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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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auch dieses töten konnte, es tauften und versorgten und den Mörder daraufhin töten wollten. Doch dieser flüchtete zu Maynier, der ihn in Schutz nahm mit der Begründung, was er getan habe, habe er für den wahren Glauben getan. Gibt es einen größeren Zynismus als angesichts solcher Brutalität noch vom wahren Glauben zu sprechen und einen Mörder, der eine derart widernatürliche, abscheuliche Tat gegen jedes von Gott oder den Menschen gemachte Gesetz begeht, als einen guten Christen hinzustellen?
    Einen vollen Tag lang dauerte die Hinrichtung von Cabrières. Von den neunhundert Einwohnern der Stadt überlebten nur eini856
    ge wenige, denen es gelang, sich vor den mordenden Soldaten zu verstecken.»
    Er dachte an Cabriero. Sein Cabriero. Niedere Häuser, die sich vor die Hügel des Vaucluso duckten. Wetterfahnen, sich drehend im Wind. Früher, wenn sie ab und zu auf dem Markt zu Cabriero waren, hatte er sich manchmal gewundert, wie wenig in dieser Stadt los war verglichen mit anderen Orten vergleichbarer Größe. Man sah spielende Kinder, doch selten sah man größere Ansammlungen erwachsener Menschen, und fast nie sah man alte Leute. Ein verschlafener Ort, hatte er immer gedacht. Kein verschlafener Ort. Ein ausgebluteter Ort.
    «Wir zogen weiter, folgten der Spur der Zerstörung, die Mayniers Heer hinterlassen hatte. Von Murs hörten wir, dass es ebenfalls geplündert und niedergebrannt worden sei. Wir lagerten in der Nähe von Menerbe, das zwar geplündert worden war, dessen Einwohner man aber geschont hatte, da der Ort rein katholisch war. Doch schon wenige Meilen weiter, in La Coste, bot sich uns wieder ein Bild unbeschreiblichen Grauens. In der Hoffnung, sie zu besänftigen und so das Schlimmste zu vermeiden, hatte der Sieur de La Coste den Soldaten die Tore geöffnet und sie sogar bewirten lassen, doch diese hatten es ihm vergolten, indem sie niedermachten, wen sie in die Hände bekamen. Ich finde keine Worte für die Dinge, die ich dort gesehen habe, all die vergewaltigten, misshandelten, erschlagenen Menschen, die verstümmelten Leichen kleiner Kinder, die verkohlten Überreste derer, die man in ihren Häusern verbrannt hatte. Frauen hatten ihre Kinder über die Stadtmauer den Felsabhang hinuntergeworfen und waren dann selbst in den Tod gesprungen, um der Grausamkeit der Soldaten zu entgehen. Die Straße am Fuß des Abhangs war gepflastert mit ihren zerschmetterten Leichen. Wir sahen dort eine Schwangere, die wohl etwa im sechsten Monat gewesen war. Sie war tot, doch es war nicht der Sturz gewesen, der sie getötet hatte. Wir fanden den Fötus zwischen ihren blutgetränkten Röcken liegend. Dort inmitten der Toten auf der Straße hatten offensichtlich die Wehen eingesetzt und war das Kind zur Welt gekommen, woraufhin die Mutter aufgrund einer Verhaltung der Placenta verblutet war. Das Kind, so klein und schwach es war, lebte noch. Ein beherztes Mäd857
    chen, das uns begleitete, nabelte das Neugeborene ab, wickelte es in ein Tuch und taufte es mit dem schmutzigen Wasser aus dem Straßengraben. Doch viel zu früh geboren wie es war, fehlte ihm die Kraft zum Atmen; es lebte noch eine halbe Stunde und starb dann in den Armen des Mädchens.»
    Ein Mädchen, was für ein Mädchen? Ein Kind, das sie unterwegs gefunden hatten? Eine Überlebende des Massakers? Warum erzählt er von diesem Mädchen?
    «Unseren Freund, Pater Jacque Bergotz, fanden wir in der Tür der Kirche von La Coste, durchbohrt von unzähligen Schwertstichen. Man sagte uns, er habe den Waldensern Zuflucht in der Kirche gewährt und sich den eindringenden Soldaten in den Weg gestellt. In der Kirche selbst lebte niemand mehr.»
    Ein Pater. Ein Geistlicher. Gebürtig aus St. Francès. Franciscus.
    «Der Weg durch die Combe war von umherstreifenden Söldnern versperrt. Wir zogen weiter gen Osten mit dem Vorsatz, den Lubéron bei Vitrolle zu überqueren und so nach Aix zurück zu gelangen. In der Nähe von Castellet trafen wir auf einen versprengten Söldnertrupp, vor dem wir in den Wald ausweichen mussten. Auf einer Lichtung zusammengedrängt trafen wir dort auf eine Gruppe von etwa zwanzig Menschen, vornehmlich Frauen und Kinder, Überlebende aus dem Dorf. Wir begriffen schnell, dass diese Menschen alleine kaum eine Chance hatten, ihren Verfolgern zu entgehen, die überall die Wälder durchstreiften; sie waren verstört und verängstigt, viele von ihnen waren verletzt, die Frauen, ja sogar die kleinen Mädchen zum Teil vergewaltigt worden. Nach

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