Die Kinder des Teufels (German Edition)
Lehre unterrichtet und dem Teufel zugeführt worden. Und statt den Lehrer als Ersten auf den Scheiterhaufen zu führen, wurde er vom Bischof aus dem Kerker geholt und von jeglicher Schuld freigesprochen. Das war ein beispielloser Vorgang, der manchen aufmerken ließ.
Wurde hier etwa mit zweierlei Maß gemessen, oder suchte der Bischof etwas zu verbergen?
Zuerst war es nur einer, der die erneute Verhaftung von Julius Franz forderte – ein treuer Freund Geros und Stiftsherr von St. Burkhard –, doch schon bald scharten sich weitere um ihn, die die offenkundige Begünstigung eines Adeligen nicht guthießen, aber auch welche, die der allgemeinen Situation überdrüssig waren.
Es waren anständige Leute, Handwerker, niedere Beamte, Lehrer, und auch der eine oder andere Vikar war unter ihnen. Der strenge Winter und die knappen Lebensmittel hatten sie an den Rand des Verhungerns gebracht, ohne dass der Bischof ihr Flehen um Nahrung und Brennholz erhört hatte. Wenn sich nicht schnell etwas änderte, waren sie zum Bettelstab verdammt.
Zusammen marschierten sie vom Marktplatz zur Kanzlei. Dort machten sie ihrem Unmut lautstark Luft.
Drinnen, in der Gerichtsstube, musste sich unterdessen Generalvikar Riedner eine Rüge erteilen lassen.
«Ihre Gnaden sind zutiefst verstört über die Verhaftung von Julius Franz von Fischen», zürnte der Kanzler, Dr. Brandt. «Niemals hätte er vor der versammelten Kirchengemeinde in Haft genommen, geschweige denn dem Vorwurf der Hexerei ausgesetzt werden dürfen.»
«Worauf sollte ich denn warten?», verteidigte sich Riedner hektisch, wie aus einem Reflex heraus. «Die Besagung stammte von keinem geringeren als Gero von Wetterstein, einem mindestens ebenso angesehenen und hochwohlgeborenen Mann von Adel wie Julius Franz. Außerdem haben seine Studenten, die ebenfalls aus nicht minder ehrenwerten Häusern stammen, die Besagung wiederholt und damit bekräftigt.»
«Aber Ihr wisst doch», insistierte der Kanzler, «wie es um Julius Franz bestellt ist. Er ist der Favorit Ihrer Gnaden und wird bald einer seiner wichtigsten Berater sein. Etwas mehr Fingerspitzengefühl hätte er Euch schon zugetraut.»
Doch Riedner war nicht länger gewillt, die Schelte über sich ergehen zu lassen. Er zitterte regelrecht. «Dann soll er gefälligst seine Verfahren selbst führen, wenn er alles besser weiß.»
Der Kanzler schreckte zurück. Was um alles in der Welt erlaubte sich Riedner? Nicht nur, dass er die Entscheidungen des Bischofs in Frage stellte, jetzt begehrte er auch noch gegen ihn auf?
«Mäßigt Euch», entgegnete er streng. «Ich bin nicht gewillt, diese frechen Worte einfach hinzunehmen.»
Aber Riedner war in Fahrt. «Es ist mir egal, was Ihr wollt oder nicht wollt. Ich bin der Stellvertreter des Bischofs in allen kirchlichen Belangen. Ich entscheide, und wenn es Euch nicht gefällt, dann schert Euch zum Teufel.» Er zeigte zum Fenster. «Da, hört Ihr, wie sie nach Julius Franz rufen? Was soll ich nun Eurer Meinung nach tun? Dem Geschrei nachkommen und Julius Franz verhaften lassen oder sie gleich zum Bischof schicken, damit er sie diszipliniert. Ich kann es auf jeden Fall nicht.»
Er kratzte sich am Arm und an den Händen, als würde ihn ein Heer Flöhe piesacken.
Was war nur mit Riedner los?, fragte sich Brandt.
Mit hochrotem, zornigem Kopf stand der Generalvikar vor ihm, kratzte sich, als habe er sich seit Wochen nicht gewaschen, und hielt unverschämte Reden. Oder war er vielleicht krank?
Vermutlich, das würde auch sein ausfallendes, nicht zu akzeptierendes Verhalten, sein aufmüpfiges, gehetztes Wesen und diese seltsame Nervosität erklären, die sich in seinen Augen wiederfand. Wahrscheinlich war es besser, ihn von seiner Aufgabe zu entbinden. Er würde es gleich mit dem Bischof besprechen.
Doch bevor es so weit war, wurde Brandt mit der nächsten verstörenden Situation konfrontiert. Auf dem Gang herrschte Unruhe. Geschrei, Geschepper, Flüche und Verwünschungen drangen herein. Er öffnete die Tür und sah, wie zwei Knechte übereinander herfielen. Es wurde geschlagen und getreten, ein Messer blitzte auf, Blut floss.
«Seid ihr völlig verrückt geworden?! Auseinander!»
Er rief nach weiteren Knechten, die Streithähne zu trennen. Er sah auch einen, der aber hielt sich den blutenden Bauch.
«Was ist hier los?»
Er drehte sich zu Riedner um, aber mit dem war nichts anzufangen. Der krümmte sich vor Schmerz.
Unten im Kerker war die Situation weniger angespannt, nur
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