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Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka

Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka

Titel: Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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Synagoge auf die Idee käme, Dschinnkraft einzusetzen, würde ich es in einer Baumabtei tun. Ich glaube nicht, dass Gott das gefallen würde.«
    »Irgendetwas müssen wir tun«, sagte John. »Du hast selbst gesagt, dass dieser Ort gegen Virgil Macreeby eine andere Art von Schutz benötigt.«
    »Ja, aber welchen?«, murmelte Nimrod. Er schüttelte den Kopf. »Bei meiner Lampe. Das erfordert gründliche Kontemplation. Ich werde mich in mein Zelt zurückziehen, mein Bewusstsein eine Weile ausschalten und die Angelegenheit mittels Introspektion durchdenken.«
    John nickte, obwohl er keine Ahnung hatte, wovon Nimrod eigentlich sprach. Aber daran war er inzwischen besser gewöhnt als früher.
    »Kommst du für eine Weile allein zurecht?«, fragte Nimrod.
    »Na klar«, sagte John. »Vielleicht werfe ich einen Blick in das Buch über die
Quipus
und versuche rauszufinden, was das Exemplar bedeutet, das
El Tunchi
mir gegeben hat.«
    »Gute Idee«, sagte Nimrod, und nachdem er John das Buch ausgehändigt hatte, ließ dieser ihn in seinem Zelt allein.
    Der Junge setzte sich mit dem Rücken an einen Lupunabaum und begann zu lesen.
    Die Minuten vergingen und John spürte, dass ihm allmählich die Augen zufielen. Er war noch nie ein großer Leser gewesen. Das dickste Buch, das er je gelesen hatte, war eine Ausgabe von
Tausendundeiner Nacht
gewesen, das Nimrod ihm gegeben hatte und das mit einer Dschinnfessel belegt war, die ihn zwang, so lange wach zu bleiben, bis er es komplett durchgelesen hatte. Aber dieses Buch hier war anders. Es handelte fast ausschließlich von Mathematik, die noch nie seine starke Seite gewesen war, und es dauerte nicht lange, bis er merkte, dass der Autor offensichtlich nur vage Vorstellungen davon hatte, wie
Quipus
funktionieren.
    Dagegen waren seine eigenen Vorstellungen wesentlich klarer, wenn man Dinge, von denen man im Innern eines Baumes träumt, überhaupt Vorstellungen nennen kann. Nicht, dass es wirklich Johns eigene Vorstellungen gewesen wären. Sie waren es ebenso wenig, wie die Träume seine eigenen waren. Alles, was seinen tief schlafenden Geist umschwirrte und ihn über das
Quipu
, das er in der Hand hielt, ins Bild setzte, stammte von einem uralten Geist im Innern des Lupunabaums. Obwohl das Holz dieser Bäume sehr hart ist, können Lupunas ohne Weiteres ahnungslose Leute in sich aufnehmen, die an ihrenStamm gelehnt einschlafen, und sie für kurze, manchmal aber auch für deutlich längere Zeit einbehalten. Man weiß von Menschen, die für mehrere Jahrhunderte in einem Lupunabaum verschwanden. Doch dieser Baum, der in John den Dschinn erkannte – noch dazu einen guten Dschinn   –, absorbierte ihn nur für ein oder zwei Stunden. Länger brauchte der Geist des Baumes nicht, um ihm eine Vorstellung davon zu vermitteln, was ein
Quipu
war und wie es funktionierte und was der Knoten am Inkaportal wirklich zu bedeuten hatte und wie man ihn auflösen konnte. Es war kompliziert und einfach zugleich.
    John schreckte aus dem Schlaf, weil er sicher war, etwas Ungewöhnliches gehört zu haben. Ein Blick auf Nimrods Zelt sagte ihm, dass dieser drinnen immer noch kontemplierte, genau wie Achilles (nur längst nicht so schlecht gelaunt), und nicht die Ursache des Geräusches war. Für einen kurzen Moment waren sämtliche Erkenntnisse über die wahre Bedeutung des
Quipus
, die er im Innern des Lupunabaums gewonnen hatte, vergessen. Er warf das überaus gelehrte Buch beiseite und irrte über die Lichtung, bis ihm schließlich klar wurde, was ihn aus der Versenkung gerissen hatte: Die Tür des Inkaportals vibrierte ein ganz klein wenig, als versuche jemand auf der anderen Seite – falls man die andere Seite der Tür wirklich die andere Seite der Tür nennen konnte   –, sie zu öffnen.
    John umrundete das Auge des Waldes in einem großen Bogen und fragte sich, ob er Nimrod rufen sollte. Es gab keinen Zweifel. Jemand oder etwas versuchte die Tür zu öffnen. Es war wie eine Szene aus einem Horrorfilm, in der ein Poltergeist oder Gespenst einen unbelebten Gegenstand verrückte, einSpielzeug auf einem Regal zum Beispiel. Soweit John feststellen konnte, befand sich auf der anderen Seite der Tür gar nichts.
    Ohne auf seine Gänsehaut zu achten, hob er die Machete auf und trat vor die Tür, um mit der rasiermesserscharfen Spitze dagegenzuklopfen. »Hallo«, rief er. »Ist da jemand?«
    Sekundenlang hörte die Tür auf zu vibrieren, als habe ihn auf der anderen Seite jemand gehört. Auch das war wie in einem

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