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Die Kinder des Teufels (German Edition)

Die Kinder des Teufels (German Edition)

Titel: Die Kinder des Teufels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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es. Die adelige Geistlichkeit würde sich in andere katholische Länder flüchten, wo ihr Lebenswandel weniger streng geahndet würde, wo sie ihre Konkubinen heiraten oder gleich zu den Protestanten übertreten würden. Schon bald hätte man Mangel an fähigem und geschicktem Personal und müsse stattdessen hergelaufene Subjekte von zweifelhaftem Ruf rekrutieren, um den Schwund auszugleichen.
    Julius’ Erwiderung, dann wenigstens die Dechanten und Prälaten – die Vorsteher der Priester – aufzurufen, gottseligen und tugendhaften Wandel bei den Priestern zu fördern, entgegneten sie, dass die Dechanten und Prälaten wohl zuerst der Reformierung bedurften, bevor sie andere zu einem besseren Leben aufriefen. Sie seien keinen Deut besser als die ihnen anbefohlenen Priester.
    Der Abt des nicht weit entfernten Klosters Ebrach hatte gar zehn uneheliche Kinder und kümmerte sich wenig um kirchliche Angelegenheiten.
    Selbst in dem einst so angesehenen Frauenkloster Himmelspforten vor den Toren der Stadt säßen Männer und Nonnen zum Saitenspiel fremder Musikanten paarweise zu Tisch, während die Äbtissin außerhalb ihren Vergnügungen nachging. Sie und ihre Lieblingsnovizinnen verbrachten Tage und Nächte in der Stadt beim Tanz, an einem Ort, wo ein ehrlicher Mann seine Tochter lieber nicht sehen wollte.
    Die adeligen Domherren, zu denen auch Gottfried von Weyhenstein zählte, wussten, dass sie in wenigen Jahren zum Mitregieren berufen waren. Das war der Grund für den Eintritt ins Stift gewesen, dort wurden sie standesgemäß versorgt, gerade dann, wenn sie bei der Erbfolge übergangen worden waren.
    Die einfachen Bürger behandelten sie nicht anders als ein Gutsherr seine Leibeigenen. Sie konnten sie beschimpfen und misshandeln, wie es ihnen passte. Wer wollte und wer konnte sie schon aufhalten?
    «Guter, kühler Wein. Schenk ein und leer ihn bis zum Grunde.»
    Sebastian eilte von der Kanzel herab auf das Portal zu. Einer kräftigen Bauersfrau befahl er mitzukommen. Gemeinsam stellten sie den korpulenten Domherren wieder auf die Beine. Ludwig rührte sich keinen Deut. Bevor er diese Ausgeburt von Niedertracht auch nur anfasste, sollte ihm die Hand verfaulen.
    «Wein, noch einen Krug … Hoppla, Ihr seid nicht schlecht gebaut, liebste Wirtin.»
    Die gute Frau hatte wenig übrig für derlei Avancen und wollte schon gar nicht von einem Adeligen betatscht werden. Es setzte eine Ohrfeige.
    «Was fällt Euch ein …»
    Mit vereinten Kräften schafften sie es, den werten Herren auf eine Bank zu setzen. Dort brabbelte er weiter vor sich hin, suchte sich zu orientieren und kämpfte mit der Schwerkraft.
    Einem Messdiener befahl Sebastian, hinüber ins Domstift zu laufen, damit der Stiftsherr abgeholt werden konnte.
    Ludwig hatte dieses schändliche Zwischenspiel mit großem Abscheu verfolgt. Diese Herren taugen nicht für ein gutes Wort. Während die übrigen Priester und Vikare sich den Sorgen und Nöten der Bürger annahmen, sie gegen die Anfeindungen des Teufels stärkten und ein Leben in Hingabe und Verzicht führten, konnte diese Schande von einem Priester ihre Arbeit mit einem Streich zunichtemachen.
    Wie sollte er oder jeder andere gute Diener des Herrn die Heilsbotschaft weiter verkünden, wenn einer der ihren vor aller Augen Unrecht tat? Und das ungestraft, in einem fort?
    Ludwig versank ins Gebet.
    «Mögest du, allmächtiger Schöpfer und Herr, Einsicht haben und herniederfahren, um diese gottlose Brut von deiner Erde zu tilgen. Sie ist die Geißel der Menschheit, die Schlange, der verräterische Judas, das Tier … der Leibhaftige.»
    Dann erhob er sich mit der Kirchengemeinde zur Kommunion. Er erhielt den Leib Christi, auf dass er ihn stärken und gegen die Anfeindungen des Teufels schützen möge.

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    4
    Christian, wo steckst du?
    Das wenige Geld ging zu Ende. Kathi hatte in der Nacht von Michaels Geburt gedankenlos in die Schatulle gegriffen, um die Hebamme zu bezahlen. Wenn nicht die Ratten neuerdings auch schon Geld fraßen, dann hatte sie Lioba weit mehr gegeben, als ihr zustand. Dazu kamen Grab- und Schweigegeld für den Totengräber.
    Morgen würde der Hausbesitzer an ihre Tür klopfen und das Geld für die Dachkammer fordern. Wie konnte sie ihn nur vertrösten? Er hatte beim letzten Mal ohnehin auf Helenes schwangeren Bauch geschielt, wissend, dass ein uneheliches Kind das Gerede in der Nachbarschaft anfachte.
    Wenn Christian nicht bald zurückkam und Geld, Essen und Kleidung

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