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Die Kinder aus Nr. 67

Die Kinder aus Nr. 67

Titel: Die Kinder aus Nr. 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Tetzner
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rabiater«, stellte Erwin fest.
     
    Willi pfiff durch die Zähne und sagte nichts, weil er doch auch am Maskenball teilnehmen wollte. Sie hatten aber alle auf ihn gesehen. Nun versuchten sie, den Schandfleck abzuwaschen und auszuradieren, aber eine trübe, schlechte Stelle blieb zurück, und die störte sehr.
     
    Inzwischen gingen Lotte, Wally und die Zwillinge Marta und Lucie mit ihren Sammellisten von Tür zu Tür, denn jetzt hatten alle genügend Zeit gehabt, sich mit dem Maskenball vertraut zu machen. Als erste, sozusagen als lockendes Vorbild, schrieb Frau Manasse sich ein. »Mathilde Manasse«, stand da, »Maskenverleih... 10 Reichsmark bar und alle nötigen Masken.«
     
    »Is ja ungeheuer viel«, stellten alle fest, und ihre Hochachtung vor der Maskenmanasse stieg.
     
    »Da sieht man mal wieder«, meinte Erwin tiefsinnig, »erst dachten wir alle, det sei nur so eine dumme Geschäftsfrau, die uns alle nicht leiden könnte, und nun erkennt man, det sie innen drinnen ganz anders is.«
     
    Unter Frau Manasse folgte: »Werkmeister Brackmann: vier Dutzend Lichter zur Illumination und viel gute Laune.« Das klang vielleicht etwas komisch, aber es sah doch lustig aus, und die andern wurden dadurch sofort auf die Illumination aufmerksam gemacht.
     
    In allen Wohnungen wurden die Mädchen ausgefragt. »Wer ist denn nun eigentlich das Festkomitee? Ihr müßt det doch wissen! Is es am Ende der Hauswirt selber, der sich seine Mieten sichern will?«
     
    »Wir dürfen nichts sagen«, kicherten die Mädchen, »aber der Hauswirt is es bestimmt nicht. Der weiß noch gar nichts davon.« Sie benahmen sich sehr geheimnisvoll und hielten unentwegt ihre leere Zigarrenschachtel für Geldspenden hin.
     
    Beinah jeder schrieb sich ein. Nur im Haus h wohnte unten im Parterre ein Mann mit einem struppigen Bart. Es war ein Setzer aus der Druckerei. Der schrieb unter seinen Namen: »Ihr könnt mich ... Verzichte.«
     
    Natürlich nahmen sie jetzt an, er sei derjenige gewesen, der »Quatsch« unter ihr Plakat geschrieben hatte. Sie wurden aber unsicher, als auch im Haus b die Putzfrau Reimer hinter ihren Namen schrieb: »Denk' nich daran. Quatsch.«
     
    Und noch zwei andere machten stillschweigende Striche: die Witwe Weyermann. Ihr vergaben sie es, ihr Sohn war vor wenigen Tagen wegen Einbruch ins Gefängnis gekommen. Sie schämte sich zu sehr, einen Einbrecher zum Sohn zu haben, und darum begriffen sie recht gut, daß sie nicht mitmachen wollte.
     
    Und noch einer machte einen Strich, das war die Familie Kurth im Vorderhaus. Ihr Kind war gestorben. Sie gingen schwarz gekleidet und hatten keine Lust, Maskenbälle zu besuchen.
     
    Zum Schluß sah ihre Liste sonderbar aus. Es waren Zehner, Zwanziger, Fünfziger, eine Mark und drei Zwei-Mark-Stücke gezeichnet worden. Emils Vater schrieb: »Fünf Bücher.« Die Weißnäherin Fritsche schrieb: »Zwei selbstgenähte Kinderhemden.« Und der Schuster gab Gutscheine für zwei Paar Kindersohlen. Eine andere Frau drückte Wally eine geblümte Kaffeetasse mit Teller in die Hand.
     
    Jetzt standen die Mädchen zwischen den anderen Kindern im Hof und zählten das Geld und überlegten, was man auf einem Maskenball mit Büchern, Kinderhemden und Tassen machen sollte.
     
    Frau Manasse hatte einen guten Einfall. »Ihr macht eine Tombola«, riet sie.
     
    »Eine Tombola?« fragte Lotte. »Wat is denn det?«
     
    Tante Mathilde: »Det gibt es auf jedem richtigen Maskenball und Wohltätigkeitsfest. Es is ne Art Lotterie. Det Los kann zwanzig Pfennige kosten. Jedes dritte oder vierte Los gewinnt und zwar bei euch Sachen wie Kinderhemden, Gutscheine für Stiefelsohlen, Bücher, Tassen und anderes.«
     
    Das war ein sehr, sehr guter Gedanke, und es war außerdem eine neue Einnahmequelle.
     
    »Wir könnten uns auch noch andere Gewinne ausdenken und welche einsammeln.«
     
    Marta erinnerte sich, daß in einem verlassenen Keller einige Blumentöpfe von Mietern zurückgelassen worden waren. »Wenn wir in den Wald gehen und in unserem Rucksack Erde und Pflanzen holen, kann jeder gefüllte Topf ein Gewinn werden. Vielleicht gibt uns auch der Gärtner Arnold an der Ecke für Botengänge Blumenzwiebeln und Pflanzen.«
     
    Immer neue Einfälle kamen. Sie brauchten nur gemeinsam ein wenig nachzudenken. Es gab so unendlich viel, was zu Geld gemacht werden konnte, um ein Gewinn zu werden.
     
    Viel länger und schwieriger gestalteten sich die Verhandlungen mit dem Bäcker Hennig und der Roßschlächterei

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