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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Klink
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sehr erlauchte Anwohnerschaft geadelte Querstraße zur Carriero drecho Nousto Damo genannt wurde, sondern gerade um die Ecke in der Carriero de Jouque, kurz vor deren Zu156
    sammentreffen mit der Carriero dis Guerié. Der Weg in die Stadt führte über die Carriero dis Noble auf die Carriero drecho – oder Carriero dou Grand Relògi, wie sie neuerdings auch genannt wurde –, die Hauptstraße des Bourg Sant Sauvaire, des alten Stadtkerns von Ais, vorbei an der Kathedrale Sant Sauvaire und der Universität. Hier, auf dieser großen und kerzengeraden Straße, die noch auf die Fundamente der römischen Via Aurelia zurückging und die gesäumt war von den Hôtels des alten und des neuen Adels und seiner nachrückenden Konkurrenz, der reichen Bourgeois , drängte sich um diese Tageszeit bereits das hohe und das niedere Volk, zu Pferd und zu Kutsche die einen, auf bestiefelten oder nackten Füßen die anderen. Das Vorankommen gestaltete sich somit mühsam, Bardou erging sich in zahlreichen Flüchen über den Verkehr, und die Grand Relògi schlug bereits zehn Uhr, als die Kutsche endlich in die Carriero dei Salin in der Ville Comtale einbog. Sie waren zu fünft unterwegs, die Mutter, Fabiou, seine beiden Schwestern und Frederi Jùli. Eigentlich sogar zu siebt, wenn man Bardou mitzählte und seinen Sohn Loís, der als Geleitschutz und zum Tragen der Einkäufe mitgekommen war. Die Mutter war bester Laune und plapperte immerzu über das Kleid, das sie an einer Kirchenbesucherin am Vorabend gesehen hatte – «die Cavallet, ihr wisst schon, sie haben dieses hübsche kleine Haus nahe der Plaço dou Palais» – und das sie jetzt unbedingt auch haben musste
    – «den Ausschnitt vielleicht etwas weniger tief – es ist ja schon etwas unschicklich – und vielleicht eher in rosé als in rouge – oder in lilac…». Catarino hatte die Gunst der Stunde genutzt, die Mutter ebenfalls um ein neues Kleid anzubetteln – «die sind alle so altmodisch, die ich habe, dieser Kragen, das kann man doch gar nicht mehr anziehen!» –, doch Frederi hatte dem energisch einen Riegel vorgeschoben mit der Bemerkung, sie habe erst letzte Woche ein neues Kleid bekommen, und wenn sie mal einen Ehemann mit Geld wie Heu in den Taschen habe, dann könne sie sich von ihm aus jede Woche ein neues Kleid kaufen, aber er sei nun mal nur Frederi Cavalié de Castelblanc, habe genug Sorgen, seine Besitzungen zu unterhalten, und könne nun wirklich nicht sein Geld mit beiden Händen zum Fenster hinaus schmeißen. «Mit der Garderobe finde ich nie einen Ehemann, der Geld hat», hatte Catarino 157
    missmutig gemurmelt, doch Frederi war hart geblieben wie Granit und das neue Kleid somit in weite Ferne gerückt. Immerhin, die Schuhe waren genehmigt.
    Über der Tür des Schusters, bei dem die Familie Auban ihre Schuhe machen ließ, stand mitnichten «Schuster», sondern «Chaussures pour dames & hommes» geschrieben. Der Laden war edel, die Kundschaft ebenso, und als die Dame Castelblanc mit ihren beiden Töchtern zur Tür hereingerauscht kam, gefolgt von Loís
    – die Jungs hatten die Gesellschaft Bardous dem Ladenbesuch vorgezogen –, sprang ihnen sofort ein Diener entgegen, der ihnen die Mäntel abnahm. Der Ladenbesitzer, Mèstre George, war auch sogleich zur Stelle, bat die Damen mit einigen Verneigungen, sich doch zu setzen, und hörte sich dann ihr Begehren an – «mit diesen silbernen Schnallen, versteht Ihr?» –, wobei er stets wissend und verständnisvoll nickte, einige fachliche Kommentare abgab – «den Absatz könnte man natürlich etwas höher legen, das ist jetzt modern in Paris» – und sich alles in allem wahrhaft perfekt darauf verstand, den Damen das Gefühl zu geben, bei ihm nicht nur in guten, sondern in den allerbesten Händen zu sein. Sogleich rief er dann nach einem Gesellen, der den Damen mehrere Paar Schuhe als Anschauungsstück hereinbrachte. «Mutter, so eins will ich, genau so, das in rosé, siehst du?», rief Catarino aufgeregt. Und um Cristino war es schlichtweg geschehen.
    Vor ihr lag das atemberaubendste Paar Schuhe, das sie in ihrem ganzen Leben gesehen hatte. Schlank, graziös, mit formvollendet geschwungener Sohle, schienen sie aus purem Silber zu sein und schillerten gläsern im Licht, das durch das Fenster in den Verkaufsraum fiel. Sie sah sich tanzen in diesen Schuhen, schweben, und die Männer im Kreis standen mit offenen Mündern und weit aufgerissenen Augen, bis einer vortrat – Arman de Mauvent? Sébastien de

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