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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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überlegte, ob nun wirklich völlige Enthaltsamkeit zwischen den Eheleuten herrschte. Vielleicht gab es andere Mitglieder der ecclesia Dei, die ebenso wie sie selbst manchmal schwach wurden. Der Gedanke beruhigte sie, doch versetzte der Anblick von liebevollen Gesten, die einige dieser Männer weiterhin mit ihren Frauen tauschten, ihr einen Stich. Plötzlich sehnte sie Peyres’ Nähe herbei, konnte ihn aber nirgends erkennen. Hugues plauderte mit dem Diakon, dem diese domus unterstellt war. Neben ihm saßen Felice und Veronica, gefolgt von ihrer Mutter und zahlreichen anderen Gesichtern, die Adelind auf der gemeinsamen Flucht kennengelernt hatte. Olivette war bald schon in angeregte Gespräche vertieft. Adelind selbst versuchte zulauschen, aber ihre Gedanken führten sie immer wieder fort.
    Schließlich brach der Diakon das Brot, das Paternoster wurde gesprochen und ein gemeinsames Mahl eingenommen. Man einigte sich schnell, dass Pàmias kein wirklich sicherer Ort wäre, sobald die Kreuzritter hier auftauchten. Der Name der Festung Montsegur fiel mehrfach, und etliche Familien beschlossen, sich baldmöglichst auf den Weg zu machen.
    » Ich möchte zunächst zu meiner Mutter nach Dun « , mischte Olivette sich nun ins Gespräch. Sie vermochte inzwischen völlig selbstbewusst zu reden, obwohl viele Fremde zugegen waren.
    » Auch dort könnte das Heer hinkommen. Das Dorf hat nicht einmal eine Mauer « , entgegnete der Diakon. Hugues nickte zustimmend.
    » Trotzdem möchte ich meine Mutter sehen « , beharrte Olivette.
    » Ich werde mit ihr gehen « , verkündete Adelind nun und erhielt ein dankbares Lächeln von Esclarmondes Tochter. Der Diakon runzelte die Stirn angesichts so viel weiblichen Eigensinns, doch Hugues zuckte nur mit den Schultern.
    » Das Mädchen ist die Nichte des Grafen. Er wird ihnen sicher Begleitschutz geben. Später können sie immer noch nach Montsegur kommen. «
    Die Angelegenheit schien damit erledigt. Adelind war klar, dass sie vermutlich schon am nächsten Tag aufbrechen würden, und sie freute sich auf das Wiedersehen mit Esclarmonde. Dennoch war ihr unwohl. Es gab einen Menschen, von dem sie sich verabschieden musste, bevor sie ging. Sie nutzte den Augenblick, da einige der Frauen aufstanden, um ihre müden Kinder ins Bett zu bringen, und setzte sich an Hugues’ Seite.
    » Wo ist Peyres? «
    Er schien keineswegs überrascht. Seine Augen blitzten wieder leicht spöttisch und gleichzeitig voller Nachsicht.
    » Er wollte nicht an dem Gespräch teilnehmen, da er kein Mitglied unserer Kirche ist. Stattdessen sitzt er in einem Wirtshaus, gleich um die Ecke. Na los, geht hin. Er wird sich freuen. «
    Adelind erhob sich ohne Zögern. Kurz winkte sie Olivette zu, dann lief sie aus dem Haus und schlug den Weg in die Richtung ein, aus der das Brüllen betrunkener Männer drang. Ein paar Burschen schwankten ihr entgegen und stießen Pfiffe aus, als sie an ihnen vorbeiging. Adelind zog den Schleier tiefer in ihre Stirn, dann schob sie die Eingangstür auf. Die Luft stank nach dem Rauch von Kienspänen und nach Männerschweiß. Es war laut, zudem dunkel, denn zahlreiche Körper standen zwischen ihr und den brennenden Lichtquellen. Lautes Grölen begrüßte Adelind, als sie zögernd eintrat, und sie musste Hände abwehren, die an ihrem Schleier rissen.
    » Lasst sie in Ruhe! Das ist keine Hure! «
    Erleichtert, Peyres’ Stimme zu hören, schubste Adelind ein paar der Männer zur Seite, doch stellten sich ihr sogleich andere in den Weg. Wütend fegte sie dreiste Hände fort. Ein Wirtshaus war wohl kein Ort, den eine Frau zu fortgeschrittener Stunde allein aufsuchen sollte.
    » Sie ist eine Perfacha, die der Schwester des Grafen nahesteht « , vernahm sie nochmals Peyres, der sich auch bald schon zu ihr durchgekämpft hatte. Als sie ihn endlich dicht vor sich stehen sah, schlang sie vor Freude die Arme um seinen Hals, was noch lauteres Gejohle nach sich zog.
    » Also wie eine Heilige benimmt die sich nicht. Bist du dir sicher, dass du sie nicht verwechselst? «
    Adelind ließ Peyres beschämt wieder los.
    » Lass uns nach draußen gehen. Diesen Ort ertrage ich im Augenblick nicht « , schrie sie, um gegen den allgemeinen Lärm anzukämpfen. Er schob sie ohne Zögern hinaus. Die Abendluft war wohltuend wie frisches Wasser nach einem langen Marsch in glühender Hitze. Adelind genoss es, von Lärm und Rauch erlöst zu sein, staunte gleichzeitig, dass sie plötzlich so empfindlich geworden war, denn sie hatte

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