Die Kinder des Teufels (German Edition)
brachte, dann sah es düster für sie und den kleinen Michael aus. Der Winter hatte gerade erst begonnen, und schon war Brennholz knapp geworden, wenngleich für die Scheiterhaufen nie Mangel herrschte. Das Holz eines Scheiterhaufens hätte ein ganzes Jahr für ihre kleine Dachkammer gereicht.
Einfach in den Wald zu gehen und nach Brennbarem zu suchen war gefährlich. Der Bischof hatte seine Knechte angewiesen, jeden Holzräuber mit zwanzig Stockhieben zu bestrafen – egal, ob es sich um einen ausgewachsenen Mann oder ein frierendes Kind handelte. Das wenige Brennholz musste die Burg des Bischofs wärmen, genauso wie die Stuben seiner Beamten, die der Professoren, der Patrizierhäuser, der Stadtpalais, der Stiftshöfe und dergleichen mehr. Die einfachen Bürger mussten sehen, wie sie über den Winter kamen.
Und der kommende schien ein ganz besonders harter zu werden.
«Was ist mit dir?», fragte Barbara, die Michael im Arm wiegte. Sie war mit Otto bei Anbruch der Nacht gekommen und hatte mitgebracht, was sie hatten auftreiben können. Einen Ranken Brot, ein bisschen Wurst und Käse – alles vom eigenen Mund abgespart.
Die Lehrmeister hatten ihre Rationen seit den Vorgängen um die Kinderhexen aufgestockt, damit sie einer Besagung durch unzufriedene Kinder entkamen. Es war nicht viel, aber es füllte die Mägen, bis die Kinder eingeschlafen waren.
Kathi lächelte ihre trübseligen Gedanken weg.
«Es ist nichts.»
Damit konnte sie Barbara nicht überzeugen.
«Aber ich sehe doch, dass dich etwas beschäftigt.»
Michael saugte an ihrem kleinen Finger. Doch die Milch blieb aus. Mit großen, fragenden Augen schaute er sie an.
«Mach dir keine Sorgen», erwiderte Kathi und entzog sich dem Gespräch. Sie wollte Barbara, die selbst einen Packen voll Sorgen mit sich schleppte, nicht auch noch belasten.
Am Tisch saßen Bruder Jakobus, Otto und Volkhardt – der Anführer der Schwarzen Banden. Volkhardt war seit dem Sommer ihr Freund geworden, zumindest sah sie ihn so. Er hatte ihr das Leben gerettet.
Im spärlichen Kerzenschein hatten sie die Köpfe zusammengesteckt und flüsterten. Zuerst glaubte Kathi, sie täten es, um Michael nicht zu stören, doch je aufmerksamer Kathi ihre Mienen las, desto besorgniserregender wurde ihr Verdacht. Ja, sie sprachen über Michael.
«Seid Ihr sicher», flüsterte Volkhardt, «dass die Hebamme ihren Mund halten wird?»
Jakobus bekräftigte: «Ich habe sie zu Bekannten aufs Land geschickt. Dort gibt es viel zu tun. Sie hat ein gutes Auskommen und muss nicht die Konkurrenz fürchten wie in der Stadt.»
«Mein Lehrmeister sagt aber», gab Otto zu bedenken, «dass nicht mehr so viele Kinder geboren würden. Nicht nur in der Stadt, sondern auch auf dem Land herrscht große Not.»
Jakobus nickte. «Das stimmt, deshalb lasse ich mir auch täglich berichten, wie es Lioba ergeht. Sie weiß, dass es gerade für eine Hebamme gefährlich werden kann, wenn sie über …»
Jakobus brach mitten im Satz ab. Er hatte Kathi in den Augenwinkeln entdeckt, wie sie sich von der Strohmatte erhoben hatte. «Geht es dem Kind gut?», fragte er stattdessen.
Mit einem bemühten Lächeln gab Kathi zurück: «Ja, er ist mit dem Finger von Barbara beschäftigt. Scheint ihm gut zu schmecken.»
Die drei nickten zufrieden, als hätten sie über nichts anderes gesprochen. Aber so leicht konnten sie Kathi nicht täuschen.
«Ihr macht euch Sorgen um Lioba?»
Volkhardt seufzte. «Sie ist eine Bedrohung für dein Brüderchen. Mir wäre bedeutend wohler, wenn sie …»
Er verstummte. Wahrscheinlich hatte er das Argument bereits vorgetragen und war auf wenig Gegenliebe gestoßen, gemessen an Jakobus’ Gesichtsausdruck.
«Wenn sie tot wäre?», führte Kathi den Satz zu Ende.
«Das könnt ihr nicht im Ernst wünschen», protestierte Jakobus und schüttelte den Kopf. «Sie ist ein Mensch! Und sie hat nichts Schlimmes getan.»
Otto wusste anderes zu berichten. «Sie ist für ihr loses Mundwerk gefürchtet. Es soll schon einige auf den Scheiterhaufen gebracht haben. Viele fragen sich, wieso gerade sie als eine der wenigen Hebammen noch nicht besagt wurde. Andere meinen, sie stünde unter dem Schutz von Meister Faltermayer. Er würde sie verschonen, solange sie ihm berichtet, was in den Bürgerstuben vor sich geht.»
«Auf jeden Fall ist sie ein Risiko», beschloss Volkhardt. «Wir können nicht darauf hoffen, dass sie schweigt.»
Kathi merkte auf. «Was hast du vor?»
«Du musst mit Michael verschwinden.
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