Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi
Dummköpfe; Leute, die sich auf Dinge einlassen, von denen sie nichts verstehen. Ich dachte, Sie gäben nichts auf derartiges Zeug, Sir.«
»Normalerweise nicht, Groanin«, gab Nimrod zu. »Aber das hier ist ein Sonderfall. Madame Theodora Sofi ist kein gewöhnliches Medium. Ihre Kräfte sind ziemlich einzigartig. Was kaum überrascht. Denn sie ist mit achtzehn nach Tibet gegangen, um sieben Jahre lang bei den Brüdern zu studieren.«
»Bei welchen Brüdern?«, fragte Philippa.
»Bei den wahren Autoren des Tibetischen Totenbuches«, sagte Nimrod. »Mönche und Lamas, die mehr über das Leben nach dem Tod wissen als irgendein anderer Irdischer, der je gelebt hat. Sie haben ihr alles beigebracht, was sie wussten. Nach ihrer Rückkehr nach Italien heiratete sie den berühmten italienischen Sänger Luciano Baritone. Und als er starb, widmete sie ihr gesamtes Leben dem Spiritismus.«
Groanin brauchte mehrere Stunden, um mit dem Krankenwagen von Malpensa nach Rom zu fahren. Als sie die Ausläufer der riesigen Stadt erreichten, fragte Groanin Nimrod nach Madame Sofis Adresse.
»Sie hat keine«, sagte Nimrod. »Theo ist der einzige Mensch in Rom, der keine Adresse braucht.«
»Wie das?«, fragte Groanin.
»Weil sie ganz famos in der einzigen Pyramide der Stadt wohnt«, erklärte Nimrod. »Wir müssen uns einfach nur erkundigen, wo sie zu finden ist.« Er leierte die Fensterscheibe herunter, beugte sich aus dem Krankenwagen und fragte einen Polizisten auf einem Motorrad in perfektem Italienisch nach dem Weg. Der Polizist, der einen großen roten Schnurrbart hatte, zeigte die Straße hinauf und wies dann nach links. Als er mit seiner Beschreibung fertig war, verabschiedete er sich mit einer schnittigen Grußgeste von Nimrod.
Groanin fuhr weiter.
»Wie kommt es, dass Madame Sofi in einer Pyramide wohnt?«, fragte Philippa ihren Onkel. »Ist sie echt?«
»Echt genug«, erwiderte Nimrod. »Sie wurde 12 vor Christus als Grabstätte eines reichen römischen Prätors namens Cestius errichtet, der sich ein etwas ausgefalleneres Familiengrab wünschte. Und das blieb es für mehrere Jahrhunderte, auch wenn der Sarg selbst gestohlen wurde. Allerdings ist Madame Sofi die erste Person, die in der Pyramide wohnt. Das ist nicht jedermanns Sache.«
»Das will ich meinen«, sagte Groanin. »Macht die Möbelauswahl ziemlich schwierig, denke ich mir. Aber weiß die Dame, wer und was Sie sind, Sir?«
»Selbstverständlich. Warum fragen Sie?«
»Wird sie keine Gegenleistung erwarten, wenn sie uns hilft?«, fragte Groanin. »Drei Wünsche, meine ich. Das gibt am Ende immer Ärger.«
»Nicht alle auf dieser Welt wollen etwas«, sagte Nimrod. »Außerdem hatte sie bei unserer letzten Begegnung bereits drei Wünsche frei. Oder was glauben Sie, wie es kommt, dass sie in einer Pyramide wohnt?«
Endlich kam das Bauwerk in Sicht. Verglichen mit den ägyptischen Pyramiden, die sie im vergangenen Jahr gesehen hatte, fand Philippa die römische Pyramide des Cestius ein wenig zu spitz. Wie ein überspitzer Bleistift. Sie war aus weißem Marmor und genau dreißig Meter hoch, allerdings in einem ausgezeichneten Zustand, als sei sie erst kürzlich von einem supermodernen Architekten, wie dem in Paris, fertiggestellt worden. Natürlich war sie erheblich kleiner als die Pyramidenvor Kairo. Und mit nur zweitausend Jahren auch nicht annähernd so alt.
Sie stellten fest, dass Madame Theo Sofi an der dreieckigen Eingangstür bereits auf sie wartete; eine Tatsache, die Philippa und Groanin erstaunt anerkennen mussten, da Nimrod das große Medium mitnichten angerufen hatte, um ihr zu sagen, dass sie kamen.
Sie war eine groß gewachsene Italienerin mit einem langen, geschmeidigen Hals, einem üppigen roten Haarschopf, einer großen Nase und einer getönten Brille mit Gläsern so groß wie Fernsehbildschirme.
»Theo«, sagte Nimrod und küsste die Dame auf beide Wangen. »Wie schön, Sie wiederzusehen. Sie sehen hinreißend aus.«
»Vor etwa zehn Minuten spürte ich, dass Sie hierher unterwegs sind«, sagte Madame Sofi. »Haben Sie unterwegs vielleicht mit einem Polizisten auf einem Motorrad gesprochen? Einem Mann mit großem rotem Schnurrbart?«
»Woher wissen Sie das?«, wunderte sich Groanin.
»Ich bin Theo Sofi«, sagte sie etwas großspurig, als sei keine weitere Erklärung notwendig.
Sie gingen in die Pyramide. Obwohl es keine Fenster gab, war es im Innern merkwürdig kühl und hell, als gäbe es eine geheime Methode, um das Gebäude mit
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