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Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka

Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka

Titel: Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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ist und sich nicht sehen kann, verliert man sich leicht aus den Augen. Daher schlage ich Folgendes vor: Ein paar Hundert Meter von hier liegen zwei junge Jaguarmännchen schlafend auf einem Baum. John und ich werden uns für eine Weile ihre Körper ausleihen. Nichts bewegt sich lautloser durch den Dschungel als ein Jaguar.«
    »Außer einer Schlange vielleicht«, meinte Zadie. Wie zum Beweis zeigte sie auf eine peruanische Korallenschlange, die fast unsichtbar über etwas totes Laub auf dem Dschungelboden kroch.
    »Das stimmt«, gab Nimrod zu. »Aber ich war noch nie gern eine Schlange.«
    »Und Blattschneiderameisen «, sagte Zadie. »Und Spinnen. Und Fledermäuse. Sie alle bewegen sich leiser als ein Jaguar.«
    Nimrod lächelte geduldig. »In diese Tiere habe ich mich auch noch nie gern verwandelt.« Als er sah, dass sie im Begriff war,die Liste um weitere Tiere zu ergänzen, hob er die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. »Wie dem auch sei. Als Jaguare werden wir sehr wahrscheinlich frühzeitig herausfinden, welche Überraschungen noch auf uns warten, und können dann entsprechend handeln.«
    »Ich glaube nicht, dass mir die Idee mit dem Aufteilen gefällt «, sagte Philippa.
    »Mir auch nicht«, gab Zadie zu.
    »Ihr seid bei Mr   Vodyannoy, Groanin und Miesito gut aufgehoben «, sagte Nimrod. »Außerdem ist es nur für ein paar Stunden. Längstenfalls bis morgen.«
    »Solange ich hier bin, wird euch nichts geschehen«, beteuerte Mr   Vodyannoy. »Verlasst euch auf mich.«
     
    John und Nimrod folgten dem Pfad bis zu der gewaltigen Rotzeder, auf der der ältere Dschinn die beiden Jaguare gesehen hatte.
    »Da sind sie«, sagte Nimrod. »
Panthera onca
. Wunderschöne Tiere, findest du nicht?«
    »Sehr«, stimmte John zu. »Das wird toll.«
    »Ich freue mich auch darauf«, gestand Nimrod. »Nichts macht mehr Spaß, als eine Katze zu sein. Und der Jaguar oder Otorongo gehört zu den aufregendsten Katzen überhaupt. Ich nehme die größere, auf der linken Seite.«
    John sah sich um. »Wo sollen wir unsere Körper lassen?«, fragte er ein wenig besorgt. »Hier laufen wir überall Gefahr, zurückzukommen und festzustellen, dass sie gerade aufgefressen werden.«
    »Da hast du recht«, sagte Nimrod. »Ich nehme nicht an, dass du daran gedacht hast, eine Lampe mitzubringen?«
    »Äh, nein«, sagte John. »Hätte ich das tun sollen?«
    »Jedenfalls ist es eine gute Angewohnheit. Dann weißt du immer, wohin du dich verkriechen kannst, während dein Geist andere Wege geht. Aber keine Bange. Wir können uns meine Reiselampe teilen.«
    Nimrod zog eine kleine silberne Lampe aus seiner Manteltasche und platzierte sie in eine Astgabel. »So«, sagte er. »Da drinnen sind wir gut aufgehoben.«
    »Ich habe das leider noch nie gemacht«, sagte John. »Ich kann mich zwar in Rauch auflösen, aber ich weiß nicht, wie ich meinen Geist von meinem transsubstantiierten Ich ablösen soll.«
    »Das nennt man Dekantieren«, erklärte Nimrod. »Und es ist ziemlich unkompliziert, solange man dafür sorgt, dass der Stöpsel aus der Flasche bleibt oder der Deckel von der Lampe. Aber da meine Reiselampe keinen Verschluss hat, haben wir nichts zu befürchten.«
    John murmelte sein Fokuswort und hüllte sich nach und nach in weißen Rauch, der fast lebendig wirkte. Als er in sein natürliches Element, das Feuer, zurückkehrte, nahm er einen tiefen, beseelten Zug von den Abermillionen Kohlenstoffatomen, aus denen er in verbranntem Zustand bestand, und mit einem Gefühl unendlichen Wohlbefindens und tiefster Entspannung überließ er sich seiner wahren Form. Jedes Mal, wenn er sich in Rauch auflöste, hatte John das Gefühl, ein tieferes Verständnis davon zu entwickeln, wer und was er wirklichwar. Wie ein heiliger Mann, der sein Nirwana fand. So, als käme man nach langer Zeit nach Hause oder begegnete einem alten Freund, den man jahrelang nicht gesehen hatte.
    Im Innern der Lampe überkam John sofort die Beklemmung, die sich jedes Mal einstellte, wenn es galt, ein reiner Dschinn zu werden. Wie jemand, der nach einem Windstoß Geldscheine zusammenklaubt, sammelte er eilig seine Atome ein und fügte sich wieder zusammen, wobei er jedes Mal fürchtete, einen kleinen, aber wichtigen Teil seiner selbst zu vergessen. Doch irgendwie machte er es jedes Mal richtig. Nimrod hatte bereits wieder Gestalt angenommen und besah das Interieur der Reiselampe, die, wie üblich, von innen viel, viel größer war als von außen. John begriff nach wie vor nicht,

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