Die Kinder des Kapitän Grant
welche ich Ihnen mitzutheilen in der Lage bin, beziehen sich mehr nur auf mich; sie werden auch nur wenig dazu beitragen, Sie wieder auf die verlorenen Spuren zu bringen.«
Auf den Zügen Glenarvan’s und des Majors malte sich die Enttäuschung. Sie hatten den Quartiermeister im Besitz eines wichtigen Geheimnisses geglaubt, und jetzt gestand dieser selbst ein, daß seine Angaben ziemlich dürre sein würden. Paganel verharrte ganz unbeweglich.
Wie dem auch sei, dieses Geständniß Ayrton’s, welcher sich ohne Garantie auslieferte, berührte seine Zuhörer eigenthümlich, vorzüglich als der Quartiermeister schließlich hinzusetzte:
»Sie wissen also nun, woran Sie sind, Mylord, und daß das Geschäft für mich vortheilhafter ist, als für Sie.
– Thut Nichts, antwortete Glenarvan. Ich nehme Ihren Vorschlag an, Ayrton. Sie haben mein Wort, auf einer der Inseln des Stillen Oceans ausgeschifft zu werden.
– Gut, Mylord«, antwortete der Quartiermeister.
War dieser sonderbare Mann wohl über diese Entscheidung erfreut? Man hätte daran zweifeln können, denn in seinem Gesichte zuckte kein Muskel. Es schien, als verhandle er für einen Andern, und nicht für sich selbst.
»Ich bin bereit, zu antworten, sagte er.
– Wir haben keine Fragen zu stellen, entgegnete Glenarvan. Sagen Sie, was Sie wissen, Ayrton, und beginnen Sie damit zu erklären, wer Sie sind.
– Meine Herren, erwiderte Ayrton, ich bin wirklich Tom Ayrton, der Quartiermeister der Britannia. Mit Harry Grant’s Schiffe verließ ich Glasgow am 12. März 1861. Vierzehn Monate lang haben wir zusammen das Stille Weltmeer befahren und suchten eine geeignete Oertlichkeit auf, um eine schottische Colonie zu gründen. Harry Grant ist ein zu Großem erschaffener Mann, aber oft erhoben sich zwischen uns schwere Zwistigkeiten. Sein Charakter mißfiel mir. Ich ziehe nicht leicht Segel ein; Harry Grant gegenüber ist aber, wenn er seinen Entschluß einmal gefaßt hat, jeder Widerstand unnütz. Gegen sich und Andere ist er ein Mann von Eisen. Trotzdem wagte ich mich zu empören. Ich suchte die Besatzung mit zu verführen und mich des Schiffes zu bemächtigen. Ob ich recht that oder nicht, kommt hier nicht in Frage. Wie dem auch sei, Harry Grant zögerte nicht, mich am 8. April 1862 auf der Westküste Australiens auszusetzen.
– Australiens! unterbrach der Major den Bericht, Sie haben die Britannia also vor der Landung am Callao, woher die letzten Nachrichten stammen, verlassen?
– Ja, antwortete der Quartiermeister, denn die Britannia ist niemals, so lange ich an Bord war, beim Callao vor Anker gegangen. Und wenn ich Ihnen in der Farm Paddy O’Moore’s vom Callao sprach, so hatte ich das erst aus Ihren Erzählungen gehört.
– Fahren Sie fort, Ayrton.
– Ich befand mich also verlassen auf einer fast wüsten Insel, aber nur zwanzig Meilen entfernt von den Strafcolonien in Perth, der Hauptstadt des westlichen Australien. Beim Umherstreifen am Ufer traf ich auf eine Bande entsprungener Sträflinge, der ich mich anschloß. Sie werden mir erlassen, Mylord, von meinem Leben während der folgenden zweiundeinhalb Jahre zu berichten. Es genüge Ihnen zu wissen, daß ich unter dem Namen Ben Joyce das Haupt jener Deportirten wurde. Im Monat September 1864 erschien ich auf der irländischen Farm, und wurde daselbst unter meinem wahren Namen Ayrton in Dienst genommen. Dort erwartete ich nur die Gelegenheit, mich eines Schiffes zu bemächtigen. Das war mein letztes Ziel. Zwei Monate später kam der Duncan an. Während Ihrer Anwesenheit auf der Farm haben Sie, Mylord, die ganze Geschichte des Kapitän Grant erzählt. Ich hörte da, was ich noch nicht wußte, wie z.B. die Landung der Britannia am Callao; die letzten Nachrichten über sie vom Juni 1862, d.h. zwei Monate nach meiner Ausschiffung; die Geschichte von dem Documente; den Untergang des Schiffes auf einem Punkte des siebenunddreißigsten Breitengrades und endlich die wichtigen Gründe, welche Sie hatten, Harry Grant quer durch den australischen Continent zu suchen. Mein Entschluß war gefaßt; ich wollte mir den Duncan zueignen, ein herrliches Fahrzeug, das die schnellsten Schiffe der britischen Marine ausstechen mußte. Erst war es aber nöthig, seine Havarien auszubessern. Ich ließ ihn also nach Melbourne abziehen und gab mich Ihnen als Quartiermeister zu erkennen mit dem Angebot, Sie durch Australien nach dem von mir fingirten Schauplatz des Schiffbruches an der Ostküste desselben zu führen. So
Weitere Kostenlose Bücher