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Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Titel: Die Kinder der Nibelungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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einem Mal war ihr bewusst, dass sie noch nie etwas so Schönes besessen hatte. Sie hatte auf Schmuck und solche Dinge nie besonderen Wert gelegt, aber jetzt hatte sie das Gefühl, als ob das Halsband auch sie schön machte, schöner, als sie je gewesen war. Und auch das hatte für sie eigentlich bislang nie eine Rolle gespielt.
    Gunhild blickte auf. Die Lios-alfar sahen sie an. Da war ein Funkeln in den Augen der Männer, das sie nicht zu deuten vermochte. Es war nicht feindselig, und es war ihr in keiner Weise unangenehm.
    Und doch. Diese Geschichte …
    »Vorsicht!«, mahnte Laurion. »Hier wird es eng.«
    Ein Teil des Ganges war eingestürzt, die Trümmer versperrten den halben Gang. Sie mussten über das Geröll klettern, um ihren Weg fortsetzen zu können.
    Galant reichte Laurion Gunhild die Hand, und diese ergriff, ohne nachzudenken, die dargebotene Hilfe, obwohl sie sich genauso gut auf ihren Speer hätte stützen können.
    »Danke«, murmelte sie.
    »Bitte, stets zu Diensten«, entgegnete Laurion förmlich und lächelte, aber es war nicht der Schalk, der in seinen Augen glänzte, sondern etwas, das Gunhild unbekannt war.
    Sie setzten ihren Weg fort, Laurion hatte die Spitze übernommen, der Graue hielt sich dicht auf seinen Fersen, ihm folgten Siggi und Gunhild. Danach kamen die fünf Lios-alfar, die ihnen helfen sollten, Hagen aus den Klauen der Schwarzalben zu befreien.
    Als Siggi an die gesichtslosen Jäger dachte – die Worte der Königin vom ›Gewimmel der verkrümmten Sklaven‹ waren ihm nicht aus dem Kopf gegangen -, griff er unwillkürlich nach seinem Hammer. Diesmal würde er nicht weglaufen, sondern es so halten, wie Laurion gesagt hatte. Wiederkehren und es ihnen im Kampf zeigen. Er hatte nun eine Waffe und immer noch sein Geheimnis. Es war ihm gelungen, den Ring unauffällig in einen Lederbeutel zu schmuggeln, der am zum Lederwams gehörenden Gürtel hing.
    Unauffällig tastete er nach dem Goldreif, der schwer an ihm zog, aber das Gewicht war spürbar leichter geworden. Vielleicht gewöhne ich mich daran, dachte Siggi, und er hoffte, das es so war.
    Auf jeden Fall fühlte Siggi sich selbstsicher. Der Ring und der Hammer, das war seine Chance, es den Schwarzalben heimzuzahlen!
    Plötzlich hielt der Graue an, als hätte er sich an etwas Dringendes erinnert, das er noch erledigen müsste.
    »Ich werde euch hier verlassen«, verkündete er ohne Vorwarnung.
    »Hast du wieder eigene Pläne, Alter?«, fragte Laurion spöttelnd.
    »Das geht dich nichts an!«, meinte der Graue, um dann versöhnlicher fortzufahren: »Es gibt viele Wege, die zum Ziel führen.«
    »Tu, was du willst«, sagte Laurion lapidar.
    Grußlos verschwand der Graue in einem abzweigenden Gang, der, so schien es Siggi, nach unten führte.
    Sie sahen dem Grauen nach, wie er im Zwielicht des Ganges verschwand. Ein lautes Krächzen der Raben war wie der Abschiedsgruß, der ihnen der Alte verweigert hatte. Dann war er aus ihrem Blick verschwunden.
    »Komischer alter Kauz«, ließ sich einer der Lios-alfar vernehmen. Auch von den anderen kamen gemurmelte Bemerkungen, die nicht sonderlich schmeichelhaft für den Alten waren.
    »Lasst Einauge seiner Wege gehen. Es ist nicht leicht für ihn. Zu sehr leidet er …«, sagte Laurion und ließ seinen Satz unvollendet.
    »Worunter leidet er denn?«, fragte Gunhild. »Und wer ist er überhaupt?«
    »Er hat uns immerhin vor den Schwarzalben gerettet«, sagte Siggi, der das Verhalten der Lios-alfar gegenüber dem Grauen als respektlos empfand, trotz aller Vorbehalte, die er selbst gegenüber dem Alten hatte.
    »Er hat viel verloren. Nicht nur sein Augenlicht, sondern fast alles, was er je erreicht hat«, erklärte Laurion. »Und er war einst groß.«
    »Wer ist er?«, fragte Siggi. »Er macht den Eindruck, als wäre er sehr weise; manchmal zumindest.«
    »Weise?« Laurion klang wie ein Echo. »Weise? Ja, das ist er wohl. Und du weißt sogar, wie er an seine Weisheit gekommen ist.«
    »Woher …«, Siggi unterbrach sich selbst. Dann erinnerte er sich an die Geschichte, die der Graue erzählt hatte: Wie Ygg seine Weisheit erlangte …
    »Aber das ist nicht möglich …!«, entfuhr es ihm.
    »O doch«, entgegnete Laurion. »Dieser alte Mann, der euch vor den Schwarzalben rettete und der so viele Namen hat, ist kein anderer als Allvater Odin selbst …«
    Siggi und Gunhild sahen sich an.
    »Du meinst«, sagte Gunhild, »ein Gott? «
    »Ein richtiger Gott?«, fügte Siggi hinzu.
    Sie hatten bislang schon

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