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Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Titel: Die Kinder der Nibelungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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Felsplatte schob sich fast geräuschlos zur Seite.
    »Schnell!«
    Sie huschten durch die Spalte, und hinter ihnen schloss sich der Fels wieder. Siggi blickte sich rasch um, aber es war keine Spur von einer Tür mehr zu sehen.
    Sie befanden sich auf einem hohen Sims, und von ferne hörten sie das Rauschen eines Wasserfalls. Ein Lichtschein in der Ferne wies auf eine Öffnung hin, und Siggi erkannte, dass es sich um die Stelle handelte, wo sie das Reich der Lichtalben betreten hatten und wo er zuvor fast in den Abgrund gestürzt war. Doch bevor er etwa sagen konnte, sah er zwei weitere von ihrem Trupp, Modi und Magni, die auf sie warteten und ihnen mit Gesten geboten, zu schweigen.
    Laurion zog ihn und Gunhild zu sich heran. »Leise«, hauchte er. »Seht nach unten. Schwarzalben.«
    Das Geräusch von Trommeln kam aus der Tiefe, und weit unter ihnen bewegten sich rote Lichter.
    Modi deutete nach rechts, und sie alle schlichen so lautlos, wie es im ungewissen Dämmerlicht der Höhle nur möglich war, das Gesims entlang. Die Höhle verengte sich, bis die gegenüber liegende Wand nur noch wenige Meter entfernt war, dennoch unerreichbar über den tiefen Abgrund, der sich zu ihren Füßen auftat. Schließlich mussten sie sich ducken, weil die Decke sich bis zu ihren Köpfen niedersenkte. Hier waren sie bestimmt nicht hergekommen, dachte Siggi; aber er konnte sich nicht mehr erinnern, welchen anderen Weg sie genommen hatten.
    Schließlich hatten sie die Engstelle überwunden und konnten auch wieder aufrecht stehen. Laurion zog sie in eine Nische.
    »Wir befinden uns hier in dem umstrittenen Gebiet zwischen Lichtalbenheim und den Brutstätten des Gezüchts«, sagte er, und man merkte den Hass, der in seinen Worten mitschwang, als er das dunkle Volk erwähnte. »Dieses Gebiet wimmelt von Schwarzalben; sie marschieren hier zum Krieg auf. Wir müssen versuchen, ihr Reich weiträumig zu umgehen, um uns von hinten heranzuschleichen. Doch dieser Weg ist nicht frei von Gefahren; seid ihr dazu bereit, es zu wagen?«
    »Natürlich!«, sagte Siggi, der bei dem Wort ›Gefahren‹ automatisch nach seinem Hammer gegriffen hatte. »Na klar«, fügte er etwas leiser hinzu.
    »Was für Gefahren?«, fragte Gunhild, die sich selber wunderte, dass sie sich hier als die Besonnenere erwies.
    »Der Weg ist mit vielen Fallen bestückt. Und vor allem müssen wir erst einmal diese Schlucht überqueren.«
    »Wie soll das geschehen?«
    »Kommt!«
    Sie folgten ihm, bis die Höhle sich wieder öffnete. Aus der Tiefe war das leise Rauschen eines Baches zu hören. In den Nebeln, welche die hochgewirbelten Wassertropfen erzeugten, sahen sie eine Brücke.
    Es war eine natürliche Felsbrücke. Sie spannte sich ohne ein Geländer über die Tiefe, mindestens sechs, sieben Meter lang; es war schwer zu schätzen, weil sich das andere Ende im Dunst verlor. Und sie war höchstens einen halben Meter breit.
    »Da sollen wir rüber?«, fragte Gunhild.
    »Widar und Wali erwarten uns auf der anderen Seite. Ich gehe zuerst, dann ihr, dann Yngwe und die Übrigen.«
    »Okay«, sagte Siggi. Gunhild schaute ihn an, als sei ihr kleiner Bruder nicht ganz dicht.
    Sie gingen im Gänsemarsch, ein paar Schritte auseinander. Siggi hatte die Augen zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen und die Lippen aufeinander gepresst, doch er hielt seinen Hammer fest umklammert. Hier, kam ihm der plötzliche Gedanke, würde ihm auch der Ring nicht helfen. Ob unsichtbar oder nicht, wenn er hier runterfiel, war er tot. Lieber nicht daran denken, lieber nicht an das Wasser denken, das da unten in der Tiefe brodelte … Dann war er drüben.
    Er seufzte erleichtert auf. Jetzt bloß nicht mehr zurück, war sein einziger Gedanke. Dann hörte er ein Poltern hinter sich und merkte, dass Gunhild nicht hinter ihm war.
    Er drehte sich um. Gunhild stand auf der Mitte des Steges. Sie hatte ihren Speer verloren, der irgendwo unten in die liefe trudelte. Sie hielt die Augen geschlossen, die Arme von sich gestreckt, und schwankte wie im Wind, doch das Einzige, was sich bewegte, war das tosende Wasser weit, weit unter ihnen.
    »Gunni!«
    Gunhild wusste, dass Siggi sie rief, aber sie konnte sich nicht bewegen.
    Sie hatte nie solche Angst gespürt. Sie war immer forsch und frech gewesen, hatte nie ein Risiko gescheut. Obwohl sie ihrem kleinen Bruder immer zur Seite gestanden hatte, hatte sie doch nie geahnt, wie es wirklich war, Angst zu haben. Und jetzt hatte sie Angst.
    »Gunhild, komm!«
    Sie bewegte die

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