Die Kinder des Ketzers
Zähnen hervor. «Vater hat sich so getäuscht. Glückliche Schwestern! Wir machten eine Bootsfahrt auf der Durenço, Fortuna stand auf, um uns einen Vogel zu zeigen, und verlor das Gleichgewicht. Sie durchkämmten den Fluss drei Tage lang mit Netzen, bevor sie ihre Leiche fanden. Kein Glück für die jüngste der drei glücklichen Schwestern. Genauso wenig wie für die älteste. Oh, Vater, er hätte alles getan, um mich glücklich zu machen, nie hätte er mich gegen meinen Willen an irgendein Scheusal verheiratet, aber das Problem war, ich wollte ja. Robon war galant, er war gutaussehend, er stammte aus einer guten Familie – wie konnten mein Vater oder ich ahnen, dass er sich nach der Hochzeit zu einem nichtsnutzigen, engstirnigen Tyrannen entwickeln sollte?»
«Mutter!», rief Onkel Philomenus entsetzt.
«Tu nicht so, Philomenus, du weißt genau, dass ich recht habe, er hat dich oft genug grundlos grün und blau geschlagen. Die einzige gute Idee, die Robon in seinem ganzen Leben hatte, war, in den Piemont zu ziehen und dort in ein kaiserliches Schwert zu rennen.»
«Mutter!» Das waren jetzt Philomenus und Madaleno im Duett.
«Beatitudo, ja – sie war vielleicht wirklich glücklich zu nennen. Ich weiß, sie ist die ‹arme Tante Beatitudo› in eurem Sprachgebrauch, weil sie einen Bürgerlichen zum Mann genommen hat und daher gesellschaftlich diskreditiert war, und man behauptet, mein Vater hätte sie in diese Ehe verkauft, weil er Schulden hatte. Oh ja, mein Vater hatte Schulden, zeit seines Lebens hatte er die, und diese Heirat kam ihm sicher nicht ungelegen, aber Bea wollte Rouland 151
heiraten, denn sie liebte ihn, und er liebte sie, sie hatten zwei wunderbare Kinder und waren glücklicher miteinander, als ich es je bei einem anderen Paar gesehen habe. Ja, wäre das letzte Jahr ihres Lebens nicht gewesen, man müsste sie wirklich glücklich nennen.»
Onkel Philomenus schnappte nach Luft. Frederis Blick ließ die Grabsteine los und wanderte zu Oma Felicitas. Die Sonne war gesunken und hinterließ nichts als Blässe in seinem Gesicht.
«Wieso? Was war denn so schlimm an Tante Beatitudos letztem Jahr?», fragte Fabiou neugierig.
Wieder dieses Schnappen von Philomenus, wie ein Fisch auf dem Trockenen. «Oh, sie war sehr krank», erklärte Oma Felicitas. «Die Zuckerharnruhr. Als ihr Sohn so tragisch starb, ging es ihr schlagartig schlechter, und nach nur dreizehn Tagen brachte ihre Krankheit auch sie unter die Erde.»
«War das der da?» Frederi Jùli zeigte auf den Grabstein, der den Namen Pierre Martin Avingou trug. Die Großmutter nickte.
«Woran ist er denn gestorben?»
«Oh», Oma Felicitas ließ einen spöttischen Blick in die Runde gleiten, in der Philomenus, Frederi und Magdaleno sie anstarrten wie einen Geist, «es war ein Unfall. Ein schreckliches Unglück. Er stürzte vom Pferd und geriet unter eine entgegenkommende Kutsche. Die Gäule müssen geradewegs über ihn drübergestampft sein, so wie er aussah, als sie ihn uns brachten.»
Frederi machte einen Schritt zur Seite, krallte sich mit einer Hand an einem Grabstein fest, als sei ihm plötzlich schlecht geworden. Die Großmutter sah ihn an. «Es ist ein Bild, das einen nicht loslässt, nicht wahr?» Frederi schluckte krampfhaft und nickte. «Schade um ihn», flüsterte Oma Felicitas. «Er war ein so guter Junge. Es hat seine Eltern ins Grab gebracht, alle beide. Ein guter Junge. Wie Cristou. Er war auch ein so guter Junge. Wir alle haben ihn gemocht. Ich war so glücklich, ihn zum Schwiegersohn zu haben.»
Catarino sah auf.
Cristino sah auf.
Fabiou sah auf.
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Onkel Philomenus räusperte sich. «Vielleicht sollten wir jetzt allmählich aufhören mit diesen Schaudergeschichten – vor den Kindern…»
«Also, mir macht das nichts aus», meinte Frederi Jùli treuherzig.
«Nun ja», seufzte die Großmutter, «nun ruhen sie nebeneinander, wie es sich für echte Freunde gehört.»
«Wir sollten gehen», sagte Madaleno de Castelblanc hastig. «Es wird allmählich kalt. Kommt, Kinder.» Und sie lief los. Onkel Philomenus und Tante Eusebia folgten, letztere nach Theodosius rufend, der zwischen den Gräbern verschwunden war. Die Großmutter seufzte noch einmal tief, dann humpelte sie hinterher. Frederi blieb stehen, einen kurzen Moment lang, den Blick auf die stummen Gräber gerichtet, dann berührte er den Grabstein, auf dem Cristou Kermanach de Bèufort stand, mit der rechten Hand, wandte sich ab und ging. Die vier jungen Leute strebten
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