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Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Titel: Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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Notfall-Wunsch, den Mr   Vodyannoy ihm damals im Dakotagebäude geschenkt hatte. Gerade war ihm eingefallen, dass er diesen Wunsch noch zur Verfügung hatte. Könnte er sich bloß an das dazugehörige ägyptische Wort erinnern! Das heißt, er erinnerte sich sehr wohl daran, ganz wie Mr   Vodyannoy vorhergesagt hatte. Er sah die Buchstaben deutlich vor sich, wusste aber nicht mehr genau, wie das Wort ausgesprochen wurde.
    »Kebe   …«, buchstabierte er mühsam.
    Doch John kam nicht dazu, das Diskrimen zu Ende zu sprechen, denn auf einmal setzte der Motor wieder ein und die Beleuchtung im Abteil ging an. Mit einem Ruck setzte sich der Zug wieder in Bewegung.
    »Gott sei Dank«, seufzte Philippa und lachte vor Erleichterung. »Ich muss sagen, ich kann mir angenehmere Orte zum Übernachten vorstellen.«
    Aber schon im nächsten Moment erstarrten beide, denn sie hörten in der Ferne ein lautes, bestialisches Brüllen wie von einem unbeschreiblich großen Tier.
    »Was war das?«, keuchte Philippa.
    John hielt es für besser, ihr keine detailgetreue Beschreibung der Gestalt von vorhin zu liefern. »Eine Kuh«, sagte er. »Vielleicht.« Wieder das dröhnende Gebrüll, diesmal lauter. John zog die Schultern hoch. »Oder ein   … Elch.«
    »In Transsylvanien gibt es keine Elche«, erklärte Philippa. »Außerdem sind auch die größten Kühe in diesem Land wohl nicht so groß wie Omnibusse.« Zum dritten Mal ertönte das Gebrüll. »Nach einem Tier von solcher Größe klingt es nämlich.« Entsetzt schüttelte sie den Kopf. »Außerdem, so brüllt nur einer, der jede Menge Zähne und scharfe Krallen hat.«
    Ein anderes Geräusch, ein Klappern wie von galoppierenden Hufen, zog Johns Aufmerksamkeit auf sich. Er schaute aus dem Fenster und erkannte gerade noch eine kleine schwarze, von zwei schwarzen Pferden gezogene Kutsche. Sie raste den Bahnsteig entlang und überholte den allmählich schneller werdenden Zug. Die Zwillinge drückten die Gesichter an die Scheibe, als die schwarze Kutsche an ihrem Abteil vorüberkam und dann in einiger Entfernung neben dem Zug stehen blieb. Der Fahrer der Kutsche, der einen dicken Ulstermantel und einen breitrandigen Hut trug, warf die Zügel beiseite, sprang von seinem Sitz, rannte eine Weile neben dem Zug her, öffnete eine der Türen und sprang auf.
    »Meinst du, das ist Izaak?«, fragte Philippa.
    »Ich hoffe«, sagte John. »Jede andere Möglichkeit scheint mir wenig verlockend.«
    Kurz darauf hörten sie wieder das Ungeheuer schreien, nun etwas mehr aus der Ferne, so, als ließe der Zug es allmählich in der transsylvanischen Dunkelheit zurück. Jetzt stieß auch John einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus.
    »Was war das nur?«, wiederholte Philippa. Sie hörten, wie die Waggontür hinter dem geheimnisvollen Passagier zuschlug.
    Erst jetzt erzählte ihr John genau, was er vorhin neben den Schienen gesehen hatte, und Philippa war froh, dass er es ihr nicht eher gesagt hatte. Sie wäre versucht gewesen, das Diskrimen anzuwenden, das Nimrod ihr für die Reise mitgegeben hatte. Ihr und nicht John (der nicht einmal wusste, dass sie es hatte). Nimrod hatte ihr eingeschärft, das Diskrimen sei für einen echten Notfall bestimmt und nicht für Johns Vorstellung von einem Notfall, etwa Langeweile oder Hunger oder beides. Trotzdem fand sie ihren Bruder mutig, daran war nicht zu rütteln. Hätte er ihr vorhin etwas von Asmodeus gesagt, hätte sie das Wort SHABRIRI bestimmt längst ausgesprochen und der Notfall-Wunsch wäre – wenn auch zusammen mit dem Dämon – weg gewesen. Bis Berlin war es aber noch weit, und bei dem Gedanken, dass sie noch ein Diskrimen zur Verfügung hatten, war ihr sehr viel wohler. Dass auch John mit einem Diskrimen ausgerüstet war, davon hatte sie nicht die geringste Ahnung.
    »Warum, meinst du, hat Asmodeus den Zug beobachtet?«, fragte sie, als sie sich wieder auf ihren Platz setzte.
    Schritte waren im Gang zu hören und vor der Glastür ihres Abteils erschien eine Gestalt in nassem Mantel.
    »Weiß ich nicht«, sagte John. »Aber ich habe das Gefühl, wir werden es gleich erfahren.«
    Die Tür wurde aufgeschoben, die Gestalt trat ein und ließ sich auf einen Sitz fallen. Sie trug mehrere Schals und einen weit über die Ohren herabgezogenen Hut, und es dauerte eineWeile, bis sich die Zwillinge überzeugt hatten, dass es Izaak Balayaga war. Während er sich den letzten Schal abwickelte, seufzte er erleichtert auf und warf den beiden ein verschmitztes Lächeln

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