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Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Titel: Die Kinder der Nibelungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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erschreckend.«
    »Das waren die Schwarzalben«, sagte der Alte, als würde dieser eine Satz alles erklären, und Gunhild fragte nicht weiter. Hätte ihr Vater das gesehen, er wäre sprachlos gewesen, weil gerade Gunhild Fragen ohne Ende stellte, wenn ihr eine Erklärung zu vage war. Und die Erklärung des alten Marines in dem grauen Gewand war alles andere als erschöpfend. Doch Gunhild nickte nur, und die Sache schien für sie damit erledigt zu sein.
    Siggi bemerkte dies wohl, traute sich aber nicht, anstelle seiner Schwester weiter zu fragen, aber er mahnte sich an, dies zu tun, sobald wieder die Rede von diesen Wesen war, die der Alte ›Schwarzalben‹ genannt hatte.
    »Aber warum haben sie uns verfolgt?«, fragte Hagen und fuhr fort: »Wir haben ihnen doch nichts getan!«
    »Das hat keine Bewandtnis, Junge«, begann der Alte. »Dass sie euch gehetzt haben, ist etwas, was ich mir beim besten Willen auch nicht erklären kann. Ich weiß nicht, warum die Schwarzalben nach Midgard gekommen sind«, schien der Alte mehr zu sich als zu Hagen und den Geschwistern zu sagen. »Es muss etwas Großes vorgefallen sein. So einfach gehen sie nicht über die Grenze.«
    Der Graue, wie Siggi ihn jetzt für sich nannte, sah sie an. Sein Blick schien sie zu durchdringen. Er sah zwar alt aus, hatte aber nicht die Haltung eines alten Mannes. Siggi kannte seine Großväter und andere ältere Männer, die gebeugt gingen, da ihre Muskeln erschlafft, ihre Gelenke steif geworden waren. Der Graue hingegen schien derlei Gebrechen nicht zu kennen. War das Gesicht auch ledrig und von Falten gefurcht, so steckte in diesem Mann doch noch eine seltsame Kraft. Siggi erschien es daher einfach unpassend, ihn als ›der Alte‹ zu bezeichnen. Daher war seine Kleidung ein willkommener Anlass, ihm einen Namen zu geben, wenn er denn seinen schon nicht verraten wollte.
    »Berichtet mir«, sagte der Graue unvermittelt, und er wandte sich an Gunhild, die ihn mit großen Augen ansah. »Was ist geschehen? Erzählt es mir von Anfang an!«
    »Mein Bruder hatte die Idee, ein Picknick zu machen, also sind wir oben zu der Lichtung am Berg gefahren«, begann Gunhild. »Weißt du, unterhalb des großen Felsens, von wo aus man den Rhein sehen kann. Da oben waren wir auch, und auf dem Rückweg waren wir am Siegfriedsbrunnen …«, begann Gunhild die Aufzählung des Tagesablaufs.
    »Am welchem Brunnen?«, unterbrach sie der Graue. Ein seltsamer Zug schlich sich sein Gesicht.
    »Dem mit der Inschrift. Von den Nibelungen.«
    »Den Nibelungen …« Er sprach das Wort aus, als hätte es eine tiefere Bedeutung, die keinesfalls angenehme Erinnerungen weckte. »Was habt ihr da gemacht?«
    »Ach, ich habe mich an den alten Aberglauben erinnert, wo es heißt, wenn man dreimal um den Brunnen tanzt, darf man sich was wünschen und der Wunsch geht in Erfüllung. Dann hat es einen mächtigen Donnerschlag gegeben, und keiner konnte erklären, woher er kam …«
    »Nichts ist unerklärlich«, unterbrach sie der Graue wieder, und Siggi glaubte im Gesicht des Grauen eine wilde Anspannung zu lesen. »Es gibt keinen Zufall; das habe ich in langen Jahren erkannt. Sagt mir: Wer seid ihr?« In seinem Gesicht zuckte es nervös, als erwarte er etwas sehr Wichtiges.
    »Ich bin Gunhild.«
    »Mein Name ist Hagen.«
    »Und ich heiße Siegfried.« Siggi sah in das Gesicht des Grauen.
    Für einen Moment verlor der Alte die zur Schau getragene Beherrschung, als hätte er etwas gehört, das er nicht glauben konnte, etwas, das zwar nicht gerade unmöglich, aber sehr unwahrscheinlich war. Unter der Lederhaut des geschlossenen Auges zuckte es wild. Dieser Moment der Überraschung dauerte nur einen Lidschlag, dann hatte der Einäugige sich wieder gefasst; er wirkte zwar immer noch angespannt, aber nicht mehr so, als hätte man ihn mit Eiswasser übergossen.
    »Es war sehr unvorsichtig von euch, am Sommersonnwendtag solchen Eingebungen zu folgen. Das ist ein heiliger Tag, an dem Dinge, die ihr Aberglauben nennt, Wirklichkeit werden«, sprach der Graue, und sein Gesicht wirkte dabei sehr ernst. Seine Stimme hatte den amüsierten Unterton verloren, und er blickte mit seinem einen Auge jedes der drei Kinder an. Siggi fühlte sich unter diesem Blick gestraft und irgendwie schuldig; sogar Gunhild konnte dem Bann dieses Blicks nicht widerstehen. Nur Hagen versuchte trotzig, dem Auge des Alten Widerstand zu bieten, aber auch er wandte sein Gesicht schließlich ab.
    »Ihr wisst gar nicht, was ihr getan habt.

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