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Die Kinder aus Nr. 67

Die Kinder aus Nr. 67

Titel: Die Kinder aus Nr. 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Tetzner
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begann ihm Spaß zu machen. Immer mehr Mitbewohner fragten nach dem Maskenball und gaben ihre Ratschläge dazu.
     
    Der Portier riet mehrmals: »Geht doch da oder dorthin.«
     
    Eines Tages brachte er sogar aus einer Wohnung einen buntbemalten Lampenschirm und am andern Tag legte er seine eigene Uhrkette dazu. Sie sah sehr vornehm aus und war beinahe aus Gold. Er brauchte sie nicht mehr, da ihm der Hauswirt an Weihnachten eine Armbanduhr geschenkt hatte. Seitdem lief er immer mit dem Uhrenarmband herum, damit es alle sehen sollten.
     
    Nur die Illumination schien zu mißlingen. Jedesmal, wenn sie wieder zögernd in den Seifenladen traten, rief die Seifenmüllern: »Wat wollt ihr denn schon wieder? Lichter spendieren, ausgerechnet ich, wo ich manchmal kaum einen Fünfziger am Abend in der Ladenkasse habe. Hier liegt mein letzter Lichtervorrat, und wenn der zu Ende ist, kann ich keine neuen kaufen. Da kommt ausgerechnet ihr mit eurem Unsinn daher und wollt auch noch wat zum Stiften für 'ne Illumination. Soll ich vielleicht mein eigenes Elend beleuchten?«
     
    Die Kinder waren sehr erschrocken. Die Seifenmüllern hielt sich dabei die Ohren zu, als fürchte sie sich vor ihren Worten.
     
    »Aber Frau Müller.« Erwin legte schüchtern seine Hände auf den Ladentisch. »Ich begreife gar nicht, Ihr Geschäft is doch sehr nützlich. Seife braucht jeder Mensch, und die Weihnachtslichter haben Se nur so nebenbei.«
     
    Er überblickte die gefüllten Regale. Persil, Seifenpulver, Schmierseife, Soda. Was gab es da nicht alles. Das brauchte doch jede Mutter im Haus.
     
    »Nützlich, nützlich«, schrie Frau Müller immer erboster. »Natürlich ist's nützlich. Aber sie kaufen ja alles nur noch im Konsum oder im Warenhaus. Wer kommt denn schon zu 'ner alten Frau ins Ecklädchen.«
     
    Die Kinder sagten: »Auf Wiedersehen, Frau Müller!« und »Entschuldigen Sie!« und schlichen beklommen hinaus.
     
    Draußen vor dem Laden berieten sie.
     
    »Die Frau dürfen wir nicht mehr quälen«, sagte Erwin. »Der müssen wir ein Angebot machen und richtig was abkaufen aus der Mieterkasse, damit sie auch wat vom Maskenball hat.«
     
    »Vielleicht sollten wir ihr raten, ein anderes Geschäft anzufangen, wat besser geht«, sagt Mirjam.
     
    Emil fuchtelte mit seinen Händen in der Luft umher. »Is nicht«, sagte er. »Mein Vater hat sich det auch schon oft überlegt. Er stöhnt immer: ›Bücher wollen die Leute nich mehr kaufen, aber fang' ich morgen 'n Hutgeschäft an, kommt die hutlose Mode. Und mach' ich 'n Wäschegeschäft auf, gehen die Leute plötzlich ohne Wäsche, fang' ich aber 'n Sarggeschäft an, stirbt womöglich keen Mensch mehr!‹«
     
    Alle lachten über Emil. Er sagte oft so komische Sachen.
     
    Trotz dieses Mißerfolges vermehrten sich die Geschenke zur Lotterie.
     
    Eines Tages stürmte Lotte glücklich mit einer grellblau lackierten Gipsfigur, einem Engel, der einen Palmwedel hielt und dem ein goldener Stern auf dem Kopf balancierte, über den Hof, als Fräulein Holm aus der Tür trat.
     
    Fräulein Holm wohnte in Untermiete bei Johns oben. Sie war blaß und still und sah sehr vornehm aus. Jeden Morgen verließ sie das Haus und kehrte erst am Abend spät zurück. Niemand wußte, wo sie arbeitete und was sie tat. Aber alle hatten sie gern. Sie war jederzeit freundlich und grüßte jeden im Haus.
     
    »Kinder«, sagte Fräulein Holm und hielt Lotte an, die mit Marta zusammen den Engel trug. »Kann ich nicht einmal eure Tombola sehen? Sie erzählen im Haus allerlei über das große Fest und seine Vorbereitungen.«
     
    Lotte nahm Fräulein Holm mit in die Wohnung und dort durfte sie jedes Stück in die Hand nehmen und ansehen. Große Freude hatte Fräulein Holm an dem Kinderwagen, den Erwin und Heiner sehr sorgfältig neu gestrichen hatten und der nun hell und freundlich glänzte.
     
    »Das ist ja ein herrlicher Hauptgewinn.« Sie streichelte fast zärtlich über den alten, ausgedienten Wagen, der nach hinten ein wenig überhing, von der Last seiner ehemaligen Insassen, aber der nun erfreut schien über die viele Ehre, die ihm angetan wurde.
     
    »Wer wird ihn wohl gewinnen?« fragte Fräulein Holm.
     
    »Det is ja gar nicht der Hauptgewinn«, schrie Lucie, »sondern det hier.« Sie hielt mit großer Mühe den Engel hoch. »Det gibt unsern Hauptgewinn.«
     
    Fräulein Holm verzog den Mund, als ob sie was Bitteres und zu Salziges gegessen hätte, so daß alle Kinder lachen mußten.
     
    »Das würde ich

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