Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)
« , entgegnete der Comte de Foix durchaus gutmütig und füllte seinen Weinbecher erneut. » Wir waren alle mit unseren kleinen Scharmützeln beschäftigt, hatten Angst, einen winzigen Zipfel Land an einen Nachbarn zu verlieren, hockten daher meist auf unseren Burgen und beäugten uns gegenseitig misstrauisch. «
Er lachte bitter auf, nahm einen tiefen Schluck aus dem Becher und begann dann, im Zimmer auf und ab zu gehen. Der Wein schien seinen Redefluss noch zu verstärken.
» Wir hörten, dass ein paar Ritter aus dem Norden hierher unterwegs waren, und freuten uns auf die Gefechte mit ihnen, denn ein Mann rostet ebenso wie sein Schwert, wenn zu lange Frieden herrscht. Woher sollten wir ahnen, dass sie über uns herfallen würden wie ein gefräßiger Heuschreckenschwarm, um wider jedes Ehrgefühl zu morden und zu zerstören? Dass sie sich Diener des Herrn nennen, in Wahrheit aber gewöhnliche Räuber sind? «
Der Comte versetzte einem Schemel in der Zimmerecke einen Tritt, sodass dieses Möbelstück gegen die Wand flog. Dann schwankte er kurz und musste sich am Tisch festhalten, denn er hatte vermutlich schon einige Krüge Wein geleert, bevor seine Besucherinnen erschienen waren.
» Gott sei mit Euch, Onkel. Wir werden für Euch beten « , versprach Olivette, während sie das Zimmer verließ. Adelind neigte den Kopf zum Abschied, doch schien der Comte sie nicht mehr wahrzunehmen. Sie sah für einen Augenblick noch sein aschgraues, erschöpftes Gesicht, dann fiel die Tür hinter ihr zu.
» Sollte er dir als seiner Nichte nicht Begleitschutz nach Dun anbieten? « , fragte sie Olivette, die nur mit den Schultern zuckte.
» Im Augenblick ist er betrunken und hat andere Dinge im Kopf. Ich denke, ich stelle mich morgen noch einmal bei ihm vor. Lasst uns einfach einen Diener fragen, wo wir übernachten können. «
Ihnen wurde ein winziges Zimmer im obersten Ende des Turmes zugewiesen, in dem ein altes Kastenbett stand. Drei Dienstmägde brachten Laken, Kissen und Decken, um es für die Nacht herzurichten. Ein Zuber mit heißem Wasser folgte, ebenso wie zwei schlichte schwarze Gewänder, die wohl in aller Hast aufgetrieben worden waren, da sie etwas muffig rochen. Das Fehlen einer Burgherrin zeigte sich in ebendiesen Kleinigkeiten, erkannte Adelind, doch war sie froh, sich der inzwischen völlig verschmutzten Bauernkleider entledigen zu können. Beharrliches Nachfragen verhalf ihnen schließlich auch zu zwei dunklen Schleiern, sodass sie sich nach dem Bad wieder in gottesfürchtige Katharerinnen verwandeln konnten. Die Diener brachten schließlich ein schlichtes Mahl aus Brot und Früchten, denn sie wussten wohl, dass keine von Tieren gewonnene Nahrung erwünscht war.
Schließlich saßen Adelind und Olivette nebeneinander auf dem Bett und tranken ebenfalls Wein, wenn auch in geringeren Mengen als der Comte. Sie befreiten ihre Füße von den Holzpantinen, die Hugues ihnen besorgt hatte. Adelind betrachtete blutig geriebene Schürfstellen, an denen sich bereits frische Blasen abzeichneten, und hoffte, sie würden wenigstens ein paar Tage in der Burg bleiben. Vielleicht konnte einer der Bediensteten ihr eine heilende Salbe besorgen.
» Hugues und die anderen treffen sich heute Abend in einer domus in der Nähe der Kirche, die gleich neben der Burg steht « , wurde sie von Olivette aus ihren Gedanken gerissen. » Sie wollen besprechen, wie es mit uns allen nun weitergehen soll. Ich würde gern hingehen. Meine Mutter würde nicht wollen, dass ich meinen Gefährten fernbleibe, nur weil ich fürstlicher Abkunft bin. «
Adelind nahm es seufzend hin, auch wenn dies bedeutete, dass sie ihre Füße weiteren Qualen würde aussetzen müssen. Ein Wachmann an der Eingangspforte bot ihnen seinen Begleitschutz bis zu dem Haus der Perfachs an. Adelind überkam der Drang, in albernes Lachen auszubrechen, denn angesichts der Dinge, die sie in den letzten Wochen erlebt hatte, war der Weg durch Pàmias in der Abenddämmerung nichts weiter als ein harmloser Spaziergang. Gleichzeitig aber freute es sie, den bewaffneten Hünen in ihrem Rücken zu wissen, denn sie wusste nun, dass Sicherheit auch im Languedoc nicht mehr selbstverständlich war.
Die domus wurde von einfachen Webern bewohnt, allesamt Perfachs, die von dem Erlös ihrer Arbeit lebten. Es befanden sich auch Frauen und Kinder dort, denn viele der Männer hatten Familien gehabt, bevor sie sich für ein Leben in Keuschheit entschieden, und diese waren mit ihnen gekommen. Adelind
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