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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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dort gewesen!», stieß Frederi hervor, dessen Gesicht so grau war wie die Mauer, an die er sich klammerte, seine Augen Spiegel eines Grauens, für das es auch nach dreizehn Jahren noch keine Worte gab. «Ich war bei Pierre! Ich habe gesehen, wie sie ihn ganz langsam zerstört haben, Tag für Tag etwas mehr, bis ich nur noch darum beten konnte, dass er endlich sterben würde! Oh Gott, Fabiou!»
    Fabiou wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn und fragte sich, ob der Tag heute wieder so heiß werden würde wie gestern. Das Wort «gestern» hallte eigentümlich durch seinen Geist. Gestern schien hundert Jahre her zu sein.
    «Ich habe Cristou davon erzählt, als Pierre tot war», sagte Frederi. «Gott, ich war so naiv zu glauben, dass er nachgeben würde, wenn ich ihm nur genügend Angst machte. Aber natürlich war das 1045
    Gegenteil der Fall, er hätte es jetzt zu allem Überfluss noch als Verrat an Pierre empfunden, wenn er abgeschworen hätte. Und da begriff ich, dass es keine Hoffnung mehr gab, dass ich Cristous Sterben zusehen würde, so wie ich Pierres Sterben zugesehen hatte.»
    «Es war das Weib in der Stadt, nicht wahr? Die Hexe», meinte Fabiou.
    Frederi nickte fahrig. Seine Zähne schlugen aufeinander trotz der brütenden Hitze, die bereits jetzt die Mauerkrone in eine Ofenplatte verwandelte. «Sie handelte damals oft mit Kräutern und allerlei Mixturen auf dem Markt. Am Abend ging ich zu ihr. Sie wollte zuerst nichts von der Sache wissen, sie war keine Giftmischerin. Aber schließlich konnte ich sie überzeugen. Sie erzählte mir von einem Extrakt, der in geringen Mengen genommen ein Heilmittel, in hohen Dosen aber absolut tödlich sei. Sie schwor mir, dass es kein schlimmer Tod sei, dass man einfach einschlafen würde. Ich nahm ihr genug von dem Zeug ab, dass es für zwei Menschen reichen würde.»
    «Für zwei?», wiederholte Fabiou.
    «Gott, denkst du, ich hätte deinen Vater töten und dann weiterleben wollen?» Frederi lachte bitter auf. «Ich leerte das ganze Zeug in einen Krug mit starkem Wein, in der Hoffnung, dass das den bitteren Geschmack überdecken würde. Dann bat ich erneut um eine Besuchserlaubnis für Cristou. Ich sagte, ich wolle ein letztes Mal versuchen, ihn zu überzeugen, dem Protestantismus abzuschwören. Sie machten mir klar, dass es in der Tat das letzte Mal sein würde, ab morgen würde sich der Inquisitor seiner annehmen. Ich ging also zu deinem Vater. Ich flehte ihn in der Tat ein letztes Mal an, doch endlich nachzugeben, aber es war so aussichtslos wie eh und je. Dann zog ich die Flasche Wein hervor und meinte, wir sollten ein letztes Mal zusammen trinken. Er hat… irgendetwas gemerkt. Er sprach ganz sonderbar dann. Er sagte, er wisse, dass er bald sterben würde, und dass seine größte Sorge sei, was aus seiner Familie würde. Er sagte, er wisse, wie sehr ich Madaleno liebe, und dass niemand besser geeignet sei als ich, mich ihrer und seiner Kinder anzunehmen. Und dann verlangte er, dass ich ihm schwor, mich um Madaleno zu kümmern und euch, seine Kinder, großzuziehen, als ob es meine eigenen wären. Ich flehte ihn an, das nicht von mir zu verlangen, 1046
    mir nicht ein Versprechen abzunehmen, von dem ich wusste, dass es mich zwingen würde weiterzuleben. Aber er war unerbittlich. Schließlich erfüllte ich ihm seinen Willen und schwor, für euch und Madaleno zu sorgen. Als ich den Schwur geleistet hatte, nahm er den Wein und trank. Er hat mich nicht gefragt, warum ich nicht ebenfalls trank. Er hat noch eine Weile geredet über alles mögliche, über die Vergangenheit, die Bruderschaft, und über Madaleno und euch, seine Kinder. Er hat euch sehr geliebt, Fabiou, und mehr als alles tat ihm leid, euch nicht aufwachsen sehen zu können. Irgendwann wurde seine Sprache dann verworren, als ob der Wein ihn betrunken gemacht hätte. Und dann ist er einfach eingeschlafen. Ich bin geblieben, bis er aufhörte zu atmen. Dem Wachmann, der mich aus der Zelle ließ, sagte ich, dass der Baroun de Bèufort seine Entscheidung, ob er abschwören solle, noch einmal überdenken und zu diesem Zweck ungestört sein wolle. Man glaubte mir offensichtlich. Cristous Tod wurde erst am nächsten Morgen entdeckt.»
    Er schwieg. Sein Gesicht glänzte schweißnass im Schein der Julisonne. Fabiou dachte an ein Gespräch, das er des Nachts in seinem Zimmer belauscht hatte. Armer kleiner Schio, hatte Frederi gesagt, und Couvencour hatte geantwortet, es war das Einzige, was du als sein Freund

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