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Die Kinder aus Nr. 67

Die Kinder aus Nr. 67

Titel: Die Kinder aus Nr. 67 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Tetzner
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im zweiten Hof. Ganz schlecht gingen sie mit der Seifenmüllern aus.
     
    Der Eisjakob hatte ohne weiteres geschrieben: »Die halbe Einnahme von dreihundert Eiswaffeln.«
     
    Erwin schlug vor, die Eiswaffeln recht dünn zu füllen und vielleicht fünfhundert daraus zu machen.
     
    »He, du Pfiffikus«, lachte der Eisjakob, »damit dann die Bewohner über meine schlechte Ware schimpfen. Nein, lieber gut oder gar nichts. Das ist meine Devise.« Dann beugte er sich zu Erwin und erklärte: »Fünfhundert setze ich bestimmt nicht um. Kenne mein Geschäft. Das Geld sitzt bei unsern Leuten nicht so locker.«
     
    Dem Roßschlächter mußten sie erst sehr lange zureden, aber dann schrieb auch er: »Einige Dutzend Roßbratwürstchen, fünfzig Prozent von der Gesamteinnahme für die Mieterschutzkasse«, setzte er dahinter.
     
    Erwin probierte auch hier seinen Vorschlag, die Würste halb so groß zu machen und noch einige Dutzend mehr zu stiften.
     
    Aber der Roßschlächter sagte: »Keine Bange, ich mache sie sowieso nicht zu groß.«
     
    Den Bäcker Hennig überredete Paul. Er erklärte sich »unter Vorbehalt« — sie wußten nicht recht, was das zu bedeuten hatte — bereit, Pfannkuchen und Backwerk zu stiften.
     
    »Aber hoffentlich gibt er keine zu altbackenen«, grollte Paulchen ungehalten. »Mich geht's zwar überhaupt nichts an, denn wir wohnen ja gar nicht mehr hier und haben von eurer Mieterkasse keinerlei Profit. Und ihr habt mich auch gar nicht mit in euer Komitee aufgenommen.«
     
    Da sahen sich die Kinder bedeutungsvoll an. Wie dumm doch der Paul war. Er ahnte noch gar nichts. Eigentlich war er ja die Veranlassung zum Maskenball.
     
    Heiner rief unvorsichtigerweise: »Geht dich nichts an? Paule, Pauliken, du wirst noch staunen!«
     
    »Pst«, machte Erwin und legte ihm seine Hand auf den Mund. Und Mirjam rief: »Bitte, bitte, nichts verraten, sonst ist das Geheimnis weg.«
     
    »Was ist denn nur?« fragte Paul.
     
    Mirjam hüpfte von einem Bein auf das andere. »Paul, ich weiß etwas, was du nicht weißt. Willst du raten?«
     
    Paul fragte abermals: »Was ist's denn, so sag's doch schon.«
     
    »Es fängt mit...« — Mirjam überlegte — »mit f an.« Sie wollte damit sagen: »Für euch ist das alles.«
     
    »Mit f?« Paul versuchte nachzudenken, »mit großem oder kleinem f.«
     
    »Mit 'nem kleinen f.«
     
    »Nein«, rief Erwin, »es fängt mit ›eu‹ an.« Und er dachte an »eure Wohnung«.
     
    Mirjam verstand ihn sofort und fuhr fort: »Nein, nicht mit »eu«, sondern mit einem großen »W«. Sie fand die Wohnung das wichtigere.
     
    Paul begriff nun überhaupt nichts mehr, und am liebsten hätte er geheult.
     
    »Gebt doch nicht so an«, jammerte er. »Nehmt mich lieber mit ins Festkomitee. Wenn ich auch nicht mehr hier wohne, so bin ich doch hier geboren und gehör' zu euch. Wo geboren sein ist mehr, als wo wohnen.«
     
    Heiner: »Reg dich nich auf. Wirst noch dein blaues Wunder erleben. Staunen wirste. Besorg uns lieber noch weitere Gewinne für die Tombola.«
     
    Mirjam verbesserte: »Ach, sag doch lieber Lotterie, det ist leichter.«
     
    Heiner: »Ich hab' in der Zeitung gelesen, auf dem Presseball gab's einen richtigen Mercedes-Wagen, Fahrräder und Möbel als Gewinne. Da können wir noch nicht mit.«
     
    Erwin: »Ich könnte Mutter fragen, ob sie unsern alten Kinderwagen stiftet, denn Mutter hat gesagt, sie will nun keine Kinder mehr, weil wir schon fünf sind. Fünf Finger hätten gerade ihre rechte Hand und an der linken wollte sie nicht erst anfangen, Kinder abzuzählen. Dann käme sie am Ende noch bis zehn, und so viel hätten nicht Platz in der Wohnung.«
     
    Einen Kinderwagen, überlegte Mirjam. Det is auch was Fahrbares, wenn auch kein Mercedes.
     
    Die Kinder machten nun einen zweiten Rundgang durch alle Wohnungen und bettelten neue, entbehrliche und ausrangierte, aber noch reparaturfähige Sachen zusammen. Mutter Brackmann gab wirklich den alten Kinderwagen zum Besten der Mieterkasse. Der Maler Gundert stiftete zwei Töpfe Ölfarbe dazu, die nahmen sie zum Aufmalen. Wally nähte aus einer alten, aber kaum verwaschenen, nur zu eng gewordenen Schürze neue Gardinen und ein neues Innenfutter. Frau Brackmann half ein wenig dabei.
     
    Alle Gewinne wurden in der leeren Wohnung des Briefträgers aufgestapelt. Der Portier überließ den Kindern sogar bis zum Maskenball den Schlüssel. Das hieß sehr viel. Er war ein knurriger, etwas unzugänglicher Mann. Aber die Sache

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