Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka
klang ein wenig enttäuscht.
»Ich fürchte, nein«, sagte Nimrod. »Aber das ist kein Grund, sich zu schämen. Schließlich weißt du, was du weißt. Und du kannst sicher sein, dass ich dein Geheimnis niemandem verraten werde.« Er sah wieder zur Tür. »Endlich. Ich glaube, wir können unser Auge bald schließen.«
Im nächsten Moment schlug er dem herankommenden Inkakönig die Tür vor der Nase zu und John verstand, was er mit »Auge schließen« gemeint hatte. Nimrod hob ein Holzstück auf und klemmte damit den Riegel fest. »Das dürfte sie eine Weile aufhalten«, sagte er.
Sobald das Portal geschlossen war, kam mit einem Mal Leben in Groanin, Miesito und Muddy, als sei irgendwo ein Hebel umgelegt worden, der sie wieder auf normale Geschwindigkeit brachte.
»Gott sei Dank«, stöhnte Groanin. »Das war keine Sekunde zu früh. Wirklich nicht.« Er rieb sich den Nacken und schauderte. »Dieser Wahnsinnige muss mich mit seiner Keule nur um Haaresbreite verpasst haben.«
»Ein Glück ist mein Kopf so klein«, sagte Miesito, »sonst er hätte mir damit sicher Scheitel gezogen.«
Groanin fasste sich an die Brust. »Mein Herz fühlt sich an, als säße mir das Nelson-Riddle-Orchester in der Brust«, sagte er. »Und sie spielen den Cancan aus
Orpheus in der Unterwelt
.«
Nimrod und John knieten sich neben Philippa. Und Groanin tat das Gleiche, sobald er sich ein wenig beruhigt hatte.
»Wir beide hatten einen kleinen Zusammenstoß, sie und ich«, erklärte er. »Es war ein Unfall. Ließ sich nicht verhindern. Aber es tut mir von Herzen leid, wirklich. Ich hab dem Mädel um nichts in der Welt wehtun wollen.«
»Ich weiß, Groanin«, sagte Nimrod freundlich. »Ich weiß.«
»Wir müssen sie in ein Krankenhaus bringen«, ließ Groanin nicht locker.
John legte Philippa das Ohr auf die Brust. »Sie wird schon wieder«, sagte er. »Ich spüre das. Sie hat nur eine kleine Gehirnerschütterung.«
»Bist du neuerdings Arzt, oder was?«, begehrte Groanin auf.
»Nein, aber ihr Zwillingsbruder«, erklärte John. Er klopfte sich an den Kopf und dann auf das Herz. »Und ich hätte es hier drinnen gespürt, wenn mit ihr was nicht stimmen würde.«
»Ja, natürlich«, sagte Groanin. »Wie dumm von mir.«
John hatte recht. Kurz darauf bewegte Philippa stöhnend denKopf. Und wenige Minuten später saß sie da und beteiligte sich an den Berichten der anderen darüber, was geschehen war, seit John und Nimrod sich von ihnen getrennt hatten.
»Wir müssen etwas unternehmen, um den Xuanaci zu helfen «, sagte sie. »Pizarro und seine Konquistadoren werden sie mit Sicherheit abschlachten.«
Doch John war über diesen Gedanken fast ebenso empört wie Zadie. »Soll das ein Witz sein? Sie wollten dich den Piranhas zum Fraß vorwerfen und sich anschließend die Piranhas einverleiben.«
»Philippa hat recht, John«, sagte Nimrod. »Es war schon ein ungleicher Kampf, als die Spanier im November 1532 bei den Inka auftauchten. Und heute sind die Verhältnisse noch ungleicher. Selbst die Xuanaci werden es wohl kaum fertigbringen, einen Feind zu schlagen, der bereits tot ist.«
»Da hast du vermutlich recht«, stimmte John ihm zu.
Philippa rieb sich den Kopf und stand auf. Sie fühlte sich ein klein wenig, als wäre sie von einem Lastwagen überfahren worden. Aber alle Knochen waren heil geblieben. »Also, was machen wir jetzt?«, fragte sie Nimrod.
»Ich denke, wir können nur eines tun«, sagte Nimrod. »Wir müssen den Xuanaci einen mächtigen Verbündeten an die Seite stellen.«
»Und wen?«, fragte Philippa.
Nimrod sah Miesito an. »Können Sie sich noch an den Weg ins Lager der Xuanaci erinnern?«, fragte er.
Miesito zeigte auf das Auge des Waldes. »Da lang, meinen Sie? Durch Tür da?«
»Nein, durch den Dschungel.«
Miesito zuckte die Achseln. »Klar, kein Problem«, sagte er. »Kopf vielleicht klein, aber mit Orientierungssinn ist alles in Ordnung. Oder mit Gedächtnis, Boss. Zweimal ich war Gast bei Xuanaci. Und zweimal ich habe überlebt. Aber auf dritten Besuch bei Xuanaci ich bin nicht wild.«
»Um einen Besuch geht es auch gar nicht«, sagte Nimrod. »Alles, was Sie tun müssen, ist, einige Krieger in die Nähe des Lagers zu führen.« Freundlich legte er dem Dschungelführer die Hand auf die breite Schulter. »Wie finden Sie die Idee, Miesito?«
»Mies«, sagte Miesito. »Ganz mies. Aber ich tu’s. Bloß, welche Krieger meinen Sie, Boss? Hier gibt es keine Krieger nicht, die verrückt sind, sich einzulassen mit
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