Die Kinder des Dschinn. Das Akhenaten-Abenteuer
und rief: »Nimrod? Kannst du uns hören? Bist du okay?«
Die Wände des Kruges waren sehr dick. Eine leise Stimme antwortete wie aus weiter Ferne, doch weder John noch Philippa konnten die Worte verstehen.
»Was machen wir jetzt?«, fragte John.
Schon hörten sie die Rufe der Wachleute, die die Treppe auf der Westseite heraufeilten.
»Wir können den Krug nicht einfach hier lassen«, meinte Philippa. »Sonst öffnet ihn vielleicht jemand und lässt Akhenaten aus Versehen heraus.«
»Stimmt«, sagte John.
Die Dschinn-Priester setzten sich auf den Boden von Raum 65, als erwarteten sie ruhig ihre Verhaftung.
»Komm mit«, sagte John zu Philippa. »Ich habe eine Idee.« Er nahm den Idiotenfilter und lief in die entgegengesetzte Richtung der Treppe. »Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
Das stimmte. Die ersten Wachmänner kamen bereits die Mosaikstufen herauf. Ihr Erstaunen über die siebzig Männerin altertümlichen ägyptischen Festgewändern war deutlich zu hören.
»Zum Teufel«, sagte einer von ihnen. »Wo kommen die denn plötzlich alle her?«
»Was macht ihr hier?«, fuhr ein zweiter einen Dschinn-Priester an. »Soll das hier eine Art Hausbesetzung sein? Oder irgendeine Aufführung?«
»Ruft die Polizei«, sagte ein dritter. »Ruft das Innenministerium an. Und die Einwanderungsbehörde. Ich glaube, die Typen sind Ausländer.«
»Es könnten Demonstranten sein«, meinte ein anderer. »Über die stand was in der Zeitung.«
Da so viele kahlköpfige Männer die Tür zu Raum 65 blockierten, konnten die Wachleute nicht sehen, dass zwei Kinder aus dem Mumiensaal in Richtung der griechischen und römischen Sammlungen flüchteten.
John führte Philippa in einen Raum, in dem einige kleinere römische und etruskische Vasen von geringerer Bedeutung ausgestellt waren. Es war eine warme Nacht, und im Britischen Museum herrschte eine schwüle Hitze. Er spürte, dass seine Dschinn-Kraft vom kühlen englischen Klima nicht beeinträchtigt wurde, konzentrierte sich einen Moment lang ganz auf das Vitrinenglas und rief dann: »ABECEDERISCH!«
Gleich darauf erschien im Schaukasten eine Tür. John öffnete sie und begann, die Ausstellungsstücke umzustellen.
»Was machst du da?«
»Das wirst du gleich sehen. Gib mir den Krug.«
Philippa reichte ihrem Bruder den Steinkrug, in dem Nimrodund Akhenatens Geist steckten. John stellte ihn ganz vorsichtig nach hinten auf einen hölzernen Sockel, den er zuvor abgeräumt hatte und der die Beschriftung »Vase aus Apulien« trug.
»Sie werden den Unterschied gar nicht merken«, sagte er überzeugt und verbannte die echte Vase aus Apulien auf die andere Seite des Schaukastens. Zufrieden mit dem Ergebnis, schloss er die Tür.
»Wäre es nicht besser gewesen, den Krug in einer der ägyptischen Galerien aufzustellen?«, gab Philippa zu bedenken.
»Kann sein«, sagte John. »Aber wahrscheinlich wimmelt es da gerade von Wachleuten. Und außerdem überprüfen sie vielleicht tagelang alle Gegenstände, um zu sehen, was gestohlen wurde. Vielleicht schließen sie die Galerien sogar für eine Weile. Dagegen wirkt dieser Raum unberührt.«
»Das ist alles schön und gut«, sagte Philippa. »Aber wo sollen
wir
uns verstecken?«
»Auch daran habe ich gedacht«, sagte John und zeigte auf eine kobaltblaue Vase, die allein in einem Glaskasten stand. Er sammelte bereits seine ganze Dschinn-Kraft, um ein kleines Loch in den Deckel des Kastens zu brennen, durch das sie hineinschlüpfen könnten.
»Aber wir haben doch noch nie eine Umwandlung gemacht«, sagte Philippa. »Nicht ohne Hilfe. Und vor allem nicht in einem kühlen Klima.«
»Wir haben aber keine andere Wahl«, beharrte John. »Wenn wir es nicht tun, werden die Wachen uns schnappen. Man wird uns wahrscheinlich nach Hause schicken, und Onkel Nimrod wird ewig hier drin eingesperrt sein. Außerdem ist es einehübsche Vase. Und falls du es noch nicht bemerkt haben solltest: Es ist eine sehr warme Nacht. Ich fühle mich richtig stark. Wir schaffen das bestimmt.« Er nahm ihre Hand. »Wir schlüpfen in die Vase, und morgen, wenn der ganze Tumult vorbei und die Luft wieder rein ist, kommen wir raus, nehmen den Steinkrug mit Onkel Nimrod und gehen nach Hause.«
»Warum gehen wir nicht einfach jetzt nach Hause?«, fragte sie.
»Weil wir es nicht riskieren können, unsere Dschinn-Kräfte auf den Krug anzuwenden, solange Akhenatens Geist da drin steckt. Wir müssen warten, bis das Museum morgen Vormittag um zehn wieder aufmacht. Dann versuchen
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