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Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Titel: Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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wünschen, du wärest wieder ein Junge. Inzwischen renne ich mit meiner Schwester zum Ufer, wo wir auf dich warten. Hast du verstanden?«
    Finlay stieß einen kurzen Schrei aus, und kaum hatte John den Arm über seinen Kopf gehoben, machte er sich an seine Aufgabe: Er wünschte mit aller Kraft, dass er wieder ein Junge wäre. Und sobald er in seinem normalen Körper stecken würde, wollte er sich an seinem Vater rächen – er würde sich schon etwas ausdenken. Was, wusste er noch nicht, aber es würde die Hölle auf Erden für ihn sein.
    Als Finlay aus der Luft das eben gerade sichtbare Wesen entdeckte, stürzte er sich hinunter und dachte dabei fest an seinen Wunsch. Und das Wunschmonster, das den tiefen Wunsch des Falken spürte, reckte sich mit schaurigem, überirdischem Gebrüll und versuchte ihn mit seinem seltsam formlosen Arm zu ergreifen. Finlay hatte Größe und Reichweite der Kreatur falsch eingeschätzt und schaffte es nur mit knapper Not, dem unfehlbar tödlichen Griff zu entkommen. Zweifellos hätte die Elektrizität, die den schwankenden Körper des Monsters durchströmte, ihm seine eigene Energie vollständig entzogen. Er stieg etwas höher und konzentrierte sich wieder auf seinen Wunsch.
     
    Kaum hatte sich Finlay in die Lüfte erhoben, führte der König John und Philippa weiter durch den dichten Wald von Iravotum.Aus nahe liegenden Gründen vermied er die breite Allee mit den Tongefäßen, doch auf einem nur dem König erkennbaren Trampelpfad hatten sie den goldenen Strand am Ufer des großen Sees bald erreicht.
    Hier erwartete sie ein Schock. John hatte Philippa von Alans und Neils Tod erzählt. Er hatte ihr vor der Überfahrt die zwei Leichen der Hunde zeigen und sie mit ihr gemeinsam begraben wollen. Aber weder vom Fährmann noch von den Hundeleichen war eine Spur zu finden. Die Hunde lagen nicht mehr unter den Palmwedeln, mit denen er sie bedeckt hatte.
    »Bist du sicher, dass sie tot waren?«, fragte Philippa.
    »Ganz sicher.«
    »Vielleicht hat der Fährmann sie mitgenommen«, meinte sie. »Oder jemand anders.«
    Das schien John die einleuchtendste Erklärung. Von der Riesenschlange oder dem Vogel Rukhkh wollte er Philippa nichts erzählen, aber er befürchtete jetzt, dass die Leichen seiner zwei treuen Freunde gefressen worden waren. Er hatte die Körper einfach nicht gut genug getarnt. Langsam ging er hinunter ans Ufer. Er machte sich Vorwürfe wegen seiner Nachlässigkeit und sah zu, wie das Wasser leise an den Sandstrand schwappte. Sehnsüchtig wartete er darauf, dass die Gestalt des Bootsmannes am Horizont auftauchte.
    »Er wird kommen«, sagte eine Männerstimme. John hörte zu sehr den New Yorker Akzent heraus, als dass diese Worte vom König hätten stammen können. Er drehte sich um und sah zwei Männer auf sich zukommen. Beide trugen Anzüge, beide waren nicht sehr groß. Einer hatte eine Brille und sah ein bisschen Johns Vater ähnlich.
    »Erkennst du uns nicht?«, sagte der Mann mit der Brille.
    »Himmel noch mal, wie soll er uns denn erkennen?«, sagte der andere. »Die beiden haben uns nie gesehen. Jedenfalls nicht so.«
    »Hast Recht«, grinste der Erste.
    »Natürlich habe ich Recht.« Der ohne Brille, der genau wie der andere Mann aussah, zeigte zum Horizont. »Ich würde sagen, da kommt unsere Mitfahrgelegenheit.«
    »Du kannst noch genauso gut sehen wie früher, Neil«, sagte der Mann mit der Brille.
    John klappte der Mund auf.
    »Onkel Neil?«, rief er. »Bist du mein Onkel Neil?«
    »Aber ja, Kleiner«, sagte Neil und drückte seinen Neffen an sich, während Alan bereits seine junge Nichte umarmte.
    »Onkel Alan?«, sagte sie. »Bist du’s wirklich?«
    »Ich bin es«, bestätigte Alan. »Und ich gebe gern zu, dass es großartig ist, wieder auf zwei Beinen zu laufen. Vier davon zu haben wird mir kein bisschen fehlen.«
    »Ich dachte, ihr wärt tot«, sagte John und Tränen liefen über sein schmutziges Gesicht.
    »Dachten wir auch«, sagte Alan. »Es war ein verdammt tiefer Sturz.«
    »Erinnere mich nicht daran«, sagte Neil. »Mir tut immer noch der Hintern weh.«
    »Was ist geschehen?«, sagte John, lachend vor Freude. »Wie kommt es, dass ihr wieder Menschen seid?«
    »Was weiß ich«, sagte Neil schulterzuckend. »Ehrlich gesagt, von dem Moment an, als dieser Vogel in die Luft gestiegen war und ich mit den Zähnen an seinem Fuß hing, erinnereich mich an nichts mehr. Vor ein paar Stunden bin ich unter einem Stapel Blätter aufgewacht und mehr kann ich nicht sagen.

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