Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka
Hand für eine Dschinnbeschwörung. Ich muss deine Kraft auf mich übertragen. Sofort.«
»Ja, aber was sollen wir uns wünschen?«
»Einen Weg nach draußen zu finden, natürlich.«
Ausnahmsweise tat Zadie widerspruchslos, worum sie gebeten wurde. Sich mitten in der grünen Flamme an den Händenhaltend, warteten die beiden Dschinnmädchen auf irgendein Zeichen, das ihnen verriet, dass der Funke ihrer Dschinnkraft tief in ihrem Innern entzündet wurde.
Doch es war nicht Zadie, die ihre Kraft auf Philippa übertrug, sondern Philippa, die spürte, dass ihre Kraft auf Zadie überging. Und fast augenblicklich ging ein Wunsch in Erfüllung. Abrupt ließ Zadie Philippas Hand los und sprang mit einem Schreckensschrei auf, weil sie spürte, dass die Kraft, wenn auch vorübergehend, gekommen und wieder gegangen war. »Nein!«, rief sie. »Nicht das. So war das nicht gemeint.«
Im gleichen Moment spürte auch Philippa einen schmetterlingsflügelzarten Anflug von Kraft und äußerte schnell einen Wunsch. Sie wünschte sich eine Taschenlampe. Und wie es sich gehörte, erschien sie fast augenblicklich. Es war kein sonderlich guter Wunsch gewesen. Und es war auch keine sonderlich gute Taschenlampe. Doch mehr brachte Philippa mit der Winzigkeit an Dschinnkraft, die Zadie ihr übrig gelassen hatte, nicht zuwege. Etwas anderes – ein stärkerer, machtvollerer Wunsch – hatte sich Vorrang verschafft und alle Dschinnkraft aufgesaugt, die sie und Zadie in der Hitze der jetzt flackernd verlöschenden grünen Flamme zustande gebracht hatten.
»Was ist passiert?«, fragte Philippa.
»Die Kraft hat mich wieder verlassen, bevor ich es verhindern konnte«, sagte Zadie niedergeschlagen.
»Schon, aber was ist passiert?«
Zadie schüttelte den Kopf. »Ich muss mir vor einiger Zeit irgendetwas gewünscht haben«, erklärte sie. »Es war ein klarer Fall von vorangegangener Wunscherfüllung. Tut mir leid.«
»Aber was hast du dir gewünscht?«, wollte Philippa wissen.
»Ich weiß es nicht«, sagte Zadie. »Ich hab’s vergessen.«
»Du Riesenschussel«, sagte Groanin und zeigte auf die Kiste. Die Flamme war erloschen und die Kiste sah nicht aus, als könnte man sie noch einmal anzünden.
»Irgendetwas ist passiert«, sagte Philippa. »Ich habe einen Kraftanstieg gespürt. Und es wurde ein Wunsch erfüllt. Ein ziemlich großer Wunsch.«
»Äh, ich glaube, ich weiß, was sie sich hat gewünscht«, sagte Miesito und zeigte besorgt nach hinten. Pizarros Schädel war nicht mehr länger nur ein Schädel aus gelben Knochen und elfenbeinfarbenen Zähnen. Er war zu einem großen, sehnigen, leicht gelblich wirkenden Mann von etwa sechzig Jahren geworden, mit hohlen Wangen und einem grauen Bart. Er trug einen uralten Helm aus Metall und einen ziemlich ramponiert aussehenden Brustharnisch; dafür wirkte die Spitze seines Schwertes umso blanker. Diese unerwartete Auswirkung wäre schlimm genug gewesen, doch nun tauchten in der unterirdischen Höhle zusehends mehr spanische Konquistadoren sowie einige Dutzend Pferde auf.
»Das sieht fast aus, als würde sich eine Armee formieren«, stellte Philippa fest.
»Teufel auch«, sagte Groanin. »Das ist es. Jetzt weiß ich wieder, was die dumme Göre sich gewünscht hat. Es war in der Höhle, als die Xuanaci ihre Speere auf uns geschleudert haben. Da hat Zadie sich Pizarro und seine ganze Armee herbeigewünscht, damit sie den Indios eine Lehre erteilen, die sie nie vergessen werden. Und jetzt sind sie da.«
B rauchst du nur zu pfeifen
Zurück im verlassenen Lager händigte John seinem Onkel die Botschaft von Virgil Macreeby aus, die er Zadies zahmer Fledermaus Zotz abgenommen hatte, welche sich nach wie vor an Zadies Rucksack klammerte.
Nimrod studierte die Botschaft einmal und dann noch einmal. Dann las er sie laut vor: »ZADIE, WIR WISSEN DEINE MONSTERTAUSENDFÜSSLER UND SCHLANGEN SEHR ZU SCHÄTZEN UND SIE SIND ÄUSSERST HILFREICH, UM NIMROD AUFZUHALTEN. NATÜRLICH IST DAMIT ZU RECHNEN, DASS NIMROD UND MISTER VODYANNOY MIT IHNEN FERTIG WERDEN. DIE BEIDEN SIND MÄCHTIGE DSCHINN, DAHER MUSST DU VIELLEICHT ZU RAFFINIERTEREN MITTELN GREIFEN, UM IHNEN DIE KARTE WEGZUNEHMEN. ICH BIN FROH, DASS DU DARAN GEDACHT HAST, DIE TRÄNEN DER SONNE MITZUBRINGEN. WIR BRAUCHEN SIE UNBEDINGT, UM DAS PACHAKUTI ZU VOLLENDEN. MACREEBY.«
»Siehst du?«, sagte John. »Was habe ich dir gesagt?«
»Ja«, stimmte Nimrod ihm zu. »Das ist enttäuschend.«
»Enttäuschend?«, sagte John achselzuckend. »Das nenne
Weitere Kostenlose Bücher