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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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und links standen Oleander in Tontöpfen auf den Stufen…»
    Sie brach ab, denn Archimède Degrelho und sein Sohn starrten sie an wie einen Geist. «W…was ist denn?», fragte sie verstört.
    «Das habt Ihr gesehen?», fragte Archimède Degrelho entgeistert.
    «J…ja, natürlich, wieso nicht?»
    Archimède Degrelho und sein Sohn wechselten einen seltsamen Blick. «Nun», der Baroun räusperte sich, «es ist nur so – Eure Beschreibung trifft genau auf das Stammhaus unserer Familie am Südrand der Keyrié zu. Nur dass es in dieser Form nicht mehr existiert. Es wurde im Dezember 1545 bei einem Brand zerstört. Wir haben es nicht wieder aufgebaut. Es war mit zu vielen schmerzlichen Erinnerungen verbunden.»
    Cristino sagte nichts. Es war gut, dass sie lag. Sonst wäre sie wahrscheinlich gleich ein zweites Mal umgekippt.
    ***
    «Eine seltsame Geschichte!», sagte Fabiou, der Poet und Investigator, zu Sébastien de Trévigny, Victor Degrelho und seiner Schwester Catarino, während sie nebeneinander am Fenster standen und 478
    den Aufbruch der Gäste beobachteten. Es war spät, lange schon war die Nacht hereingebrochen. Das Unwetter hatte sich verzogen, sternenklar war der Himmel.
    «Glaubst du das?», fragte Victor heiser und warf einen unsicheren Blick in die Runde. «Glaubst du, dass meine tote Cousine über ihr Medaillon in Verbindung mit deiner Schwester steht?»
    «Nein!», antwortete Fabiou bockig. «Das ist doch hirnverbrannter Blödsinn.»
    Victor seufzte. «Gott, Fabiou, unter normalen Umständen würde ich auch sagen, Cristino bildet sich das alles nur ein. Aber eines kann ich einfach nicht logisch erklären – dass Cristino unser Stammhaus, das nur noch eine Ruine ist, so gesehen haben will, wie es im Urzustand aussah. Ich meine, selbst wenn sie sich auch das eingebildet hat – woher weiß sie, wie dieses Haus einmal ausgesehen hat?»
    «Was weiß ich – vielleicht hat sie mal ein Bild davon gesehen», meinte Fabiou achselzuckend. Er war fest entschlossen, an der Geistertheorie kein gutes Haar zu lassen.
    «Nun, warum sollen wir nicht daran glauben, dass Cristino mit Agnes Degrelho in Kontakt steht?», fragte Sébastien fröhlich, der als Einziger wesentlich mehr fasziniert als beunruhigt war. «Was spricht denn dagegen, dass es Menschen gibt, die mit der Welt jenseits der unseren in Verbindung stehen? In Paris habe ich mal eine Frau gesehen, die konnte sich in eine Art Trance versetzen und hat dann Nachrichten aus dem Jenseits empfangen! Oder denkt doch mal an die Seher des Altertums, diese Sibylla von Cuma…
    Cyma… ach, was weiß ich, wie die heißt. Und an die Geschichte in der Bibel, mit der Totenbeschwörerin, die in Sauls Auftrag Samuels Geist beschwört. Vielleicht ist Cristino ja auch so eine Art Seherin.»
    Fabiou gab ein Grunzen von sich, was deutlich seine Meinung über Seher aller Art in Vergangenheit und Gegenwart illustrierte, und Catarino vergaß wieder komplett ihre gute Erziehung, indem sie rief: «Ach, Ihr könnt sagen, was Ihr wollt, ich glaube, Cristino spinnt einfach! Mit ihren komischen Träumen und seltsamen Gefühlen an allen Orten und ihrem doofen Medaillon! Ich kann’s echt nicht mehr hören! Wenn ich wegen jedem komischen Traum 479
    so ein Theater machen würde… und ich hatte auch schon komische Träume, als Kind vor allem, da, wo ich so krank war. Im Ernst, ich habe mal geträumt, Vater sei gar nicht tot, sondern von einem Dämon mit einem zweifarbigen Gesicht entführt worden – also, der war echt grausig, der Dämon, eine Gesichtshälfte rot und eine weiß. Und dass unter meinem Bett ein Teufel wohnt, mit roten Augen und einem dreizackigen Schwanz. Und dass Cristino in Wirklichkeit ein Zigeunerkind ist, das uns untergeschoben worden ist. Und dass Oma Felicitas ein Pferd hat, das fliegen kann und mit dem sie zum Mond reitet. Und…»
    «Ja, ist gut, wir haben’s gehört!», sagte Fabiou entnervt. Trévigny sah Catarino belustigt an, ihr unziemliches Benehmen schien ihn köstlich zu amüsieren.
    Victor dagegen schien Catarinos Ungehörigkeit gar nicht zu bemerken. Langsam schüttelte er den Kopf. «Warum sollte sie so etwas tun?», flüsterte er.
    «Cristino? Oh, vielleicht, um Aufmerksamkeit zu erregen, oder um ihre Launen auszutoben, was weiß ich», meinte Catarino wenig schwesterlich.
    «Nein, ich meine – Agnes!», sagte Victor.
    Es war still geworden. Alle starrten ihn an.
    «Ich meine, sie war so ein nettes, unschuldiges kleines Mädchen. Warum sollte sie

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