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Die Kinder aus Nr. 67

Die Kinder aus Nr. 67

Titel: Die Kinder aus Nr. 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Tetzner
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meinte Heiner, »so hätten wir das nicht gebracht.«
     
    »Das Fest«, schrieb Vater Brackmann jetzt weiter, »ist als ein Maskenball gedacht. Jeder wird gebeten, sich zu verkleiden und zu maskieren. Die dazu nötigen Masken sind, soweit sie nicht selbst angefertigt werden können, durch das Maskenverleihgeschäft Mathilde Manasse zu geringen Ausleihgebühren zu beziehen. Alle Leihgebühren für die Masken kommen ebenfalls der Gemeinschaftskasse zugute.
     
    Einer für alle, alle für einen!
     
    Das Festkomitee verspricht Tanz, Musik, Darbietungen künstlerischer Art und Überraschungen.«
     
    »Uff!« Vater Brackmann hob den Kopf und betrachtete sein Werk.
     
    »Künstlerische Darbietungen?« fragten die Kinder. »Wie sollen wir denn das machen?«
     
    »Ja, wie dachtet ihr denn sonst den Abend zu verbringen? Ich hoffe, ihr habt ein Riesenprogramm, damit genügend läuft.«
     
    Wally: »Ich kann die ›Glocke‹ aufsagen, oder den »Handschuh von Schiller.«
     
    Lotte: »Und ich kann det »Mädchen aus der Fremde‹.«
     
    Emil: »Ich kann 'n bißchen zaubern. So, kiek mal.« Er sprang auf und stellte sich auf einen Stuhl. Er streckte seine Arme aus und hielt den Daumen in die Höhe.
     
    »Geehrte Anwesende, Sie sehen hier einen Daumen, einen richtigen Daumen, meinen ureigensten Daumen. Jetzt werde ich den Daumen verschwinden lassen. Hokuspokus!! Wo ist der Daumen? Haben Sie so etwas schon gesehen?«
     
    Emil kniff den Daumen in die Faust und drehte mit taschenspielerischer Geschicklichkeit seine Faust vor der Nase hin und her, so daß keiner den Daumen mehr sah.
     
    Die andern höhnten: »Junge, Junge, det ist ja gar nichts. Viel zu wenig, so wat zieht nicht.«
     
    Emil kletterte beschämt von seinem Stuhl.
     
    Vater Brackmann: »Das Programm denkt euch alleine aus und laßt es für uns 'ne Überraschung sein. Es gibt sicherlich auch 'ne Anzahl Hausbewohner, die dabei helfen werden. Im Aufgang c wohnt doch im zweiten Hof ein richtiger Zauberkünstler und links drüben im Vorderhaus ein Stehgeiger aus 'nem Kaffee. Vielleicht helfen sie euch und machen auch mit.«
     
    Damit wurde die zweite Versammlung geschlossen.
     
    Lotte, Wally und Heiner zeichneten am nächsten Tag mit Tusche auf die von Frau Manasse gestiftete Pappe den schwarzen Text, und das war wirklich nicht einfach, zumal die anderen Kinder sich um sie drängelten und zusehen wollten. Der Pinsel rutschte einigemal aus. Aber endlich sah es ganz manierlich aus. An einer Stelle hatten sie ein i vergessen. Zum Glück war es nur ein kleines i und nicht ein a. Das i war so schmal, daß man es dazwischen quetschen konnte. Das fehlende Komma machte einige Tage später ein unbekannter Hausbewohner mit Rotstift.
     
    »Nun seht euch nur det an«, rief Heiner ärgerlich, als er es entdeckte. »Da geh' ich doch jede Wette drauf ein, det war 'n Lehrer.«
     
    Sie überlegten gemeinsam, wer in ihrem Häuserblock Lehrer sein könnte. Ihr Verdacht fiel auf Herrn Bockelmann im Vorderhaus. Er war ein kleiner, schmaler, immer gut angezogener Mann, der stets mit einem Regenschirm spazierenging, sogar dann, wenn die Sonne schien. Nie ging er ohne Mantel, und was ihn besonders auszeichnete, war eine Brille. Er trug sie meist auf der Stirn, aber sobald ihn jemand aus dem Haus grüßte, blieb er stehen, schob rasch die Brille auf die Nase und sah dem Betreffenden nach. Keiner kannte ihn näher oder wußte etwas von ihm. An seinem Küchenfenster, das nach dem Hof hinausging, hatte er in einem Glas einen Laubfrosch und auf der anderen Seite ein Wetterhäuschen.
     
    Die Hausbewohner blieben wirklich alle vor dem Plakat stehen und redeten darüber. Besonders im Bäckerladen und im Gemüsekeller schwatzten viele über den kommenden Maskenball.
     
    Auch die Kutscher von den großen Abfallwagen, die die Ascheneimer leerten, blieben stehen und fragten, was für eine Neuerung das sei, und ob sie da auch kommen dürften. Denn eigentlich gehörten sie ja mit zum Haus, ohne sie würde das ganze Haus im Dreck ersticken, und noch mehr solche Dinge sagten sie.
     
    Nach drei Tagen hatte irgendein anderer unter das Plakat »Quatsch« geschrieben.
     
    »Det is sicher ein Politischer«, meinte Erwin, »so ein ganz rabiater.«
     
    Sie waren sich nur nicht einig, ob er ein linker oder ein rechter sei. Auch die Stelle, die von Frau Manasse handelte, war rot unterstrichen und darunter stand: Jüdische Geschäftsreklame. »Daran sieht man gleich, det es ein Rechter is, so ein ganz

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