Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka
wünschte …«
»Nicht«, sagte Nimrod. »Denken Sie daran, was ich gesagt habe. Niemand wünscht sich etwas. Ganz egal aus welchem Anlass.«
»Falls Sie es vergessen haben«, erwiderte Groanin, »bin ich in dieser Mannschaft der Einzige, der kein Dschinn ist. Daher ist es für niemanden von Belang, was ich mir für mich oder meine Füße wünsche.«
Nimrod seufzte. »Die Pause ist vorbei«, sagte er und nahm seinen Rucksack.
»Sklaventreiber«, brummte Groanin.
Sie schleppten sich weiter. Auch wenn es sich in Philippas Fall eher so anfühlte, als schwebe sie auf Wolken.
Nach etwa einer Stunde kamen sie um eine Biegung und sahen, dass der gelbe Steinweg durch eine Allee hoher gewundener Pflanzen führte. Das Erste, was ihnen auffiel, waren weniger die rosafarbenen Blüten oder ihre unheimlichen und bedrohlichen Bewegungen, sondern eher der Mann, der in einer kompletten Inkarüstung zwischen den Pflanzen herumkroch. Hinter einen großen rechteckigen Schild gekauert, schien er nach etwas zu suchen.
»Das ist Virgil Macreeby«, sagte John.
»Stimmt«, bestätigte Nimrod.
»Scheint, als hätte er Angst vor etwas«, stellte Groanin fest.
»Es sind die Blumen«, sagte Philippa. »Sie sehen aus wie Blasrohre.«
»Deshalb die Rüstung und der Schild«, sagte Nimrod. »Diese Pflanzen scheinen giftige Pfeile abzufeuern.«
Wie zur Bestätigung schlugen mehrere Pfeile gegen Macreebys Inkaschild und prallten mit einem leisen metallischen Geräusch davon ab, wie Regentropfen auf einem Wellblechdach. Macreeby schrie verängstigt auf. Dann brach er in lauten Jubel aus, als seine dicken Finger zufällig auf das stießen, wonach er offensichtlich suchte: eine goldene Scheibe.
»Das ist eine der Sonnentränen«, sagte Zadie, die sie soforterkannte. »Ich habe sie aus dem Peabody-Museum in New Haven gestohlen.«
»Anscheinend haben sie eine davon verloren, als sie das erste Mal hier durchkamen«, sagte Philippa.
»Wahrscheinlich sind sie vor diesen Pflanzen geflüchtet«, stimmte Nimrod ihr zu.
»Und jetzt ist er zurückgekommen, um sie zu holen«, fügte Philippa hinzu.
»Dann ist es noch nicht zu spät«, stellte Nimrod fest. »Sie müssen das Ritual noch vollenden.«
Immer noch jubelnd, rappelte sich Macreeby mit der goldenen Scheibe in der Hand auf und brachte sich auf der anderen Seite der Vampirpflanzen in Sicherheit, etwa dreißig Meter von seinen Verfolgern entfernt. Er wollte gerade davonlaufen, als Nimrod ihn anrief.
»Macreeby, warten Sie bitte einen Augenblick!«
Macreeby drehte sich um, und als er Nimrod erblickte, winkte er diesen zu sich. »Kommen Sie her und lassen Sie uns reden«, rief er.
»Wir bleiben lieber hier«, meinte Nimrod. »Bis wir wissen, wie wir an diesen giftigen Pflanzen vorbeikommen.«
Macreeby lachte. »Ich fürchte, sie sind mehr als nur giftig. Sie trinken Blut. Trotzdem würde ich gern eine mitnehmen. Wäre interessant zu sehen, wie sie sich zu Hause im Blumenladen machen. Aber vermutlich braucht es mehr als einen grünen Daumen, um sie zu züchten. Meinen Sie nicht?«
Eine der Vampirpflanzen in Macreebys Nähe spuckte einen Pfeil aus, der knapp vor seinem Schild landete.
»Sehen Sie, was ich meine?«, fragte Macreeby. »Aber vielleicht finden Sie ja ein paar Rüstungen. Oder auch nicht. Ich frage mich, warum Sie nicht einfach einen Wunsch aussprechen, um die Pflanzen oder mich endgültig loszuwerden.« Macreeby sah zum Himmel auf, als halte er nach einem Dschinnangriff von oben Ausschau.
»Ich wollte Ihnen zunächst Gelegenheit für eine Wiedergutmachung geben«, bluffte Nimrod.
»Das ist wirklich anständig von Ihnen, alter Knabe. Übrigens bin ich erleichtert und froh zu sehen, dass du gesund und munter bist, Zadie. Ich hoffe, du bist nicht böse. Es war mit Sicherheit nicht meine Idee, dich zurückzulassen.«
»Ich bin nicht böse, Virgil«, sagte Zadie.
»Das ist Ihre letzte Chance, Macreeby«, sagte Nimrod. »Legen Sie die Scheibe hin und geben Sie auf. Oder ich verwandle Sie in die Kröte, von der wir das letzte Mal sprachen.«
Aber Macreeby schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, das kaufe ich Ihnen nicht ab, Nimrod. Wenn Sie mich oder diese Vampirpflanzen bislang noch nicht verhext haben, dann muss es einen guten Grund dafür geben. Möglicherweise können Sie es nicht. Augenblick. Natürlich! Jetzt wird mir alles klar. Zadie hat sich ein Flugzeug gewünscht, aber letzten Endes haben wir versucht, ein Mini- U-Boot zu fliegen. Kein großer Erfolg. Das ist es,
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