Die Kinder der Elefantenhüter
nur noch Kleinholz übrig, und einen Augenblick später bezahlten die Randalierer den Schaden, entschuldigten sich und suchten in der Nacht das Weite.
Ich freue mich also, Bent zu sehen, wie immer, versteh aber nicht, warum er hier ist und sich zusammen mit Tilte und den Hunden versteckt. Egal, ich schließe mich ihnen an.
Bent schlägt mir auf den Rücken, er hat eine Hand wie ein Kabelspaten.
»Habt ihr die schon mal gesehen«, flüstert er.
»Im Store Bjerg «, haucht Tilte.
»Die sind älter, als es diese Typen normalerweise sind«, flüstert Bent.
»Die eine sagt, sie ist Bischöfin. Und der andere: Professor«, haucht Tilte.
Bent starrt verkniffen vor sich hin.
»Wo’s Hasch reingeht, geht’s Hirn raus«, flüstert er.
Mit Bents Augen begreife ich jetzt auch die Realitäten. Eben noch waren die vier auf der Leiter hochstehende Mitbürger mit wichtigem Auftrag, jetzt erkenne ich, was Beamter Bent und Mejse sehen müssen, nämlich vier kriminelle Drogenabhängige, die im Begriff sind, ihrem nächtlichen Tun nachzugehen. Und langsam ahne ich die ehrfurchtgebietenden Konturen von Tiltes Strategie. Sie hat Bent auf der Wache angerufen, die gleich nebenan liegt, und einen Einbruchsversuch gemeldet. Ich muss an unsere religiösen Studien denken: Alle großen spirituellen Persönlichkeiten haben darauf verwiesen, dass die Welt in hohem Maße aus Worten gemacht ist.
»Sollte man sie nicht stoppen?«, haucht Tilte.
Bent schüttelt den Kopf.
»Wir warten auf zweierlei. Erstens dass sie das Fenster aufbrechen. Dann ist es Einbruch, und sie sind auf frischer Tat ertappt, Paragraph 276. Zweitens auf John, ich habe ihn angerufen. Die da schrecken vor nichts zurück.«
Rettungs-John ist in der nächsten Sekunde bei uns wie ein Schatten in der Nacht, aber ein Schatten, wie ihn ein Bierlaster wirft, um Johns Größe zu verdeutlichen. Im Alltag leitet er den Rettungsdienst auf Finø, und zwar den gesamten: Seenotrettungsdienst, Feuerwehr, Falck-Krankenwagenstation, Wachdienst. Wenn ich ihn kurz beschreiben soll, würde ich sagen, er ist ein weiterer Freund der Familie und ein Mann, auf den man sich in allen Situationen gern verlässt, außer beim jährlichen Frühlingsball zugunsten des Finø Boldklubs, denn keiner hat ihn je anders gesehen als in Overall und knallroten Sicherheitsstiefeln Größe zweiundfünfzig mit Stahleinlage.
Währenddessen hat Professor Thorlacius-Drøbert Tiltes Fenster aufgestemmt und den Oberkörper ins Zimmer geschoben und damit technisch gesehen einen Einbruch begangen, obwohl Tilte und ich natürlich wissen, dass das Fenster nie verriegelt ist, sondern lediglich zugemacht. Aber darauf haben Beamter Bent und Rettungs-John nur gewartet, sie treten an die Leiter und rütteln vorsichtig an ihr.
Wer schon einmal auf einer hohen Leiter gestanden hat, an der gerüttelt wird, weiß, wie eiskalt und abgebrüht man sein muss, um in einer solchen Lage Ruhe zu bewahren. Die vier auf der Leiter sind weder kalt noch abgebrüht. Sie stoßen ein Gebrüll aus. Und als erste landet Sekretärin Vera auf der Erde.
Keine Ahnung, welchen Empfang eine Bischofssekretärin gewohnt ist, aber trotz Dunkelheit ahnt man eine ArtVerblüffung, als John und Bent sie herumgewirbelt und ihr Handschellen angelegt haben.
»Lassen Sie auf der Stelle die Frau frei!«
Anaflabia Borderrud hat ihre Stimme erhoben, ihre Autorität könnte Bataillone dazu bringen, sich flach auf den Boden zu legen und alle viere von sich zu strecken.
Aber Beamter Bent und Rettungs-John haben schon Orkanen gegenübergestanden, ohne dass man ihnen etwas angemerkt hätte, weshalb die Bischöfin des Bistums Grenå unversehens, vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben, in Handschellen gelegt wird.
Jetzt schütteln John und Bent die Leiter noch einmal, wie man einen Birnbaum schüttelt, und bereiten sich darauf vor, Minna Thorlacius-Drøbert wie Fallobst aufzufangen.
»Thorkild, Hilfe!«
Ihr Schrei treibt den Professor aus Tiltes Zimmer zurück auf die Leiter und die Leiter hinunter, mit der ganzen Sicherheit eines Mannes, der gewohnt ist, die Dinge zu regeln und zurechtzurücken.
Er bleibt auf der untersten Sprosse stehen und entschließt sich zu dem Versuch, das gemeine Volk durch eine Ansprache zur Vernunft zu bringen.
»Mein Name ist Thorlacius-Drøbert«, sagt er. »Ich bin Professor am Neuen Bezirkskrankenhaus in Århus.«
»Sehr erfreut«, sagt Beamter Bent. »Ich bin der Metropolit von Finø.«
Beamter Bent ist ein kluger Mann,
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