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Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Titel: Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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den Kopf. »Das bedeutet Ärger, denken Sie an meine Worte. Eine Menge Ärger.«
    »Das werde wohl ich beurteilen müssen, Kind, nicht du.«
    »Genau«, lachte Philippa. »Und wir werden sehen, wohin uns das führt. Ich habe nicht darum gebeten, Ihre Zweitbesetzung zu sein, Ayesha, aber wenn ich es schon sein muss, könnten Sie es wenigstens so aussehen lassen, als wüssten Sie, worauf Sie sich da eingelassen haben.«
    Ayesha biss sich auf die Lippe. Aber wirklich böse wurde sie erst, als Philippa sie mit einer Flut halb unterdrückter Schimpfworte bedachte, denn trotz ihres Alters hatte sie ein ausgezeichnetes Gehör. Diese Art von Respektlosigkeit – undwie hätte sie es sonst nennen sollen? – war nicht hinzunehmen für einen Dschinn wie Ayesha, die schlechte Manieren fast so sehr hasste wie offen gezeigte Gefühle.
    »Philippa, geh bitte auf dein Zimmer. Und bleib dort, bis du dir bessere Manieren angeeignet hast.«
    Bereitwillig sprang Philippa vom Sofa auf. »Aber gern«, sagte sie und ging zur Tür, wo sie kurz stehen blieb und frech hinzufügte: »Und wenn ich mich schlecht benehme, dann sind Sie daran schuld! Sie mit Ihrem dämlichen Baum der Logik und Ihrem öden, grässlichen Palast!« Nun lachte sie, und sie konnte nicht widerstehen, auch in Miss Glovejobs Richtung eine Beleidigung auszuteilen – als Zugabe sozusagen. »Und mit Ihrer ausgetrockneten, miesepetrigen Gesellschafterin dort. Miss Glühwurm oder wie ihr blöder Name ist.«
    »Verlass das Zimmer, bitte!«, sagte Ayesha mit fester Stimme.
    »Mit Vergnügen.«
    Philippa schlug laut die Tür hinter sich zu und machte sich dann tatsächlich mit Vergnügen auf den Weg durch die Gänge in ihr Zimmer.
    Am Anfang hatte sie ihr Zimmer nicht leiden können und für viel zu groß und zu prunkvoll gehalten. Inzwischen aber gefiel es ihr sogar recht gut. Die Seidenstoffe, die Vergoldungen, der Marmor. Sie mochte es, wie auf unsichtbare Weise alles Nötige erledigt wurde. Gegen Ayeshas Argumente zum Thema Bedienstete ließ sich nichts sagen. In diesem Punkt musste Philippa dem Blauen Dschinn Recht geben. Bedienstete waren nun mal ein notwendiges Übel für die meisten Leute wie Ayesha, aber ein Übel waren sie – zumindest, solangeman sie vor Augen hatte. Jetzt, wo sie es gewohnt war zu sehen – oder besser gesagt, nicht zu sehen   –, dass unsichtbare Bedienstete in ihrem Zimmer abgestaubt und gesaugt hatten, dass das Bett gemacht war und die Blumen durch frische ersetzt wurden, konnte sie sich eine andere Art zu leben gar nicht mehr vorstellen. Schade nur, dass nicht auch Miss Glovejob unsichtbar war.
    Als Philippa um eine Ecke bog, stand sie plötzlich vor einem ziemlich heruntergekommenen, schmutzigen Jungen. Sie musterte ihn mit strengem Blick, besonders seine rissigen Hände und schmutzigen Schuhe. Erst hielt sie ihn für einen der Bediensteten, der kurz sichtbar geworden war. Der Schuhputzjunge vielleicht. Nur war sie überzeugt, dass kein Diener es je gewagt haben würde, sie anzusprechen.
    »Hallo«, sagte der Junge und versuchte ein Lächeln, was ihm aber kaum gelang, so kühl war Philippas Blick.
    »Wolltest du zu Ayesha?«, fragte sie ihn.
    »Nein«, erwiderte der Junge ärgerlich. »Natürlich nicht.«
    »Nun, Junge, trage also dein Anliegen vor und dann fort mit dir, denn der Läufer, auf dem du stehst und den du mit deinen Dreckschuhen beschmutzt, ist ein teures Stück.«
    »Das ist mir piepegal«, sagte der Junge. »Was ist denn mit dir los?«
    »Gar nichts ist los mit mir«, sagte sie. »Schließlich bin nicht ich es, die aussieht wie durch den Dreck gezogen.«
    »Ich bin ja auch tatsächlich durch den Dreck gekrochen«, erklärte John. »Sozusagen. Weil ich nämlich eine lange und gefährliche Reise hinter mir habe, um hierher zu kommen, Philippa. Erkennst du mich denn nicht? Ich bin gekommen,um dich von diesem schrecklichen Ort weg- und nach Hause zu bringen.«
    Bei diesen Worten wollte John seine Schwester an die Hand nehmen, aber sie riss sich los, als fürchte sie eine ansteckende Krankheit. »Das ist kein schrecklicher Ort, wie du es nennst«, sagte sie, »sondern ein Palast. Und wahrscheinlich deshalb wirkst du hier so fehl am Platz, Junge, mit deinen schmutzigen Fingernägeln und dem Gras in den Haaren. Ein Palast, hörst du? Hier ist Königin Viktoria gestorben.«
    »Das überrascht mich kein bisschen«, sagte John gereizt und runzelte die Stirn. Damit hatte er nicht gerechnet. Sie sah aus wie seine Schwester, war gekleidet

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