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Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Titel: Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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Wichtiges: Die Dinge in der Welt sind, wie sie sind, und es ist absolut gleichgültig, wie sie zu verbessern wären. Sie sind eben so und es hat keinen Sinn, sie als richtig oder falsch zu beurteilen.
    Ich wünschte, John würde kommen. Ich spüre ihn jetzt stärker und deshalb denke ich, dass mein Gefühl von neulich richtigwar: Er wird kommen und mich befreien. Kann sein, er ist näher, als ich glaube. Und das ist natürlich umso mehr ein Grund, warum ich dieses Tagebuch in meinem Zimmer verstecke. Ich glaube nicht, dass Ayesha Johns Gegenwart spüren wird. Und falls doch, wird sie seine mit meiner Anwesenheit durcheinander bringen, weil John mein Zwillingsbruder ist.
     
    AM GLEICHEN ABEND: Zweimal war ich im Garten bei der Treppe, die laut Mr   Poussin zu der Bocca Veritas hinunterführt – zum Mund der Wahrheit. Aber beide Male fand ich Miss Glovejob dort, die an den Rosen zupfte. Beim dritten Mal aber war sie nirgends zu sehen, nur der arme Mr   Poussin saß auf seinen Stuhl gekettet und las laut aus dem
Mann mit der eisernen Maske
. Bevor ich die Treppe hinunterlief, blieb ich stehen und entschuldigte mich bei ihm, was ich nach dem Schrecken, den er mir eingejagt hatte, großmütig von mir fand.
    »Übrigens, Mr   Poussin«, sagte ich, »Sie werden nicht für immer hier sitzen. Wenn ich Blauer Dschinn bin, werde ich Ihnen die Strafe erlassen.«
    »›D’Artagnan war noch blass und erregt von seinem Gespräch mit dem König‹«,
las Mr   Poussin, denn andere Worte waren ihm anscheinend nicht möglich. Er lächelte schwach, hörte aber nicht zu lesen auf
. »›…   leerte das Glas, das ihm gereicht wurde, in einem Zug. Weder Athos noch Aramis entging die Erregung d’Artagnans   …‹«
    Ich überließ den armen Mann seinem unseligen Schicksal und rannte die Treppe hinunter, wo ich die B.   V. zu finden hoffte. Ich landete in einer matt erleuchteten Grotte. Weil amEnde der Grotte das Licht etwas stärker war, ging ich weiter hinein, und dort erwartete mich eine gruselige Begegnung. In einer Nische im Mauerwerk war – wie eine Vase mit Blumen – ein menschlicher Kopf ausgestellt. Als ich vor ihm stand, klimperten seine Augen, öffneten sich und starrten mich ohne zu blinzeln und hell wie zwei kleine Lichter an. Weil alles Haar verschwunden war und die noch vorhandenen Muskeln die Farbe und Beschaffenheit von Leder angenommen hatten, lässt sich die arme Kreatur unmöglich beschreiben. Ich kann nur ahnen, dass der Kopf einmal einem Mann gehört hatte.
    »Stelle deine Frage«, sagte der Kopf, wobei sich die Lippen, oder was davon übrig war, so wenig bewegten, dass ich mich schon umsah, ob mir jemand einen Streich spielte. Allerdings passte die Stimme gut zu dem Kopf: Sie hörte sich an wie aus einer tiefen dunklen Grube.
    Ich war so betroffen von dem bemitleidenswerten Zustand dieses Kopfes, dass ich es fast unhöflich fand, ihn mit meinen Problemen zu behelligen.
    »Wer bist du?«, fragte ich den Kopf. »Und wie kommst du hierher?«
    »Früher hatte ich einen Namen. Ich hieß Charles Gordon. Manche nannten mich China-Gordon, obwohl ich in London geboren bin. Ich war General in der britischen Armee und geriet vor mehr als hundert Jahren in die Gefangenschaft meiner Feinde. Sie übergaben mich einer Gruppe von Magiern und Dämonen-Anbetern. Diese steckten mich bis zum Hals in ein Fass Sesamöl und ließen mich vierzig Wochen darin sitzen. In dieser Zeit wurden gewisse, unsagbar böse Rituale zelebriert. Das Fleisch fiel von meinen Knochen. Zuletzt wurdemein Kopf vom Körper getrennt und ich wurde viele Jahre in einem großen Silbergefäß herumgetragen. Man hat mich auf Basaren ausgestellt, wo ich Prophezeiungen abgab. Schließlich rettete mich Ayesha und bot mir hier eine Zuflucht. Seitdem genieße ich die Stille und Kühle dieser Grotte. Da ich nie sterben kann, kann ich auch nie begraben werden. – Das bin ich. Und so kam ich hierher. Deine Frage ist wahrheitsgemäß beantwortet.«
    »Was für eine schreckliche Geschichte«, sagte ich. »Gibt es keine Hoffnung für dich?«
    »Jede Hoffnung ist dahin«, sagte Gordon. »Und die Hoffnung, von der ich träumte, war nichts als ein Traum. Hoffnung ist nichts als eine längst vergessene Erinnerung. Deine Frage ist wahrheitsgemäß beantwortet.«
    »Kann ich denn nichts für dich tun?«
    China-Gordons Kopf schwieg einen Moment. »Ich würde gern mal wieder eine Zigarre rauchen«, sagte er. »Deine Frage ist wahrheitsgemäß beantwortet.«
    »Dann hol

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