Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)
aneinanderrieben, doch trug er nun Handschuhe, sodass er sich keine weiteren Abschürfungen mehr zufügen konnte. Sein Blick floh vor Adelinds Gesicht und irrte eine Weile verloren über die Landschaft.
» Hochwürden, jetzt gebt uns bitte eine Antwort. Wir können nicht den ganzen Tag hier verbringen « , drängte der bärtige Ritter. Dominique stieß einen leisen, murrenden Laut aus. Erneut sah er Adelind an.
» Ich kenne diese zwei Menschen nicht und denke, sie sind das, was sie sagen, also gewöhnliche Bauern « , verkündete er dann. Sein Blick blieb an Adelind haften.
» Die Ketzer, die wir suchen, sind vermutlich schon in der Obhut des Comte de Foix, aber er wird sie nicht lange schützen können. Beharren sie auf ihrem Irrweg, so wird Gottes Strafe sie bald schon treffen. Aber wir sollten erst einmal nach Carcassona zurückkehren, um die weiteren Entscheidungen Simon de Montforts abzuwarten. «
Er neigte kurz den Kopf, und Adelind ahnte, dass diese Botschaft vor allem ihr gegolten hatte. Dann sah sie die vier Reiter in aller Ruhe den Hügel hochtraben, um schließlich im Wald zu verschwinden. Ihre Knie gaben endgültig nach, und ein schwarzer Schleier legte sich vor ihre Augen. Das Letzte, das sie spürte, war Peyres’ Griff an ihrer Taille, der sie davor bewahrte, zu Boden zu stürzen.
18. Kapitel
A delind hatte niemals geahnt, wie wohltuend der Anblick unverwüsteter, von ganz alltäglichem Leben erfüllter Dörfer sein konnte. Sie zogen nun unbehelligt an einzelnen Holzhütten und den wehrhaften, im Kreis angelegten Siedlungen vorbei, wie sie in dieser Gegend verbreitet waren. Die Anwohner bewirteten sie großzügig, auch wenn die Geschichten der Flüchtlinge sie in Trauer und Angst versetzten. Weinberge ragten in die Höhe, Weizenfelder beugten sich im Wind und versprachen eine ausgiebige Ernte. Das Drehen der Windmühlen wurde von Krieg und Zerstörung, die nur einige Meilen von dieser sommerlichen Landschaft tobten, nicht behindert. Adelind saugte die Unversehrtheit der Gegend in sich auf, um wieder zu begreifen, wie einfach und gleichzeitig schön das Leben sein konnte. Veronica und Felice liefen mittlerweile flott einher, Olivette freute sich auf das bevorstehende Wiedersehen mit ihrer Mutter, nur sie selbst wusste nicht, wie sie in dieser Welt wieder Zufriedenheit finden konnte. Nun, da die stete Angst vor dem eigenen Tod ihr nicht mehr wie ein Schwert im Nacken hing, vermochte sie endlich um Hildegard zu trauern. Nacht für Nacht zogen die Erinnerungen an ihr stets gemeinsam verbrachtes Leben vor ihren Augen vorbei, und das Gefühl, ohne die Schwester nicht mehr gänzlich sie selbst zu sein, verdüsterte jeden Ausblick auf die Zukunft. Um Hildegards willen war sie eine Perfacha geworden, und nun sollte sie dies bleiben, denn es entsprach sicher Gottes Willen und wäre auch der Wunsch ihrer Schwester gewesen. Tief in ihr aber nagte die Sehnsucht nach einem völlig anderen, freien und unbeschwerten Leben, wuchs mit jedem Tag, da sie Hildegards Tod als unabänderlich hinzunehmen lernte.
Peyres wahrte nun Abstand. Nach der unerwarteten Rettung durch Dominique de Guzmán hatte er kaum ein Wort mehr mit ihr gesprochen, das über die notwendige Planung des Weges nach Pàmias hinausging. Manchmal meinte sie, seinen Blick wie ein Streicheln auf ihrem Rücken zu spüren, doch sobald sie sich zu ihm umdrehte, hatte er sich wieder abgewandt. In den Nächten, da Albträume von Hildegards Tod sie heimsuchten, wünschte sie sich, er würde sie einfach in seine Arme schließen und wärmen, doch legte er sich meist in größtmöglicher Entfernung von ihr nieder. Sie wagte nicht, ihn selbst aufzusuchen, denn es war nicht ihre Art, um Zuneigung zu betteln.
Nach einer Woche erreichten sie Pàmias. Wehrhafte Türme ragten in die Höhe, und steinerne Mauern versprachen Sicherheit, doch wusste Adelind bereits, wie trügerisch sie war. Das Heer würde auch diese Festung zermalmen oder sich durch eine List Eingang verschaffen, sobald es diesen Ort erreicht hatte. Trotzdem genoss sie den Anblick einer unversehrten Stadt mit schreienden Händlern und ihrer feilschenden Kundschaft, wohlhabenden Bürgern, die selbst in sommerlicher Hitze pelzverbrämte Umhänge zur Schau stellten, den oft nicht minder herausgeputzten katholischen Klerikern und den bescheidenen Perfachs, die hier friedlich Seite an Seite lebten. Hugues kannte einige Katharer in Pàmias, die Handwerker oder Kaufleute waren und ständig Arbeitskräfte
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