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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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dreitausend Waldenser sterben! Dafür mussten Joan lou Pastre, Enri Nicoulau und die Antonius-Jünger sterben! Dafür musste die Bruderschaft sterben! Lucien Veive. Jacque Bergotz. Mouche Piqueu. Raymoun de Labarre. Antoine Carbrai. Pierre Avingou. Und Cristou de Bèufort.»
    «Es stand mir zu, dieses Land und dieser Titel!», schrie Archimède Degrelho. «Ich war der Ältere! Mein Vater hatte kein Recht, alles Hector zuzusprechen! Nach allem, was Hector sich herausgenommen hat! Mein Vater hatte ihn bereits enterbt, aber ein freundliches Wort von seinem Mustersohn Hector, und er machte alles wieder rückgängig und gab Hector mein Land!»
    «Es war nicht dein Land!», schrie Louise. «Nach provenzalischem Recht kann ein Vater frei entscheiden, welchem seiner Kinder er seinen Besitz vermacht, unabhängig davon, wer der Ältere ist!»
    «Arnac.» Sébastien stand sehr nahe neben ihnen. «Arnac, oder Louise, oder wie immer du heißt, du darfst ihn nicht einfach töten!
    Nicht einen unbewaffneten Mann!»
    «Unbewaffnet!» Louise lachte schrill auf. «War mein Bruder vielleicht bewaffnet, als deine Henkersknechte ihm den Schädel eingeschlagen haben, Onkel Archimède? War meine Schwester bewaffnet, als die Mörderin, die du gedungen hast, sie erwürgte?»
    «Arnac, verflucht! Es gibt Gerichte, um einen Mörder zu bestrafen!», erklärte Sébastien.
    «Gerichte! Was für Gerichte denn?», zischte Louise. «Das Parlament von Ais vielleicht? Dessen Präsident mit ihm unter einer Decke steckt? Von diesem Gericht droht ihm gewiss keine Gefahr. Und wer sollte überhaupt die Anklage führen? Ich vielleicht? Ich 972
    bin ein gesuchter Ketzer, und mein Vater wird es auch bald sein. Cristino? Sébastien, du glaubst doch nicht, dass Maynier einen Prozess zulässt, bei dem zu Tage kommen könnte, dass er mit hinter den Morden an der Bruderschaft steckt! Wer immer es wagt, Archimède Degrelho anzuklagen, wird tot sein, bevor es zur ersten Anhörung kommt! Es gibt nur ein Gericht der Welt, das Archimède Degrelho verurteilen wird, und das sind wir!» Sie sah in die Runde. Sie war weiß wie jene Marmorstatue, die weit hinter ihnen einen Gang mit einem Spiegel zierte. Unter ihren Stiefeln hatte sich eine Blutlache gebildet. «Wir! Rouland de Couvencour, der infolge seines Verrats seine Frau, seinen Sohn und seine besten Freunde verloren hat! Fabiou und Catarino, deren Vater und deren Onkel seinetwegen in den Händen der Inquisition gestorben sind! Frederi de Castelblanc, Cristous engster Freund! Und Hannes Nicoulau, dessen ganze Familie Archimèdes Vernichtungsfeldzug zum Opfer gefallen ist, dessen Vater und Onkel auf grausame Weise ermordet wurden, nur um zu vertuschen, dass Hector Degrelhos Mörder sein eigener Bruder war! Und Cristino! Ihr seid das Gericht, und sonst niemand! Ihr entscheidet, ob er stirbt oder nicht!»
    Stumm standen die Genannten und sahen sie an. Sébastien blickte nervös von einem zum anderen. Archimèdes Gesicht hatte sein letztes bisschen Farbe verloren. «Das… könnt ihr nicht machen!», stammelte er. «Victor! Du kannst das nicht zulassen! Du kannst nicht zulassen, dass sie mich umbringen! Victor!»
    Victor blinzelte eine Träne beiseite. «Du hast Onkel Hector getötet! Ich habe ihn geliebt!»
    «Victor, du verstehst das nicht!» Archimèdes Stimme überschlug sich vor Hektik. «Ich habe es für dich getan! Für dich und deine Mutter! Ihr solltet es doch gut haben! Victor!»
    «Du willst sagen, du hast mir zuliebe Daniel und Alice umbringen lassen? Willst du das sagen, ja?», fragte Victor verbittert.
    «Es war doch die einzige Möglichkeit, Victor! Eines Tages wirst du das verstehen! Manchmal muss ein Mann Dinge tun, die schrecklich sind, um sich zu behaupten! Das ist das Gesetz der Natur! Der Starke setzt sich durch, Victor! Es war besser so, besser für uns, besser für das Land! Dein Onkel hat den Pöbel gewähren lassen, er hat sich von den Bauern auf der Nase herumtanzen las973
    sen, statt mit Strenge und Härte über sie zu herrschen! Er hätte das Land zugrunde gerichtet, ins Chaos hätte er es geführt! Es war besser so, Victor, versteh doch!»
    Victor antwortete nicht. Es war Hannes, der antwortete, mit einer Stimme, die zitterte vor Hass. «Bring ihn um, Arnac», sagte er kalt.
    Sébastiens entgeisterter Blick ging in die Runde, wo Catarino nickte, die Lippen fest zusammengepresst, und Couvencour, die Hand krampfhaft um seinen Degen geklammert. Die anderen blieben reglos. «Victor!», flehte

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