Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan
wusste sehr wohl, dass Groanin nicht reserviert hatte. Dennoch war ihm daran gelegen, dass sein Gast sich klein und dumm vorkam und spürte, welch gewaltige Zumutung es für das Personal bedeutete, dass er sich nach einem Zimmer erkundigte.
»Hätte ich das tun sollen?«, fragte Groanin zurück.
»Wir haben Hochsaison«, sagte Angus. »Normalerweise ist es um diese Zeit brechend voll.«
Groanin musterte die vielen Schlüssel, die hinter dem Empfangstresen an der Wand hingen. Allem Anschein nach war das Hotel komplett leer, was er als schlechtes Zeichen hätte deuten sollen, doch das tat er nicht.
»Das glaube ich Ihnen aufs Wort.«
»Sie können Zimmer zweiundzwanzig haben«, sagte Angus.»Bezahlt wird im Voraus, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Und wenn es Ihnen was ausmacht, auch.«
»Wirklich sehr gastfreundlich.«
Groanin öffnete seine Geldtasche, holte den Beutel heraus und schob ein paar Scheine über den Empfangstisch. Angus achtete kaum auf das Geld, das auf ihn zukam; er interessierte sich wesentlich mehr für die große Summe Bargeld, die Groanin in seiner Tasche bei sich trug. Die zigtausend Pfund, die John mit Dschinnkraft dorthinein befördert hatte.
»Morgen früh brauche ich eine Ausgabe des
Daily Telegraph
, ein englisches Frühstück und dann ein Transportmittel«, sagte Groanin. »Ein Taxi zum Flughafen, falls er wieder offen ist. Oder zum Bahnhof, falls nicht.«
»Es gibt ein schottisches Frühstück, wenn Ihnen das gut genug ist«, sagte Angus. »Und wir kriegen nur den
Daily Express
.«
»Damit würde ich nicht mal einen Hamsterkäfig auslegen«, meinte Groanin. Er nahm dem Schotten entnervt den Schlüssel aus der Hand und ging hinauf in sein Zimmer.
Angus sah ihm nach und griff dann zum Telefon, um von der interessanten Geldtasche eines Engländers Bericht zu erstatten.
Der Abstieg
Anfangs ging Johns Abstieg in den riesigen Krater langsam und gleichmäßig vonstatten. Es dauerte ein paar Minuten, bis er genug Zuversicht gewonnen hatte und sich imstande fühlte, sich von der Felswand abzustoßen und wie ein Angehöriger eines Sondereinsatzkommandos nach unten zu sausen. Während ihm das Adrenalin durch die Adern rauschte und er immer wieder wie ein Squashball mit den Füßen von der Wand abprallte, stieß er einen lauten Jubelschrei aus.
»Das macht Spaß!«, schrie er.
»Er scheint zu wissen, was er tut«, stellte Axel fest.
»Das wollen wir hoffen«, erwiderte Nimrod.
Als er den Wandfuß erreichte, schlug John einen Haken ein, an dem er sich sicherte, und winkte dann zu Nimrod und den anderen hinauf. Starker Schwefelgeruch erfüllte die verbrannte Luft um ihn herum, und von Zeit zu Zeit wurde die unheimliche Stille im Krater vom Poltern eines Lavabrockens unterbrochen, der auf das tiefer liegende Basaltgestein stürzte.
Der rote Staub unter Johns Stiefeln, der die Senke des Kraterbodens bedeckte, bewegte sich verräterisch. Selbst durch die dicke Gummisohle konnte John die Hitze spüren. Fels- und Schieferbrocken rollten die Senke hinab wie winzige Skifahrer, die in eine Lawine geraten waren, und ohne das Seil als Sicherung hätte Johnihnen leicht nachfolgen können. Stattdessen begann er am Wandfuß entlang auf den rauchenden Spalt zuzuklettern. Ohne die Hilfe der Schwerkraft kam er nur langsam und mühsam voran. Von Zeit zu Zeit blickte er sich um und sah hinter dem Rauch für einen kurzen Moment einen sanften rötlichen Schimmer und mitunter orangefarbene Funken aufleuchten, als füttere die schuppige Hand eines unsichtbaren Dämons aus den schrecklichsten Tiefen der Erde einen versteckten Hochofen. Für jemanden, der irgendwo in einem stillen Park auf dem Rasen lag, dachte John, musste es unvorstellbar sein, dass der Erdboden eine derartige Gewalt in sich barg.
»Da fragt man sich wirklich, was wir so unter den Füßen haben«, sagte er zu sich selbst.
Das Atmen wurde immer schwieriger. Mehrmals musste John innehalten, weil er einen Hustenanfall bekam. Beim dritten Mal tränkte er ein Taschentuch mit Wasser und band es sich um Mund und Nase. Eigentlich hätte er stehen bleiben und seine Lavaproben an Ort und Stelle einsammeln können, doch dichter am Spalt gab es noch wesentlich bessere. Er setzte den Weg fort. Als er den Schatten erreichte, den der östliche Kraterrand in die Senke warf, hielt er einen Moment inne, damit seine Augen sich an die plötzliche Düsternis gewöhnen konnten. Als er nach oben sah, bemerkte er, dass die anderen vom aufsteigenden Rauch fast
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