettdecke gerade, die durch Johannas verzweifeltes Strampeln in Unordnung geraten war, und verließ die Kammer, ohne die Tote noch einmal anzusehen. Zu seiner Erleichterung konnte er das Haus unbemerkt verlassen. Rasch eilte er zur Pforte und traf wenig später auf seinen Begleiter.
    »Das hat aber gedauert! Ich habe schon gedacht, mir friert der Arsch am Sattel fest«, maulte dieser.
    »Schneller ging es nicht!« Haselegner schwang sich auf sein Pferd und trabte an. Während die nächtliche Stadt hinter ihm zurückblieb, freute er sich an dem Gedanken, dass er nun als trauernder Witwer vor Veva treten und sie dazu bewegen konnte, ihn zu heiraten.

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Siebter Teil
    Die Witwe

1.
    V eva beugte sich über einen Stoß Papiere, den Leopold Hilarius ihr im Namen von Jakob Fugger aus Augsburg geschickt hatte. Wie es aussah, wollte Fugger sich an einer Schiffsflotte beteiligen, die in das sagenumwobene Indien fuhr, um dort Pfeffer und andere wertvolle Güter einzukaufen. In dem Brief stand zwar, die Fahrt wäre ein Risiko, doch sie würde sich bei Erfolg für jeden lohnen, der sich auch nur mit einem Dukaten daran beteiligte.
    Da Veva durch Ernsts Berichte Fugger so weit zu kennen glaubte, dass dieser sich auf kein windiges Geschäft einlassen würde, zwickte es sie in den Fingern, zuzusagen. Andererseits war sie zwar die Erbin ihres Vaters, doch sie hatte das Handelshaus wie alle anderen weltlichen Güter in die Verwaltung ihres Mannes übergeben. Daher wäre es ihr lieb gewesen, sich mit Ernst beraten zu können.
    »Sobald er nach Augsburg kommt, wird Fugger ihm diesen Vorschlag unterbreiten, und dann kann er entscheiden, ob er ihn annehmen oder ablehnen will«, sagte sie sich.
    Ein weiterer Blick auf den Brief verriet ihr jedoch, dass Fugger auf rasche Antwort drängte. Was war, wenn Ernst länger als geplant in Innsbruck blieb und dadurch zu spät nach Augsburg kam? Unsicher las sie den Brief und den angebotenen Vertrag noch einmal durch. Zwar schreckten sie die Gefahren, die den Schiffen unterwegs drohen konnten, doch andererseits hatten bereits viele Schiffe Indien erreicht und waren reich beladen nach Lissabon zurückgekehrt.
    »Ich mache es, selbst wenn Ernst mich hinterher mit der Rute strafen sollte.« Entschlossen nahm sie Papier und Feder zur Hand und begann zu schreiben. Eine knappe Stunde später rief sie den Schwab zu sich und reichte ihm den gesiegelten Brief.
    »Gib ihn dem nächsten Boten mit, der nach Augsburg reist. Sage ihm, er bekommt einen Gulden extra von mir, wenn er rechtzeitig zu Herrn Fugger kommt!«
    »Einen ganzen Gulden?« Dem Schwab blieb vor Staunen der Mund offen stehen.
    »Ja! Und jetzt geh. Oder willst du, dass der Brief durch deine Saumseligkeit zu spät ankommt?«
    Eilfertig schnappte der Schwab sich das Schreiben und lief davon.
    Veva sah ihm nach und fragte sich, ob sie klug gehandelt oder eine fürchterliche Dummheit begangen hatte. Das richtige Geld, dies war ihr mittlerweile klargeworden, wurde in Augsburg verdient und nicht in ihrer arg verschlafenen Heimatstadt München, die wie zu Kaiser Ludwigs Zeiten vom Salzhandel lebte und von den Aufwendungen des herzoglichen Hofes. Da Herzog Wilhelms Einnahmen, die er durch Steuern, Abgaben, Zölle und Geldstrafen erzielte, nicht einmal für seine

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