Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon
zu.
»Habt ihr ihn gesehen?«, rief er. »Ashmadai. Habt ihr gesehen, wie er mir aufgelauert hat, der alte Schuft?«
»Wer ist Ashmadai?«, fragte John etwas enttäuscht, weil er den Dämon für einen anderen gehalten hatte.
»Wer Ashmadai ist, fragt er«, kicherte Izaak. »Asmodeus natürlich. Die Kreatur des göttlichen Strafgerichts. Ein rasender Dämon, ein höllisch bösartiger Teufel ist das, und am besten nur dann zu rufen, wenn man keinen Hut auf dem Kopf hat.« Izaak warf den seinen zu Boden. Er lachte lauthals und aus seiner Miene sprach große Zufriedenheit mit sich selbst – vielleicht auch Zufriedenheit mit seinem Zahnarzt, denn seine Zähne blitzten nur so, als er Philippa strahlend angrinste. »Er tritt auch unter den Namen Saturn, Marcolf und Chammaday auf.« Izaak erhob sich und ließ seinen Mantel von den Schultern gleiten. »Seit kurzem hat er auch von mir ein paar Namen bekommen, die ich aber in Gegenwart einer Dame nicht wiederholen kann. Zwei Tage ist der Teufel schon hinter mir her. Zwei volle Tage.« Er lachte verbittert. »Habt ihr eine Ahnung, wie das ist, wenn einem ein Dämon mit Ashmadais Erfahrung auf den Fersen ist? Achtundvierzig Stunden lang?«
»Nein«, gab Philippa zu.
»War kein Spaziergang, das kann ich euch sagen. Der hätte mein Herz und meine Leber zum Frühstück verzehrt, keine Frage. In Ziegenblut hätte er es gebraten und ein Festmahl veranstaltet. Jawohl.«
»Warum war Asmodeus hinter dir her?«, fragte Philippa.
»Ich dachte, das liegt klar auf der Hand, kleines Fräulein«, grinste Izaak.
Philippa biss sich auf die Zunge. Sie konnte es nicht gut haben, wenn man sie »kleines Fräulein« nannte. Besonders dann nicht, wenn der Betreffende nur zwei, drei Jahre älter war als sie.
»Das Biest war natürlich hinter Salomons Grimoire her«, sagte Izaak und steckte sich umständlich eine dicke Zigarre an, als wolle er mit dieser Prozedur sein Entkommen feiern. »Asmodeus’ Interesse an Salomon geht weit zurück.« Izaak trug einen langen schwarzen Gehrock mit einem schlichten weißen Hemd, dazu schwarze Lederhandschuhe. »Als nämlich Salomon König von Israel wurde, beneidete Asmodeus ihn um seine tausend Frauen, und da er nun mal ein gerissener Teufel war, stahl er Salomons Ring der Macht. Er zog ihn dem König im Schlaf vom Finger und steckte ihn an seinen eigenen. Dann gab er sich als Salomon aus und alle glaubten ihm, weil der Ring ein Zauberring war. Niemand aber glaubte dem echten Salomon, und so fand der sich tatsächlich für eine Weile als Koch in seinen eigenen Palastküchen angestellt.
Zum Glück für Salomon hatte eine seiner Frauen etwas Mehl auf dem Boden verschüttet und Asmodeus latschte zufällig darüber. Die Frau erkannte, dass die Fußabdrücke einem Dämon gehörten, und ahnte, was vorgefallen war. Da holte sie den Ring zurück, während Asmodeus schlief, und der echte Salomon wurde wieder als König eingesetzt.
Aber in der Zeit, als Asmodeus noch als Salomon, der große Magier, auftrat, hatte er Zugang zu dessen Bibliothek und entdecktedas Buch, das Salomon geschrieben hatte. Es enthielt Salomons ganze Weisheit und beschrieb auch, wie Macht über Dschinn, Engel, Irdische und Dämonen erlangt werden kann. Ein Glück also, dass die nächste Besitzerin des Buches Ischtar persönlich war. Es soll ein Geschenk des Nebukadnezar gewesen sein. Aber seit damals versucht Asmodeus, das Buch in die Hände zu bekommen.« Izaak ließ ein verlegenes Lachen hören. »Um die Wahrheit zu sagen, ich habe das selber erst vor kurzem erfahren. Es ist einer der Gründe, weshalb es mir nun so unter den Nägeln brennt,
ihr
das Buch zurückzugeben. Ich sehne mich nicht danach, Asmodeus noch länger auf den Fersen zu haben.«
»Ihr?«
»Ayesha. Ihr, der man jederzeit gehorchen muss.«
»Wo ist das Buch jetzt?«, fragte Philippa.
Izaak hob seinen Mantel vom Boden auf und zeigte ihr eine geschickt darin verborgene Tasche, etwa von der Größe eines Rucksacks. Er zog ein Buch mit schönem Ledereinband heraus, darauf war eine goldene Leiter geprägt, und auf der obersten Leitersprosse leuchtete, ebenfalls in Gold, das alles sehende Auge – das Horusauge –, das sich auch auf jeder Eindollarnote der Vereinigten Staaten befindet.
»Hier ist es«, sagte Izaak und legte das Buch auf den Sitz neben sich.
»Aber wenn du das Buch hast«, sagte John, »und wenn darin erklärt wird, wie man Macht über Dämonen bekommt, hättest du dann nicht leicht mit Asmodeus fertig
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