Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan
Ich habe darüber nachgedacht, dass ich, falls ich jemals vor die gleiche Entscheidung gestellt werde wie Charlie, hoffentlich genug Mumm haben werde, um das Gleiche zu tun.«
»Das hoffe ich auch«, sagte John. »Aber ich glaube nicht, dass man wissen kann, wie man in einer solchen Situation handeln würde, ehe man es wirklich tun muss, oder was meinst du? Natürlich möchte sich jeder gern mutig zeigen, aber nicht jeder kann so aufopferungsvoll sein.«
»Und was willst du damit sagen, Bruderherz?«
John zuckte die Achseln. »Nur, dass ich nicht weiß, ob ich so mutig sein könnte wie Charlie, mehr nicht. Und ich glaube, dass man das erst weiß, wenn der Moment gekommen ist.«
»Ich glaube,
ich
weiß es«, sagte Philippa.
»Schön für dich«, sagte John. »Aber ich nicht. Noch nicht. Mehr will ich damit nicht sagen.«
»Glaubst du denn nicht, dass manche Dinge es wert sind, dafür zu sterben?«, fragte Philippa.
»Natürlich tue ich das. Aber ich finde, um wirklich mutig zu sein, muss man zuerst Angst haben. Und an dem Punkt bin ich gerade. Wenn man nicht zuerst Angst hat, ist das, was man tut, nicht mutig, sondern – was weiß ich – verrückt, waghalsig oder unbesonnen.« John lächelte. »Aber hör mal, Phil, das ist alles nur Gerede, nicht? Diese ganze Unterhaltung ist rein theoretisch, oder? Es gibt keinen echten Anlass, darüber zu reden, dass man für eine Sache sein Leben opfert, nicht?«
Philippa zuckte die Achseln. »Nein, vermutlich nicht. Ich wollte einfach, dass du weißt, wie ich über diese Dinge denke.«
John lächelte. »Als ob ich das nicht wüsste«, sagte er.
Auch Nimrod war tief beeindruckt von Charlies mutiger Selbstaufopferung. Er hatte kaum an etwas anderes gedacht, seit sie die Bestattungsfeier am Docker River verlassen hatten. Und es war nicht zu übersehen, dass der Tod des beherzten Aborigines auch auf die Kinder gewaltigen Eindruck gemacht hatte. Er sah und hörte sie miteinander reden und fragte sich, ob dies vielleicht der richtige Zeitpunkt war, das heikle Thema der Taranuschi-Prophezeiung anzusprechen und die ziemlich barbarische Vorstellung, für die Rettung der Welt ein Paar Dschinnzwillinge zu opfern.
Nicht dass er an die Prophezeiung glaubte – jedenfalls nicht an jenen Teil, in dem es um die Opferung von Dschinnzwillingen ging; doch es war kaum zu leugnen, dass bestimmte Aspekte von John und Philippas Dasein mit dem übereinstimmten, was Taranuschi über zwei Dschinn gesagt hatte, die Zwillingsgeschwister und wahre Kinder des Dschinn seien und sich als einzige echte Gefährten der Aufgabe stellen könnten, die Welt vor flammender Finsternis und Zerstörung zu retten.
Anfangs hatte Nimrod entschieden, dass es besser sei, die Prophezeiung den Zwillingen gegenüber gar nicht zu erwähnen, weil er davon ausging, dass sich niemand gern sagen lassen wollte, das zukünftige Überleben des Planeten könne von seinem oder ihrem Tod abhängen.
Doch nachdem Alexandra diese unangenehmen Dinge in Kandahar zur Sprache gebracht hatte, erwartete Nimrod, dass John oder Philippa von selbst darauf zu sprechen kommen würden. Und als das nicht geschah, dauerte es abermals eine ganze Weile,ehe ihm klar wurde, dass es Alexandra immer so erging: Niemand erinnerte sich je an das, was sie den Menschen prophezeite.
Das war ihr Fluch: Man glaubte ihr nicht.
Inzwischen war Nimrod der Ansicht, dass er den Zwillingen doch von der Prophezeiung erzählen sollte – schließlich ist Wissen eine zumindest potenzielle Macht, und wer gewarnt ist, ist auch gewappnet –, wartete aber noch auf die richtige Gelegenheit dafür. Als er ihr Gespräch über Charlies Selbstaufopferung mitanhörte, kam er zu dem Schluss, dass sie nun in der richtigen geistigen Verfassung seien, um über solche Dinge zu reden.
Er hätte es vorgezogen, sich unter vier Augen mit den beiden zu unterhalten, ohne dass Groanin, der Professor und Axel mitbekamen, worüber sie sprachen. Groanin würde mit Sicherheit etwas beisteuern, was nicht gerade hilfreich war. Eine Zeit lang erwog Nimrod, irgendwo zu landen und ein ruhiges Fleckchen zu suchen, wo er in Ruhe mit den Zwillingen reden konnte, doch der Anblick der vielen Aschewolken über Indonesien überzeugte ihn, dass für solche diplomatischen Akte keine Zeit mehr war und sie so schnell wie möglich in die Mongolei gelangen mussten.
Schließlich rief er die Zwillinge zu sich und erzählte ihnen unumwunden, was Taranuschi, der erste große Dschinn, vorhergesagt
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