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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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ordentliche Schlafstätte bieten zu können. Der Buous rettete die Situation, indem er meinte, einem Ritter genügten auch eine Decke und der Sattel seines Pferdes, damals, im Feld gegen die Kaiserlichen, hätte er schließlich auch nicht mehr gehabt, und diese Bemerkung forderte derart die Männlichkeit der anwesenden Herren heraus, dass Couvencour letztlich keinen mehr dazu überreden konnte, das übrige freie Bett zu benutzen. Fabiou hatte sich ein Lager im Salon gemacht, wo Louise weiterhin auf dem Diwan lag, schon weil Bruder Antonius jede Bewegung für sie als gefährlich erachtete, und Cristino weiterhin an ihrer Seite saß, neben Sébastien, der bereits im Stehen zu schlafen schien. Fabiou nörgelte, wie hell es im Raum sei, doch Sébastien, ausgestreckt auf dem Fußboden, meinte, so hell könne es gar nicht 1041
    sein, dass er noch länger als zehn Sekunden wach bleiben würde. Seine Ahnung täuschte ihn nicht; er war bereits fünf Sekunden später im Tiefschlaf. Fabiou ließ ihn schnarchend auf dem Fußboden zurück und trat nach draußen auf den Gang. Der Gang war leer bis auf drei Menschen, von denen zwei rechts und links neben einer der schmalen Schießscharten standen. Ihnen gegenüber stand Crestin, der Viguié von Ais, der kopfschüttelnd zu einem der beiden sagte: «Hatte ich nicht zu dir gesagt, dass du fliehen sollst, so schnell du kannst? Gott, Junge, Vascarvié
    wird weiter nach dir suchen. Jede Stunde, die du verlierst, kann die Stunde sein, die dich aufs Schafott bringt!»
    Fabiou trat näher. «Hannes, der Gaukler», sagte er leise. «Hannes, der geheimnisvolle Maskenmann. Oder soll ich lieber Joan Nicoulau zu Euch sagen? Ich wäre viel früher darauf gekommen, wenn nicht alle gesagt hätten, Enri Nicoulau sei Italiener gewesen. Enri Nicoulaus ursprünglicher Name war wohl Heinrich Niklaus oder Nikolaus, meint Ingelfinger, und er stammte aus Deutschland. – Ich nehme an, es war dieser Schriftzug Santonou, den man bei den Toten fand, der Euch verriet, dass der Mörder von damals wieder am Werk war. Verratet mir eines, Mèstre Nicoulau – warum all die Rätsel? Ich verstehe, dass Ihr mit Eurem Wissen nicht zum Viguié
    gegangen seid, wenn ich das erlebt hätte, was Ihr erlebt habt, hätte ich auch kein Vertrauen mehr in die Gerichtsbarkeit. Aber warum so? Wieso habt Ihr Arnac und mir nicht gesagt, was Ihr wusstet, wenn Ihr uns zum Werkzeug Eurer Rache machen wolltet?»
    Er schaffte es in der Tat, Hannes einen leicht irritierten Blick zu entlocken; es war vermutlich das erste Mal in seinem Leben, dass ihn jemand mit Mèstre Nicoulau ansprach. Hannes schwieg einen Moment staunend angesichts dieser Anrede, bevor er antwortete, seine Bernsteinaugen glühend wie ein Sonnenuntergang: «Der Narr greift niemals ein. Er hält der Welt einen Spiegel vor. Erinnert Ihr Euch an die Inschrift auf Hector Degrelhos Grabstein? – Il est ton devoir d’accomplir bien ton role – mais le choisir appar- tient à un autre. Es ist deine Aufgabe, deine Rolle gut zu erfüllen, aber sie auszuwählen, steht einem anderen zu. »
    Fabiou dachte, dass es noch eine ganze Reihe offener Fragen gab und dass Hannes vermutlich der Einzige war, der sie hätte beant1042
    worten können. Zum Beispiel, wer Cristino im Haus der Mergoults das Leben gerettet hatte, indem er dem Genevois einen Stein an den Schädel schoss, und wer auf St. Vitori das Jagdhorn geblasen und so die Landsknechte vertrieben hatte. Oder wer Arnac mitgeteilt hatte, dass Mergoult Loís an den Galgen bringen wollte, und wie derjenige überhaupt davon hatte wissen können. Doch ihm war klar, dass ihm Hannes auf diese Fragen ohnehin nicht antworten würde, und so fragte er stattdessen lediglich: «Eines verstehe ich immer noch nicht: Wie bist du damals eigentlich davongekommen, als sie die Antonius-Jünger vernichtet haben?»
    «Da war dieser Arquié», sagte Hannes mit einem Achselzucken.
    «Er sollte mich nach Ate bringen. Irgendwo im Wald hat er mich dann plötzlich aus dem Sattel geschubst und gesagt, ich soll machen, dass ich wegkomme.»
    «Und warum hat er das getan?», fragte Fabiou entgeistert. Hannes zuckte wieder mit den Achseln.
    «Nun, es gibt eben Leute, die es nicht einsehen, ein achtjähriges Kind an den Galgen zu liefern», meinte Crestin, der bislang geschwiegen hatte.
    «Menschliche Anwandlung, was?» Hannes lachte auf. «Ist das Eure Vermutung? Es tut mir leid, Mèstre Crestin, aber das zu glauben fällt mir etwas schwer.»
    «Das ist keine

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