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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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für ihn tun konntest. Er dachte, dass er keinen Grund zur Klage hatte. Man hatte ihn schließlich davor gewarnt, nach der Wahrheit zu suchen.
    «Weiß Mutter davon?», fragte er leise.
    Frederi schüttelte den Kopf. «Sag es ihr nicht, bitte.»
    Da war ein Gebrüll unten vor dem Tor, wütende Männerstimmen, die über den Hof hallten, und Fabiou flüchtete in die Ablenkung, die sie brachten, indem er sich über die Mauerkrone lehnte und auf den steilen Anstieg vor der Burg hinunter starrte, auf dem sieben Reiter auf sieben Pferden verhielten, die Tiere nervös vor der Mauer tänzelnd. «Couvencour!» Das Gebrüll des vordersten Reiters hallte bis in die letzten Ritzen des Gemäuers. «Couvencour, ich weiß, dass du da drin bist! Komm ‘raus und zeig dich, wenn du dich traust!»
    Sébastien de Trévigny kam aus der Tür gestolpert, die vom Salon auf die Mauer führte, von jener donnernden Stimme aus den glückseligsten Träumen gerissen. «Oh je. Mergoult», sagte er, als 1047
    er neben Fabiou auf der Mauerkrone ankam. Er war reichlich käsig um die Nase.
    Alle liefen sie jetzt auf der Mauer zusammen. Rouland de Couvencour brüllte seinen Dienern zu, dass sie die Türen sichern sollten, offenbar befürchtete er, dass Alexandre de Mergoult ein paar schwere Kriegsmaschinen in der Satteltasche hatte. Hannes und Catarino tauschten nervöse Blicke aus. Loís, noch deutlich bleicher als Sébastien de Trévigny, versuchte Frederi Jùli davon abzuhalten, auf die Zinnen zu klettern und sich dort in eine etwaige Schusslinie zu begeben. «He, das ist doch dein Neffe», meinte der Buous mit einem Seitenblick auf Estève de Mergoult, den dieser mit einer säuerlichen Grimasse beantwortete.
    «Couvencour!», brüllte Mergoult erneut. «Wo bist du, du feiger Razat?»
    Jetzt lehnte Rouland de Couvencour sich über die Brüstung.
    «Falls Ihr meinen Sohn sucht, so ist er nicht hier», rief er nach unten. «Und was Euch betrifft, so gewöhnt Euch erst einmal bessere Manieren an, Bengel!»
    «Ihr denkt wohl, ihr könnt euch hier vor mir verkriechen, ihr verdammten Ketzer, was? Aber da habt ihr euch getäuscht!», brüllte Alexandre nach oben. «Ich werde das Parlament auffordern, mir ausreichend Männer zur Verfügung zu stellen, und dann werden wir euch in eurem Steinhaufen hier ausräuchern, das verspreche ich euch!» Damit riss er sein nervös wieherndes Pferd herum und galoppierte der Ebene zu. Seine Getreuen folgten. Rouland de Couvencours Augen waren starr auf die Staubwolke geheftet, die Mergoults Trupp bei seinem Ritt ins Tal hinter sich herzog. «Es wird Krieg geben», sagte er.
    Frederi nickte. «Ja», sagte er. «Ich weiß.»
    Einer nach dem anderen verließ die Mauer und kehrte ins Gebäude zurück. Estève de Mergoult blieb noch einen Moment vor Hannes stehen, der auf die Ebene hinausblickte, wo Alexandre de Mergoult und seine Gefährten als Punkte klein wie Ameisen in der Ferne verschwanden. «Mach dir keine Sorgen wegen Oppède, Gaukler», sagte er leise. «Es wird ein Gericht geben.» Und er ging und ließ Fabiou rätselnd zurück, was für ein Gericht er wohl meinte. Wahrscheinlich das Jüngste.
    1048
    Kapitel 22
    in dem ein jeder aufbricht in ein neues Leben Ne craignez point, plume bien fortunee,
    qui vers le Ciel vous allez eslevant,
    faire ruine, Icarus ensuivant,
    qui trop haulsa l’aelle mal empennee,
    Du beau Soleil, ou estes destinee,
    vous n’irez point la chaleur esprouvant,
    mais deviendrez, soubz ses rais escrivant,
    de sa clarté belle, et enluminee.
    Et si volant parmy le grand espace
    de ses vertuz quelque feu concevez,
    moins hault pourtant ne vous en eslevez:
    ce ne sera feu, qui brusle ou desface,
    mais bien fera sa divine estincelle,
    comme Phoenix, revivre et vous et elle.
    Fürchtet nicht, hochglückliche Feder,
    die Ihr zum Himmel auffliegen wollt,
    abzustürzen wie einst Ikarus,
    der seinen schlecht gesteuerten Flügel zu hoch erhob. Von der schönen Sonne, auf die Ihr zusteuert,
    werdet ihr nicht die Hitze erfahren,
    sondern unter ihren Strahlen schreibend werdet Ihr von ihrer Klarheit schön und erleuchtet werden.
    Und wenn Ihr im Flug durch den weiten Raum
    von ihrer Kraft etwas Feuer abbekommt,
    fliegt deshalb nicht weniger hoch,
    denn das wird kein Feuer sein, das verbrennt oder entstellt, sondern sein göttlicher Funke wird,
    wie Phönix, Euch und sich selbst zu neuem Leben bringen. Mellin de Saint-Gelais (1487-1558), französischer Poet, Avertissement sur les jugements d’astrologie à

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